Verzeihung, sind Sie mein Koerper
Körper spricht zu uns. Das nehmen wir aber erst wahr, wenn die Rhythmen entgleisen, in Atemnot und Herzrasen münden. Jetzt warnt uns der Körper. Wir nehmen Pillen und leben weiter wie bisher. Wir alle kennen diesen Werdegang. Ein weites Spektrum von Erkrankungen ist früher oder später die Folge.
An Atembewegung und Pulsfrequenz lässt sich auch unser Lebenstempo ablesen, und davon möchte ich jetzt sprechen.
Im Dialog mit Puls und Atem soll der Weg in die Langsamkeit gefunden werden.
Wir wollen erst einmal die Gestalt unseres Lebens im GroÃen und Ganzen beibehalten, alles andere wäre im Moment noch ein unrealistisches Unterfangen. Die Veränderungen werden von unserem Körper und unserem Umgang damit ausgehen und sie werden in kleinen Schritten geschehen.
Nehmen Sie sich Zeit, gleichgültig, ob Sie sie haben oder nicht. 15 Minuten genügen fürs Erste und diese 15 Minuten haben Sie â sich selbst zuliebe. Während dieser Zeitspanne gehen Sie nicht ans Telefon, sind möglichst allein in einem Raum und bitten darum, von niemandem gestört zu werden.
Sie legen sich bequem auf den Rücken und lassen zu, dass sich Ihr Atem bewegt, ohne dass Sie ihn beeinflussen. Vielleicht stockt und stöÃt der Atem, vielleicht ist er flach und unergiebig, vielleicht unregelmäÃig. Das alles darf sein, wie es ist, denn wir dürfen sein, wie und wer wir sind. Das ist die erste und wichtigste Lektion. In diesem wohltuenden Bewusstsein begleiten Sie sich mit Ihrer Aufmerksamkeit bei Ihrer Atembewegung. Sie werden feststellen, dass der Atem allmählich langsamer und tiefer wird. Vielleicht verlagert sich sogar der Schwerpunkt des Atems vom Brustkorb hinunter in Richtung Beckenraum. Wenn das alles nicht geschieht, ist es genauso gut. Sie liegen da und atmen â sonst nichts. Die Gedanken, die kommen, lassen Sie vorbeiziehen, sie dürfen kommen und gehen, so wie der Atem kommt und geht. Wenn die Gedanken Sie ergreifen, dann atmen Sie sie aus und bleiben weiter bei sich und Ihrer Atembewegung. Das machen Sie nun 15 Minuten lang, vielleicht haben Sie sich eine Stoppuhr gestellt, die leise bimmelt, wenn die Zeit um ist. Sie stehen auf und kehren in Ihren Alltag zurück. Aber Sie sind nicht mehr dieselbe, derselbe. Sie nehmen das Bewusstsein des Ein â und Ausatems mit in Ihren Tageslauf und die Erinnerung daran, wie es sich anfühlt,
wenn Sie einfach nur sein dürfen, so wie Sie sind. Selbst wenn Sie keine Veränderung an sich wahrnehmen, sie ist trotzdem geschehen. Langsam wird sich Ihre Fähigkeit entwickeln, auch die kleinsten Veränderungen wahrzunehmen.
Diese kleine Ãbung hat eine groÃe Wirkung, wenn Sie sie regelmäÃig machen, möglichst täglich. Am besten vor dem Aufstehen und vor dem Einschlafen. Vor dem Aufstehen beruhigt sie unseren Tag und vor dem Schlafengehen nehmen wir sie mit in den Schlaf, wo sie wohltuend und vertiefend weiter wirkt. Auch mitten am Tag ist sie fruchtbar.
Wenn die Anforderung der täglichen Ãbung Sie in einen Leistungszwang bringt, aus dem Sie gerade herauswollen, dann lassen Sie das tägliche Ãben und spielen stattdessen ein vergnügliches Spiel. Werfen Sie eine Münze. Die eine Seite bedeutet, heute wird nicht geübt, die andere Seite, heute wird sehr wohl geübt. Seien Sie aufmerksam sich selbst gegenüber. Wie geht es Ihnen an den Ãbungstagen und wie an den freien Tagen? Vergleichen Sie. Vielleicht lassen Sie Ihre Familie mitspielen. Ihre Familienmitglieder sollen raten, an welchen Tagen Sie geübt haben und an welchen nicht. Der Nebeneffekt dieses Spiels ist, dass Sie lernen zu erkennen, was sich durch die Ãbung in Ihnen und in Ihrer Lebenshaltung verändert.
Vielleicht werden Sie bald das Bedürfnis haben, die Ãbung zu erweitern oder den Zeitrahmen zu verändern. Dann beginnen Sie wie gehabt, Sie liegen und folgen Ihrem Atem. Jetzt aber legen Sie Ihre Hände auf den Unterbauch zwischen Nabel und Schambein. Wenn Sie das tun, dann legen Sie die Hände nicht einfach ab auf Ihrem Körper wie auf einer Stellage, sondern geben Sie eine Intention in Ihre Hände. Stellen Sie sich vor, dass sich die Poren Ihrer Handflächen zu lauter kleinen Sonnen öffnen, die warm und zugewandt in Ihren Leib hinein strahlen. Sie werden bald merken, dass der Atem Ihren Händen
folgt, indem die Bewegung Ihres Atems unter Ihren Händen spürbar wird. Wenn der Atem in ihren
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