Verzeih mir, mein Herz!
belogen hatte. Sie hatte Jordan heiraten wollen, immer schon, und das nicht, weil ihr Vater es so wollte, oder der Duke. Vielmehr hatte sie sich durch Sebastian St. Johns Erzählungen und Briefe über seinen unverbesserlichen Sohn in eben diesen verliebt. Und die wenigen Tage, die er nach ihrer offiziellen Verlobung auf Barks End verbracht hatte, hatten sie darin auch noch bestärkt. Sie hatte sich davor gescheut, ihn in die Pflicht zu nehmen, aus Angst, dass er vielleicht doch nicht so war, wie der Duke ihn beschrieben hatte. Und ihr deswegen das Herz brechen würde! Sie konnte natürlich nicht wissen, ob er nun so war wie beschrieben oder nicht, dafür kannte sie ihn nicht gut genug. Aber allein ihn zu sehen und seiner Stimme zu lauschen, weckten in ihr den Wunsch, die Vergangenheit auslöschen zu wollen. Ganz zu schweigen von ihrer Beschämung über ihre Tat. Aber das war nicht möglich. Sie musste sich damit abfinden, dass wenige Minuten der blinden Wollust ihre Träume und ihr Leben zerstört hatten.
Je eher sie sich dem stellte, desto besser!
Natürlich würde sie auch ihren Verführer nicht heiraten, das stand ebenso außer Frage. Niemals konnte sie ihm verzeihen, dass er sie
verwechselt
hatte. Es wäre schon schwierig gewesen, wenn er sie bewusst verführt hätte, dann hätte sie aber immerhin davon ausgehen können, dass er sie mochte, oder attraktiv fand, sie um ihretwillen begehrte, aber so!
Sie weinte, bis ihr die Tränen versiegten, und klingelte dann nach ihrer Zofe. Nach einem ausgiebigen Bad fühlte sie sich gewappnet genug, um ihrem bald ehemaligen Verlobten und seinem abscheulichen Freund entgegenzutreten.
Jordan schlief schlecht und war daher schon sehr früh auf den Beinen. Im Frühstückszimmer traf er den grübelnden Freund an und bedachte ihn mit einem giftigen Blick, den Daniel aber komplett ignorierte. Kaum hatte Jordan Platz genommen und angefangen zu essen, legte Daniel sich keinerlei Zurückhaltung mehr auf und erging sich lang und breit über Elizabeth unerklärliche Abneigung ihm gegenüber.
„Denkst du nicht auch, dass es völlig übertrieben ist, mich wegen eines ruinierten Kleides so zu hassen? Ich meine, wie viele Kleider kommen an einem gewöhnlichen Abend zu Schaden? Jedes dritte? Wie viele ruinierte Kleider wird Miss Barkley haben und empfindet sie für jeden armen Trottel, der ihr versehentlich aufs Kleid tritt, einen solch unüberwindlichen Groll?”
Weder Jordans abweisende Miene noch seine Einwände brachten Daniel dazu, sein Lamentieren einzustellen, erst Jordans entnervter Ausbruch, verschloss ihm den Mund: „Verflucht, jetzt halt doch mal den Mund! Wenn du mich fragst, hast du dir ihre harschen Worte selbst zuzuschreiben! Wie kamst du nur auf die Idee, sie würde sich über deinen völlig unangemessenen Antrag freuen? Sie kann dich nicht leiden, wenn interessiert da schon warum?”
„Mich interessiert es!”, grummelte Daniel indigniert.
5. Kapitel
Als Elizabeth in den gelben Salon trat, fand sie diesen verwaist vor. Erleichtert über den Aufschub schloss sie die Tür in ihrem Rücken und lehnte sich dagegen. Sie wusste, dass sie die Begegnung mit Jordan zwar hinauszögern, aber nicht verhindern konnte, und schließlich war es in ihrem Sinne, die ganze Angelegenheit abzuschließen. Je eher er in die Lösung ihrer Verlobung einwilligte, desto eher konnte sie ihr neues Leben beginnen und die Vergangenheit inklusive Jordan St. John vergessen.
Sie stieß sich von der Tür ab und trat zu den großen Verandatüren, die von einem kleinen Balkon über eine steinerne Treppe in den Garten herabführten. Sie öffnete die Schwingtür und lehnte sich in den Rahmen, wobei sie ihr Gesicht den sanften Strahlen der Sonne entgegen hob. Mit geschlossenen Augen genoss sie die wohltuende Wärme und schaffte es endlich, ihre Probleme ein Stück zur Seite zu schieben und in eine heitere Gelassenheit zu verfallen, die es ihr bereits in den letzten Jahren ermöglichte, mit ihrer Tante und der missgünstigen Susan zusammenzuleben. Sie lächelte verschmitzt und lehnte den Kopf leicht gegen das helle Holz. Worüber machte sie sich eigentlich die ganze Zeit Sorgen?
Es gab niemanden mehr, dem sie Rechenschaft schuldig war. Abgesehen von ihrem Vormund … und ihrem Verlobten. Aber nachdem sie ihn davon überzeugt hatte, dass eine Beziehung zwischen ihnen nicht infrage kam und sie auch seinen Vater davon überzeugt hatte, dass es wirklich ihr Wunsch war, allein zu bleiben, würde auch ihr
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