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Verzehrende Leidenschaft

Verzehrende Leidenschaft

Titel: Verzehrende Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Howell
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sie, dass er anscheinend wusste, was in ihr vorging. Als sie bei der Überquerung einiger bemooster Felsblöcke verdrossen seine Hilfe annahm, überkam sie kurz die Angst, er könnte womöglich ihre Gedanken lesen. Doch diese Angst schüttelte sie rasch wieder ab. Wäre es so, würde er sie jetzt entweder auslachen oder sich tunlichst außer Reichweite ihres Fußes halten.
    Wahrscheinlich kennt er mich schon zu gut, oder er kann aus meinem Gesicht lesen, was in mir vorgeht, sinnierte sie. Wenn sie ihre Empfindungen vor diesem Mann geheim halten wollte, würde sie sich wohl ein paar neue Kniffe aneignen müssen. Sie hatte gelernt, ihre Angst und ihre Wut vor Sir Bearnard zu verbergen. Jetzt würde sie lernen müssen, ihre Gedanken und den Wirrwarr ihrer Gefühle vor Tavig zu verbergen.
    * * *
    »Wahrscheinlich war es nicht zu vermeiden, dass es irgendwann auf unserem Weg auch einmal regnet«, murrte Moira und versuchte, sich in dem notdürftigen Unterschlupf aus Zweigen und Decken, den Tavig errichtet hatte, weiter nach hinten zu verziehen.
    »Aye. Es ist nur schade, dass es das ausgerechnet dann tut, wenn wir uns ausruhen. Wir werden heute nicht besonders gut schlafen.« Er schnitt ihr eine Scheibe Brot von dem rasch schwindenden Laib ab, den er am Nachmittag gestohlen hatte. »Mehr gibt es heute Abend nicht zu essen, ohne trockenes Holz und Späne kann ich kein Feuer machen.«
    »Glaubt Ihr, dieser Hinweis verringert meine Bedenken, dass es sich bei dem Brot um Diebesgut handelt?« Sie schlang die Decke fester um sich, während sie einen Bissen von dem Brot abbiss und es dann langsam verzehrte.
    »Nay. Ich weiß, dass Ihr stark genug seid, an Eurer Missbilligung festzuhalten.«
    »Aber nicht so stark, dass ich mich weigere, die unrechtmäßig erworbene Beute zu essen. Diesen Gedanken braucht Ihr gar nicht für Euch zu behalten, ich schwöre, ich kann die Worte hören, die Euch durch den Kopf gehen.« Sie seufzte und rieb sich die schmerzenden Füße.
    »Warum wickelt Ihr Eure Füße nicht aus und streckt sie ein Weilchen in den Regen?«
    »Aber dann werden sie nass und wahrscheinlich auch kalt.«
    »Es würde jedenfalls den Schmerz lindern, den Ihr so hartnäckig vor mir verbergen wollt.« Er lächelte, als er ihren ungläubigen Blick bemerkte. »Glaubt mir, meine Liebe, auch ich habe schon weite Strecken in schlecht sitzenden Stiefeln oder sogar barfuß bewältigen müssen. Ich weiß, dass Füße manchmal sehr wehtun können. Sie in kaltem Wasser zu baden hilft wirklich. Hier gibt es keinen Bach und auch keinen See, nur das, was vom Himmel fällt. Probiert es aus, es kann nicht schaden.«
    »Na ja, vielleicht habt Ihr recht.«
    Mit seiner Hilfe wickelte sie die Lumpen ab. Vorsichtig rutschte sie an die Öffnung ihres Unterschlupfes, bis ihre Füße aus dem ziemlich kargen Schutz herausragten. Auch wenn sie es nicht gern zugab, der kalte Sprühregen fühlte sich gut an. Schon die kühle Nachtluft hatte ihren bloßen Füßen gutgetan. Als nun der Regen darauffiel, seufzte sie wohlig auf. Dann sah sie finster auf den grinsenden Tavig. So selbstgefällig hätte er ja nun auch wieder nicht zu sein brauchen!
    »Aye, es hilft ein bisschen«, knurrte sie.
    Tavig lachte und schüttelte den Kopf. »Ihr seid ein Dickkopf, Moira Robertson.«
    Offenbar merkte er, dass sie sich vor Angst sofort verspannte, denn er hörte auf zu lachen und sah sie nun seinerseits finster an. In den Jahren bei Bearnard Robertson war immer eine Tracht Prügel gefolgt, wenn Sir Bearnard sie als Dickkopf bezeichnet hatte, oder irgendeine andere seiner vielen grausamen Bestrafungen. Obwohl sie noch nicht lange mit Tavig zusammen war, wusste sie, dass er sie nie so behandeln würde wie ihr Vormund, doch ihre Ängste machten noch keinen Unterschied.
    »Ich wüsste zu gern, was ich tun muss, um Euch dazu zu bringen, mich nicht mehr zu fürchten«, sagte Tavig und schnitt ihr eine weitere Scheibe Brot ab.
    »Ich fürchte Euch nicht, Tavig«, sagte sie leise.
    »Nay? In Eurem Gesicht habe ich gerade die nackte Angst gesehen.«
    »Das mag schon sein. Aber es war nicht die Angst vor Euch. Es war die Angst vor einer Erinnerung.«
    »Einer Erinnerung?«
    »Jawohl. Ihr habt mich einen Dickkopf genannt, und diese Worte weckten eine schlimme, beängstigende Erinnerung. Daher stammte meine Furcht; nicht Ihr oder etwas, was Ihr getan habt, hat sie erregt.«
    »Muss ich denn jedes Wort abwägen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das wäre nicht fair Euch gegenüber,

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