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Verzweifelte Jahre

Verzweifelte Jahre

Titel: Verzweifelte Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitta Sirny-Kampusch
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Sie hinter die Bühne .« Hinter der Bühne, das war ein riesiges, schwarzes Loch. Eine Halle in der Größe eines Hangars. Gestänge, Verstrebungen, Gerüste. Techniker schoben enorme Geräte herum, andere fuhren mit Gabelstaplern auf und ab. Endlos lange Holztische waren die einzige Sitzgelegenheit. ORF-Leute standen dort und rauchten. Ich stellte mich in die Nähe und zündete mir auch eine Zigarette an. Ein kleiner Monitor neben der einzigen Tür im Raum zeigte, was die Zuschauer daheim am Donnerstag sehen würden. Ich brauchte den Bildschirm nicht. Die Band spielte so laut, dass noch hier heraußen alles dröhnte. Aber vielleicht lag das auch nur an mir. Ich zucke schon bei der Kennmelodie der Abendnachrichten zusammen. Wenn man über längere Zeit nicht aus dem Haus geht und nur auf das Klingeln des Telefons wartet, hat man einen anderen Geräuschpegel. Die letzten Takte der Band klangen aus, Applaus setzte ein, was vermutlich nur dem betreffenden Schild zu danken war. Jemand winkte mich zu sich, schob mich hinter die Bühne, ein paar Stufen hinauf, durch die Tür, und dann stand ich im Rampenlicht. Applaus. Händeschütteln. Wie-geht’s-Ihnen-liebe-Frau-Sirny. Polizei. Keine Spur. Kann-man-sich-ja-alles-nicht-vorstellen-gell. Verzweiflung. Natascha. Hoffnung. Muss-man-doch-den-Verstand-verlieren-nicht-wahr. Suche. Albtraum. Hinweise. Lässtman-nichts-unversucht-oder. Das Übersinnliche. Hilfe aus dem Jenseits. Wollen-wir-hier-in-der-Sendung-ausprobieren. Medium. Margot. Schönen-guten-Abend. Karten. Mischen. Auflegen. Und-was-bedeutet-jetzt-der-König-eigentlich. Deutung. Enttäuschung. Wünschen-wir-Ihnen-alles-alles-alles-Gute-Siesind-nicht-allein-und-danke-fürs-Kommen.

*

    »Du warst gut, Mama«, sagte Sabina in den Schlussapplaus hinein. »Ich hätte das... « Das Telefon läutete. »Hallo... ja... am Apparat... ich bin an allem interessiert... Wünschelrute... ja... wo ?... wenn Sie glauben... rufen Sie mich an... gut... wiederhören.« »Wer war denn das ?« , fragte Claudia. »Ein Wünschelrutengänger, der will... « Das Telefon läutete wieder. »Hallo... bitte ?... nein, hab ich noch nicht... ja, natürlich... muss alles probieren... okay... bis dann.« »Was war das für einer ?« »Ein Pendler, der kann... « Das Telefon läutete den ganzen Abend. Hellseher. Kartenleger. Astrologen. Tischerlrücker. Kaffeesudleser. Ein paar der Berufsbezeichnungen hatte ich noch nie gehört. Alle wollten helfen. Geld verlangte keiner. Ich machte Termine aus. »Willst du die wirklich alle treffen ?« , fragte Claudia. »Ja«, sagte ich, »vielleicht ist ja einer drunter, der wirklich was sieht .« Schaden kann’s nicht, dachte ich. Außer dir, echote es aus mir, der Narr ist verletzlich. Ich wollte nicht auf mich hören. Und das Telefon läutete schon wieder. Sabina nahm ab. »Eine Frau Puchinger für dich.«

*

    Tina Puchinger wohnte in der Reindlgasse. Wien-Penzing. Ich fand das Haus auf Anhieb. Eine große Blonde öffnete mir die Tür. Sie hatte nichts von der rothaarigen Hexe, sie sah ganz bodenständig aus.
    Sie führte mich in eine Art Wohnpraxis. Keine angebrannten Pfannen, kein vergammeltes Essen, kein übersinnlicher Zauber. Es sah fast aus wie bei mir. Ich setzte mich ohne vorher zu schauen, ob irgendwas auf dem Sessel klebte.
    »Sagt Ihnen der Begriff Numerologie etwas ?« , fragte Tina.
    »Nein«, sagte ich, »ich denk mir, es wird was mit Zahlen zu tun haben«. Sie lächelte. »Zahlen haben eine enorme Bedeutung für jeden Menschen«, sagte sie. »Sie sagen sehr viel über unser Leben aus, über die Leben davor. Sie sagen uns, wer wir sind. Schon allein das Datum der Geburt definiert einen Menschen .« »Ich will aber nicht wissen, wer ich bin«, wandte ich ein, »Sie wissen doch, worum’s mir geht, am Telefon haben Sie gesagt, Sie könnten mir helfen, Natascha zu finden .« Sie nickte geduldig. »Man kann das eine nicht getrennt vom anderen sehen. Alles hängt zusammen, spielt ineinander. Die Zahlen sagen uns, worauf es ankommt im Leben und was wir lernen sollen. Und deshalb müssen wir zuerst wissen, was für ein Mensch Sie sind .« Menschen unter dem Aspekt der Fünf, erklärte sie mir, müssten zum Beispiel lernen den Wert des Geldes zu begreifen. Oder man sei ein Achter und müsse lernen, einen Ausgleich zu schaffen. »Also. Schauen wir einfach einmal, welche Zahl bei Ihnen herauskommt. Wann sind Sie geboren ?« Ich nannte ihr mein Geburtsdatum. Sie vertiefte sich in ihre Arbeit. Eine Zeit

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