Verzehrende Sehnsucht
hinter den Kulissen die Fäden der Macht ziehen und Henry nach seiner Pfeife tanzen lassen würde.
"Warum den Mann nicht einfach töten?" fragte Valdemar.
"Weil er mein rechtmäßiger König ist und vor Gott gesalbt."
Becca hörte aufmerksam zu. Ihr Entsetzen wich Verwirrung.
"Seine Frau ist ebenfalls gesalbt worden."
"Sie ist Französin." Zorn schwang in der Stimme von Beccas Vaters mit, in einer Intensität, die Becca nie zuvor gekannt hatte. Als wäre er ein anderer Mensch. Ein Mann, den sie nicht kannte. Ein Fremder.
Vielleicht war er das ja auch. Vielleicht hatte sie ihn niemals wirklich gekannt. Vielleicht kannte ihn niemand hier auf Throckton Castle.
Der zornige Tonfall verschwand rasch. Es war, als hätte sich Lord Throckton nur kurz verstellt. Doch seine Stimme klang immer noch entschlossen. "Wir hätten vielleicht darüber hinwegsehen können, weil Henry mit ihr glücklich ist, aber dann hat sie all diese Schmarotzer mitgebracht."
"Ihr könntet den Kürzeren ziehen, dann würdet Ihr tot enden", wandte Valdemar ein, der offensichtlich bei weitem nicht so viel Vertrauen in den Erfolg des Planes hatte wie Beccas Vater. "Und dann würde ich immer noch mit Eurer reizlosen Tochter verheiratet sein."
Nach allem, was Becca an diesem Tag schon gehört hatte, konnte diese ungeheuerliche Bemerkung des Prinzen sie nicht mehr verletzen.
Was sollte Becca tun? Blaidd erzählen, dass er Recht hatte? Den eigenen Vater des Hochverrats der Krone bezichtigen? Was würde dann geschehen? Was würde aus ihrer Familie werden? Wenn ihr Vater überführt wurde, würde er gehängt und gevierteilt werden. Und er war willens, dieses Schicksal auf sich zu nehmen. Henry war Beccas rechtmäßiger König. Auch wenn er eine schlechte Entscheidung bei der Wahl seiner Ehefrau getroffen zu haben schien, musste es andere Wege geben, den Einfluss der Königin und ihrer Verwandten zu schmälern. Krieg bedeutete Leid, Entbehrung und Tod.
Auch die Kinder eines Verräters befanden sich in Gefahr, selbst wenn sie unschuldig waren. Würde Henry Gnade walten lassen oder würde er nur befinden, dass Becca den teuflischen Plan unterstützt hatte, dessen Drahtzieher ihr Vater gewesen war? Würde sich der König die Mühe machen zu klären, ob Becca wissentlich oder unfreiwillig in alles verwickelt worden war?
Selbst wenn der König sie und ihre Schwester am Leben ließ, würden die Ländereien und das Geld der Familie an die Krone fallen. Becca und Laelia würden ohne jeden Penny dastehen, als verarmte Töchter eines Verräters.
"Wir werden nicht verlieren, wenn Euer Vater Wort hält. Es gibt viele andere Lords und Edelleute, die Henrys Verhalten ebenfalls verabscheuen." Beccas Vater lächelte Valdemar herablassend an. "Und es ist ja nicht so, als wenn ich selbst in die Schlacht zöge. Das werde ich den jungen Hitzköpfen überlassen. Keine Angst, mein dänischer Prinz. Wenn wirklich etwas schief gehen sollte, werde ich dafür sorgen, dass meine Familie ungeschoren davonkommt. Vielleicht müssen wir aus England fliehen, aber ich habe jede Menge Geld und Juwelen; Geschenke von denen, die meine Sache unterstützen. Ihr werdet als sehr reicher Mann in Euer Heimatland zurückkehren. Und was die Ehe mit meiner Tochter anbelangt …" Er machte eine kleine Pause. "Nehmt Euch eine Geliebte."
Becca fröstelte bei diesen Worten. Er sprach so kalt, so gefühllos. Als wenn er gar nicht wirklich ihr Vater wäre.
"Ihr scheint das Mädchen nicht besonders zu mögen", meinte Valdemar.
"Sie ist ihr ganzes Leben ein Stachel in meinem Fleisch gewesen, genauso wie ihre Mutter. Ich habe keine Träne vergossen, als jene Frau starb, und wenn Ihr Eure Frau in ein Kloster schicken wollt, nachdem sie Euch ein oder zwei Söhne geschenkt hat, und mit Eurem Leben fortfahrt, wie es Euch beliebt, werdet Ihr keine Klagen von mir hören."
Die Worte über ihre Mutter trafen Becca mitten ins Herz. Gleichzeitig entfachten sie aber auch eine ungeheure Wut in ihr.
"Warum besteht Ihr dann darauf, dass wir heiraten?"
"Mein lieber Valdemar, auch wenn Ihr nur ein Bastard sein mögt, seid Ihr doch ein Königssohn. Und ich will königliches Blut in den Adern meiner Enkelkinder – und eine Allianz, die über bloße Worte hinausgeht. Nun, gibt es noch weitere Dinge, die Ihr mit mir zu besprechen oder erklärt zu haben wünscht?"
"Nein."
Becca hörte, dass Stuhlbeine auf dem Steinboden umhergerückt wurden. Die beiden Männer waren aufgestanden.
Becca wusste jetzt, was sie zu
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