Verzeih mir, mein Herz!
die Küche, um am blitzblank geputzten Holztisch ein schnelles Morgenmahl einzunehmen. Die alte Köchin behielt sie dabei fürsorglich im Auge und drängte der jungen Herrin mehr Speisen auf, als diese es wünschte, deshalb war es auch schon bedenklich spät, als sie endlich auf ihrer kleinen Fuchsstute saß und im gestreckten Galopp über die Wiese davon preschte.
Daniel Radcliff, der im Gegensatz zu dem jungen Mädchen ganz hervorragend geruht hatte, sah ihr von dem großen Erkerfenster des Frühstückszimmers, in dem er sich in Begleitung seines missmutigen Freundes aufhielt, nach.
„Nanu, so früh am Morgen und dann auch noch ohne Frühstück? Sag mal, wann hast du Elizabeth letzte Nacht zum letzten Mal gesehen? Ich wollte sie zu einem weiteren Tanz überreden, das muss kurz vor Mitternacht gewesen sein, und konnte sie nirgends finden.”
Daniel entging Jordans säuerliche Miene, da er immer noch der Reiterin hinterher sah, und drehte sich erst bei der grimmigen Erwiderung zu seinem Freund um.
„Lass sie endlich in Frieden, du hast sie gestern schon zur Genüge aufgeregt!”
„Hat sie das gesagt? Übrigens: Susan hat zwar eine Kopie von Carmens Aphrodite-Kostüm bestellt, aber es nicht auf dem Charlton House Ball getragen.”
„Und woher weißt du das?”
„Deine süße Verlobte hat es mir zugeflüstert. Ich hoffe doch sehr, dass sie nicht wegen mir so halsbrecherisch über das Land prescht!”
Irritiert sah Jordan auf und zog fragend eine Braue hoch.
„Du hast mir wohl nicht zugehört: Elizabeth ist gerade in den Wald dort hinten verschwunden. Wenn Susan nicht Aphrodite ist, was bedeutet es dann für dich?”
Jordan schob seinen Stuhl nach hinten und trat an das große Fenster, um über den menschenleeren Park zu schauen. Seufzend musterte er den Wald am Horizont, als erwartete er, seine prüde Verlobte aus ihm hervorpreschen zu sehen, aber alles blieb ruhig. Jordan nahm sich einen Augenblick, um über Daniels Frage nachzudenken, bevor er unter einem weiteren langen Seufzer antwortete.
„Nichts. Es ist mir gleich, wer Aphrodite nun eigentlich ist. Ich werde Elizabeth heiraten. Ich habe bereits meinem Vater ein Schreiben geschickt, in dem ich ihm meine Entscheidung mitteilte und ihn darum bat, die Ankündigung in unserer Kirche verlesen zu lassen. Ich nehme an, du bist bereit, mein Trauzeuge zu sein?”
„Das wird deine Verlobte bestimmt entzücken. Eigentlich wundert es mich, dass sie zugestimmt hat, ich befand mich in dem Irrglauben, sie wolle eure Verbindung lösen.”
Jordan seufzte wieder, dieses Mal deutlich gequält.
„Das hat sie auch nicht. Noch nicht. Ich habe nicht vor, sie gehen zu lassen, schon gar nicht nach letzter Nacht.”
Daniel verschluckte sich an seinem Kaffee und prustete. Jordan musste ihm kräftig auf den Rücken schlagen, damit sich sein Freund erholte.
„Letzte Nacht?”, krächzte er. „Du hast deine eigene Verlobte verführt?”
„Nein, nur geküsst. Obwohl ich sie gerne verführt hätte, aber das kann durchaus noch ein paar Wochen warten. Bist du dir sicher, dass Susan auf keinen Fall Aphrodite sein kann? Bei deren spitzer Zunge wäre es sonst wohl ratsamer, Elizabeth alles zu gestehen und auf ein Wunder zu hoffen, als die Eröffnung Susan zu überlassen.”
Daniel zuckte mit den Schultern. „Elizabeth versicherte mir, dass Susan ein Meeresgöttinnen-Kostüm trug. Warum sollte sie lügen?”
„Ich weiß nicht. Findest du nicht, dass hier irgendetwas nicht stimmt? Susans andauernde Anspielungen, ihr Auftritt letzte Nacht, Beths Aufregung bei jedem dieser Sticheleien … ihre Abneigung dir gegenüber. Das alles spricht schon dafür, dass Susan…”
„Du meinst, dass Elizabeth davon ausgeht, dass ich und Susan … schauderhaft. Aber würde das nicht bedeuten, dass sie weiß, was vorgefallen ist? Die beiden sehen mir nicht nach besten Freundinnen aus.”
Nachdenklich wiegte Jordan den Kopf. „Aphrodite war sehr verstört, vielleicht so verstört, dass sie sich sogar jemandem anvertraut hätte, mit dem sie sonst nicht gesprochen hätte.”
„Möglich … und Elizabeth versucht schon fast zwanghaft, Susans Ruf zu wahren. Vielleicht fühlt sie sich für irgendwas verantwortlich.”
„Sie hat geweint. Aphrodite meine ich. Vielleicht haben die beiden sich gestritten und deswegen ist … Susan rausgelaufen.”
„Also doch Susan. Vielleicht solltest du Elizabeth doch alles gestehen.”
„Und wenn sie mich dann hasst?”
„Sie wird dich noch mehr
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