Verzehrende Sehnsucht
nichts. Es war immer noch sehr wahrscheinlich, dass die Befürchtungen des Königs bezüglich Lord Throckton unbegründet waren. In all ihren Unterhaltungen hatte Throckton bisher keine andere Meinung geäußert als viele andere Edelleute auch. Viele Adelige teilten seinen Standpunkt hinsichtlich der Jugend des Königs und sorgten sich wegen der Macht und der Titel, die der König den Verwandten seiner Frau zuerkannte. Sogar Blaidd selbst hatte schon einmal einige Befürchtungen in jener Hinsicht kundgetan. Wenn Becca nicht wäre, würde er sich vielleicht schon auf dem Heimweg nach Westminster befinden, um dem König zu versichern, dass seine Befürchtungen grundlos seien.
Und doch … es gab Dinge hier, die immer noch keinen Sinn ergaben. Es ging nicht nur um das, was er als Erstes bemerkt hatte: die aufwendige Befestigungsanlage und Lord Throcktons nicht nachzuvollziehenden Reichtum. Da war auch Megs Feuereifer, ihre Herrin verheiratet und an einem anderen Ort zu sehen. Die Hure Hester wollte ihm etwas mitteilen – um Lady Rebeccas willen, wie sie gesagt hatte. Er spürte, dass es an diesem Ort noch viele Geheimnisse zu ergründen gab. Was immer sich hier abspielen mochte, es war seine Pflicht sicherzugehen, dass diese Geheimnisse nichts mit einer Verschwörung gegen Henry zu tun hatten.
Wie lange sollte er noch bleiben, fragte sich Blaidd. Wie lange würde er noch brauchen, um Sicherheit zu erlangen – in die eine oder andere Richtung?
Er zog die Stiefel aus und legte den Umhang ab. Trev stöhnte und drehte sich um, wobei er vernehmlich mit den Lippen schmatzte.
Blaidd betrachtete den Mond und dachte über die bestmögliche Verhaltensweise in dieser schwierigen Situation nach. Am besten wäre es, wenn er zwei weitere Wochen hier blieb. Wenn er bis dahin keine Beweise für eine mögliche Verschwörung fand, dann konnte er ziemlich sicher sein, dass es keine gab.
Trev öffnete vorsichtig einen Spaltbreit die Augen. Gott sei Dank! Er wusste zwar nicht, wie er hierher gekommen war, aber er befand sich in dem Schlafgemach von Throckton Castle, das er mit Blaidd teilte. Vor den Fenstern schützten die Leinenvorhänge vor dem Taglicht, so dass der Raum gnädigerweise im Halbdunkel lag. Sein Kopf schmerzte teuflisch, sein Mund fühlte sich so trocken wie altes Leder an, und sein Magen … Er hatte kaum an seinen Magen gedacht, als Trev sich schon aus dem Bett beugte und sich in einen Eimer erbrach, den ihm jemand hinhielt.
Als er diese unerfreuliche Tätigkeit beendet hatte, ließ er sich wieder in die Kissen sinken und blinzelte Blaidd an, der den Eimer mit dem Fuß aus der Tür stieß. "Hilfe", stöhnte Trev. "Ich sterbe."
"Nein, das tust du nicht", antwortete Blaidd, der sich ans Ende des Bettes setzte. "Du warst nur betrunken, und jetzt zahlst du den Preis dafür."
Trev rollte sich auf die Seite, so dass er mit dem Gesicht zur Wand zu liegen kam, um nicht Sir Blaidd Morgan betrachten zu müssen, der einfach nicht zu verstehen schien, wie er – Trev – sich fühlte. Jede Frau, die Blaidd begehrte, wollte ihn mindestens genauso sehr wie er sie, wenn nicht noch mehr. Trevs Brüder hatten darüber stets voller Ehrfurcht und Respekt gesprochen, allerdings immer auch mit ein wenig Neid.
"Warum gehst du nicht weg und lässt mich allein, bis ich mich besser fühle?" murmelte Trev. "Du kannst mir dann später einen Vortrag über das Übel von zu viel Ale halten, worauf du mit Sicherheit begierig wartest."
"Ich glaube, dass du alles, was du über die Gefahren übermäßigen Genusses von Ale wissen musst, schon selbst lernst. Es geht um die Gefahren eines Freudenhausbesuches, über die du offensichtlich noch einmal aufgeklärt werden musst."
Trev schloss die Augen. Sein Magen begann erneut zu revoltieren. Er hatte das alles offenbar nicht nur geträumt? Er war wirklich dorthin gegangen und hatte etwas angestellt. Sein Kopf schmerzte bei dem Versuch, sich zu erinnern. Das Einzige, woran er sich noch vage entsinnen konnte, war, dass er hinter der blonden Schönheit die Treppe hochgestolpert war. Sie hatte ihn einladend angelächelt und ihn aufgefordert, ihm zu folgen.
"Kannst du dich nicht mehr daran erinnern?"
Trev wünschte sich inbrünstig, dass Blaidd endlich ginge und ihn in seiner Qual allein ließ.
Dieses schreckliche Gefühl ließ ihn tiefrot anlaufen. Und das hatte nichts mit seinem körperlichen Zustand zu tun. Jetzt, am nächsten Morgen bei Taglicht betrachtet, entsetzte es ihn zu denken, dass
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