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Verzwickt chaotisch

Verzwickt chaotisch

Titel: Verzwickt chaotisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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hatte recht. Das hier war Kindergartenkram. Was hatte Herr Rübsam sich nur dabei gedacht? Mann, wir machten normalerweise Parkour. Und jetzt saßen wir bastelnd auf dem Boden und verwandelten uns in Knappe und Prinzessin.
    Ich ließ Sofie alleine, täuschte vor, ins Gebäude zu gehen, und machte im letzten Moment einen Schlenker. In wenigen Minuten hatte ich den Waldrand erreicht. Oberhalb des Weges entdeckte ich ein bläuliches Flimmern, das zwischen den Bäumen herumschwirrte. Sobald ich mich näherte, wurde es griffiger, plastischer und verwandelte sich schließlich in Leander.
    »Salut!«, rief er mir aufgeregt entgegen. »Ich muss dir was zeigen. Jemand in der Nähe?« Er sah sich hektisch um.
    »Niemand.«
    »Okay! Dann warte einen Augenblick!« Er verschwand hinter einen Busch, wo es zu rascheln und scheppern begann. Ich hörte ihn leise fluchen und es fielen ein paar Blätter und Äste zu Boden.
    »Tataaaaa! En garde!« Eine Dolchspitze schoss auf mich zu. Erschrocken sprang ich zur Seite. Doch Leander stoppte im letzten Moment, schwang die Waffe elegant nach oben, steckte sie in seinen Gürtel und drehte sich mit ausgebreiteten Armen einmal um die eigene Achse. »Wie sehe ich aus?«
    Ich verzichtete auf eine Antwort. Er konnte sie sich selbst am besten geben und es bestand kein Zweifel daran, dass er sich umwerfend fand. Ich wusste ohnehin nicht, was ich zu seiner Aufmachung sagen sollte. Schlapphut, ein braunes Wams aus Wildlederimitat (ohne etwas drunter natürlich), dazu seine zerlöcherten Jeans und ein langer dunkelblauer Samtumhang, der über seinen gestreckten Rücken fiel.
    »Woher hast du die Waffe?« Die Jungs sollten sich Schilde aus Pappe basteln (was Billy und Serdan den Rest gegeben hatte). Von Waffen war keine Rede gewesen. Und das hier war ein Dolch. Er sah alt und verdächtig echt aus. Als hätte ihn irgendwann einmal ein echter Rittersmann durch die Luft geschwungen.
    »Geliehen«, gestand Leander gleichmütig. »Die Vitrine stand offen. Als die dicke Frau putzte. Ich bring ihn morgen früh zurück! Sie hat es gar nicht gemerkt.«
    »Du leihst dir ein bisschen viel aus in letzter Zeit, Leander«, sagte ich streng. »Warum hast du Mamas Epilierer in den Koffer gepackt?«
    »Weil …« Leanders Strahlen verblasste. Er deutete mit dem Daumen auf seine Brust. »Weil da jetzt auch Haare wachsen. Und ich will die nicht haben. Auf keinen Fall. Ich werde mir jedes einzelne ausreißen, an der Wurzel. Bis keine mehr kommen. Wie die Indianer es früher getan haben. Johnny Depp hat übrigens indianisches Blut …«
    »Mein Gott, Leander, die paar Haare. Ist das denn so schlimm? Musst du mich deshalb dermaßen blamieren? Das war peinlich!«
    »Was ist noch mal peinlich?«, fragte Leander wissbegierig nach, ohne auf mich einzugehen. »Das fand ich das Schwierigste in Menschenkunde. Ist auch ein Gefühl, oder? Eines eurer zwecklosen Gefühle. Es steckt kein Sinn dahinter. Warum ist das peinlich, wenn du einen Epilierer im Koffer hast?«
    »Nicht nur einen Epilierer. Sondern auch eine CD mit uralter Hippiemusik …«
    »Eine kleine Zugabe von Oma Anni. Die Musik mag ja alt sein, aber sie ist gut. Und man kann sie auf der Gitarre spielen. Ich kann inzwischen fast alle Songs! Wir legen sie abends auf, ich spiele und …«
    »Unterhosen. Männerunterhosen«, unterbrach ich ihn scharf.
    »Na ja.« Leander legte den Kopf schräg. »Ich will nicht schmuddelig werden. Wechselwäsche.«
    »Und wozu bitte brauchst du Damenbinden?«
    Leander lachte trocken auf. »Ich brauche die nicht. Aber vielleicht du. Falls du Duweißtschonwas kriegst. Siehst du mal, wie ich für dich mitdenke. Bei euch jungen Dingern ist der Zyklus noch seeeeehr unregelmäßig. Russisches Roulette sozusagen.«
    Ich verstummte abrupt. Einen Moment lang wäre ich am liebsten weggelaufen, doch meine Neugierde befahl mir zu bleiben. Hatte ich das richtig verstanden? Leander hatte für mich Damenbinden eingepackt? Sie vielleicht sogar selbst gekauft (beziehungsweise geliehen)? Bei dieser Vorstellung musste ich grinsen, obwohl ich nach wie vor Fluchtgedanken hegte.
    »Dann weißt du also, was Duweißtschonwas ist?«, hakte ich zögerlich nach. Leander feixte mich stolz an.
    »Natürlich weiß ich, was Duweißtschonwas ist. Hab ich in der Schulung gelernt. Ich wusste nur nicht, was deine Mama mit Duweißtschonwas meint. Übrigens sagt niemand Duweißtschonwas dazu, das weißt du, oder?«
    »Und was ist es?« Ich sah ihm provozierend in die

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