Verzehrende Sehnsucht
widersetzen. Also beruhige dich, Bruder. Selbst wenn Henry seine Zustimmung gäbe, wie könnte sie mich noch lieben? Mich, der ihre Familie in den Ruin getrieben hat?"
Kynans Züge wurden weich. Er war erleichtert und hatte Mitgefühl mit seinem Bruder. "Nun, es tut mir Leid, dass du dich deswegen schlecht fühlst. Aber um die Wahrheit zu sagen, Blaidd, eine Ehe wäre sowieso nicht möglich gewesen. Lady Rebecca ist und bleibt die Tochter eines Verräters. Kopf hoch. Es gibt viele schöne Damen hier bei Hofe, die dir helfen werden, sie zu vergessen."
Mit einem vollkommen angewiderten Gesichtsausdruck ging Blaidd zur Tür. "Du hast noch nie geliebt – richtig geliebt", stieß er wütend hervor, "sonst würdest du niemals so etwas Dummes sagen!"
18. Kapitel
Als die Tür zu ihrer Kammer aufgerissen wurde, entfernte Becca sich rasch vom Fenster.
Blaidd trat mit finsterem Gesicht ein und stieß die Tür mit dem Fuß zu. "Becca, hasst Ihr mich?" fragte er, die Hände in die Hüften gestemmt.
Sie war so überrascht von seinem unerwarteten Besuch, seinem Verhalten und dieser Frage, dass sie einen Moment brauchte, um etwas zu erwidern. "Nein, nein. Ich hasse Euch nicht."
Er ließ die Hände sinken, und seine Züge wurden ein wenig weicher. "Ich könnte verstehen, wenn Ihr es tätet."
Sie starrte ihn fassungslos an.
"Ich habe Euer Leben ruiniert, Euren Vater getötet, und Eure Schwester ist mit diesem Dänen davongelaufen", sprudelte es aus ihm hervor. "Und meinetwegen könntet Ihr auch noch Euren Titel und Besitz verlieren und müsst tun, was Henry sagt …"
Blaidd machte sich Vorwürfe aufgrund dessen, was passiert war?
" Ihr habt mein Leben nicht ruiniert, Blaidd!" unterbrach sie ihn. "Lord Throckton hat das getan. Er ist verantwortlich für diese verräterische Verschwörung, nicht Ihr." Sie schöpfte erneut Hoffnung, dass er sie liebte. Sie konnte einfach nicht anders. "Ihr habt getan, was Ihr tun musstet, um Euer Leben zu retten. Und das meinige auch."
"Ich habe Euch von Anfang an belogen und …"
"Blaidd", murmelte sie und ergriff seine starken Hände. "Glaubt Ihr nicht, ich weiß, dass Ihr nur die Weisungen des Königs befolgt habt? Dass Ihr als loyaler Ritter verpflichtet wart, das zu tun, was er von Euch forderte? Dass Ihr durch Eure Ehre gebunden wart, eine Verschwörung gegen den König aufzudecken? Ich versichere Euch, dass ich Euer Handeln verstehe. Ich hasse Euch nicht." Forschend betrachtete sie sein Gesicht. Jetzt war er nicht mehr der starke Krieger, sondern einfach nur ein verletzlicher Mann. "Was meinen Vater anbelangt …" Sie überlegte, ob sie es ihm verraten sollte. Sie entschied sich dafür, weil sie es nicht länger ertragen konnte, die Wahrheit vor ihm zu verbergen. "Mein Vater ist quicklebendig."
Blaidd schaute sie an, als wenn sie verrückt geworden wäre.
"Lord Throckton war nicht mein Vater", erklärte sie. "Das hat er mir selbst gesagt, als er mich töten wollte. Dobbin ist mein Vater."
" Dobbin ist Euer Vater?" wiederholte Blaidd ungläubig.
"Ja." Sie straffte würdevoll die Schultern und war wieder die Lady, die Blaidd von früher kannte. "Obwohl meine Mutter Lord Throcktons Ehefrau war, bin ich der Bastard eines Kriegers. Ich konnte es Euch nicht früher sagen, weil ich für die Menschen von Throckton eintreten und Henry versichern möchte, dass sie keine Verräter sind."
Blaidd sah sie immer noch zweifelnd an. "Wenn das wahr ist, warum hat Throckton Euch dann anerkannt?"
Sie konnte ihm seinen Argwohn nicht verübeln, wenn man Throcktons Natur bedachte. Und sie, von allen Menschen unter dem Himmel, konnte am besten verstehen, wie schwer es war, etwas zu akzeptieren, das unglaublich schien. "Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass herauskommen könnte, dass seine Frau sich einem gemeinen Krieger hingegeben hatte. Jetzt verstehe ich auch, warum Dobbin sich immer so um mich gekümmert hat."
Sie legte die Hände aneinander. "Ich bitte Euch, es dem König nicht zu verraten. Sonst erkennt er, dass ich keinen Anspruch auf Throckton habe, und wird dann sicher jemanden schicken und diesen Mann dort zum Herren machen. Ich muss aber noch dafür sorgen, dass die Pächter und das Gesinde – meine Freunde – gut und gerecht behandelt werden. Und das gelingt mir nur, wenn ich vor dem König für sie eintreten kann. Henry muss glauben, dass ich die Erbin von Throckton bin." Sie blickte Blaidd zärtlich an. "Werdet Ihr dieses Geheimnis wahren?"
Blaidd runzelte die Stirn und
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