Verzehrende Sehnsucht
wieder tust, werde ich nicht mit meinem Vater sprechen. Dann bleibt alles unter uns. Jetzt geh wieder an deine Arbeit."
"Ja, Mylady", murmelte Meg verstört, bevor sie eilig das Gemach verließ.
Becca folgte ihr mit langsamen Schritten und redete sich ein, dass sie nicht anders hatte handeln können, sosehr ihr Megs Kummer auch Leid tat. Sie konnte einfach nicht riskieren, dass Megs lose Zunge ihr Glück gefährdete.
10. Kapitel
Aderyn Du tänzelte unruhig auf der Anhöhe. Blaidd versuchte, den Wallach zu beruhigen. Becca galoppierte über die Wiese am Fluss. Sie war die beste Reiterin, der Blaidd je begegnet war. Sie und ihr Pferd schienen eins zu sein.
In Blaidd erwachte die Lust auf ein Wettrennen. Aderyn Du ging es eindeutig ebenso. Blaidd gab seinem Pferd die Sporen und ließ die Zügel locker. Sie galoppierten den Hügel hinunter. Unten angekommen, steigerte der Wallach das Tempo. Und schon rasten sie quer über die Wiese auf Becca und ihre Stute zu.
Becca blickte über die Schulter und entdeckte Ross und Reiter. Er vermutete, dass sie langsamer reiten würde, doch stattdessen stieß sie einen fröhlichen Schrei aus, beugte sich über den Hals ihres Pferdes und trieb ihre Stute an. Er grinste.
Blaidd schrie ebenfalls und spornte Aderyn Du an. Sein Wallach ließ ihn nicht im Stich. Der Wind pfiff Blaidd um die Ohren, als er auf seinem Pferd dahinflog. Seine Haare wehten im Wind.
Blaidd lachte, als er sich seiner Beute näherte. Dieser Galopp war ganz nach seinem Geschmack. Genau danach hatte er sich gesehnt.
Nach dem Morgenmahl hatte Becca beim Abschied erwähnt, dass sie einen Ausritt machen würde, zur Wiese am Fluss. Freude hatte sich in Blaidd breit gemacht, weil er erkannt hatte, das er jetzt endlich wieder einmal eine Gelegenheit haben würde, mit Becca allein zu sein.
Er hatte sich noch eine Zeit lang mit Laelia über Übungsmethoden der Kampfkünste unterhalten. Es hatte ihn gelangweilt. Dann hatte er mit reumütigem Blick erklärt, dass sein Wallach Bewegung brauche, vorzugsweise einen ausgiebigen Galopp. Wie erwartet, war es Laelia nur recht gewesen, ihn allein ausreiten zu lassen und in der Burg zu bleiben. Er war zum Stall geschlendert, hatte sein Pferd gesattelt und war zum Tor hinausgeritten. Blaidd hatte einige Zeit gebraucht, um die Wiese zu finden. Da es nicht den Anschein haben sollte, als würde er ein bestimmtes Ziel vor Augen haben, konnte er niemanden nach dem Weg fragen.
Als er das Dorf passiert hatte, hatte er an Hester gedacht und sich gefragt, worauf sie wohl angespielt haben mochte. Ob sie wirklich etwas Wichtiges zu sagen hatte? Vielleicht hatte einer von Lord Throcktons Männern versucht, sich wichtig zu machen, indem er etwas Interessantes preisgegeben hatte – aber vielleicht war alles auch ganz anders.
Becca wendete ihre Stute plötzlich scharf nach links und galoppierte in den Wald hinein. Es war ein wirklich schöner Laubwald, der aus Eichen, Kastanien und Haselnussbäumen bestand. Blaidd zog die Zügel an. Aderyn Du ging beinah in die Knie, bevor er ebenfalls eine Wendung vollzog. Im nächsten Moment tauchten sie in das gedämpfte Licht des Waldes ein, welches in sanft durchbrochenen Strahlen durch Zweige und Blätter fiel. Der Weg war so schmal, dass gerade ein Pferd darauf Platz fand.
Er sah eben noch den Schweif von Beccas Claudia um eine Ecke biegen und bog ebenfalls auf einen weiteren Pfad ein, der noch schmaler war. Er folgte dem Weg, fand jedoch keinerlei Spur mehr von Becca. Sie war verschwunden. Er brachte Aderyn Du zum Stehen und lauschte.
Die einzigen Laute, die er hörte, waren Töne, die der Natur entsprangen. In den Bäumen saßen Vögel und zwitscherten, die Blätter raschelten, ein Eichhörnchen sprang in den Ästen herum.
Wo steckte Becca? Sie konnte sich doch nicht einfach in Luft aufgelöst haben? Er stellte sich in den Bügeln auf und betrachtete aufmerksam das Buschwerk, das den Pfad umsäumte. Nach einiger Zeit fand er schließlich eine Lücke, die frisch gebrochene Zweige aufwies. Entweder hatte Becca den Pfad freiwillig dort verlassen, oder sie war dazu gezwungen worden. Aderyn Dus Flanken zitterten, als wenn auch er spürte, dass hier etwas nicht in Ordnung war.
Blaidd verharrte wachsam, alle seine Sinne waren geschärft. Dann zog er das Schwert aus der Scheide und glitt lautlos vom Rücken seines Pferdes.
"Ich bin unbewaffnet, Sir Ritter!" rief Becca plötzlich. Sie musste sich irgendwo auf der anderen Seite der Büsche
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