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Verzwickt chaotisch

Verzwickt chaotisch

Titel: Verzwickt chaotisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Darkness – die coolsten Takte des gesamten Songs. Leander und ich leicht zeitversetzt und trotzdem voll im Rhythmus. Verdammt, und niemand wusste davon! Niemand würde uns je dabei bewundern können!
    Dennoch malte ich mir in diesen schweigenden Sekunden aus, wie es sein würde … Es fühlte sich gut an, sich das auszumalen, in jeder kleinen Einzelheit. Sah Leander denn aus wie ein Mensch? Würde jemandem etwas Ungewöhnliches auffallen, wenn ich irgendeinen Trick finden würde, ihn auch für andere sicht- und hörbar zu machen? Wie immer, wenn ich sein Gesicht studierte, blieb ich an seinen Augen hängen. Grün und Blau. Schneeblau.
    Instinktiv griff ich nach vorne und berührte mit der Kuppe meines Zeigefingers ganz sacht seine schillernde Iris. Sie war kalt und glatt wie Eis. Leander blinzelte nicht. Nein, er beachtete mich gar nicht. Sein Blick war nicht mehr bei mir, sondern träumte sich durch mich hindurch.
    »Doch … es ist nicht alles schlecht an euren Menschenkörpern …«, seufzte er, schloss die Augen und war beim nächsten Atemzug eingeschlafen.
    Ich aber lag reglos wach und konnte an nichts anderes denken als an Seppo und Kelly, bis die Dämmerung ins Zimmer kroch und die Vögel vor dem Fenster zu singen begannen.

Kabale und Liebe
    Am nächsten Morgen brauchte ich lange – viel zu lange –, um aus dem Bett zu kriechen, mich anzuziehen und nach unten zu gehen. Ich war mal wieder die Letzte, die in den Speisesaal stolperte, und mir fiel sofort auf, dass alles anders war als sonst. Zwar erntete ich jede Menge Blicke wie schon am Tag zuvor, doch dieses Mal waren sie nicht belustigt, sondern feindselig. Ausnahme: Sofie. Sie schaute nirgendwohin. Ihr Mund stand leicht offen, doch sie lächelte und ihre Hand rührte in ihrer leeren Teetasse, als sei sie eine Puppe, in die jemand fünfzig Cent eingeworfen hatte und die nun das Wenige tat, was sie dank eines Motors in ihrer Schulter tun konnte. In einer Tasse rühren. Das Luftblasengesicht der Jungs war nichts dagegen. Es fehlte nur noch, dass Sabber aus ihrem Mund lief.
    Viel unverständlicher aber war, dass Seppo und Kelly zwar nebeneinander, aber nicht bei den Lehrern saßen. Kelly wirkte verquollen. Hatte sie etwa geweint? Seppo wollte ich gar nicht erst angucken, also konzentrierte ich mich auf Herrn Rübsam, der mir ein auffällig freundliches »Guten Morgen, Luzie!« entgegenrief. Und genau dieses freundliche »Guten Morgen« brachte die Stimmung erst recht zum Kochen. Jetzt glotzten mich ausnahmslos alle an, feindselig und vorwurfsvoll – vor allem Seppo. Sein Blick war so intensiv, dass ich nicht anders konnte, als ihn zu erwidern.
    »Musste das sein?«, raunzte er mich flüsternd an, als ich an ihm vorüberging, um Sofie anzusteuern, die mich zwar auch anschaute, aber nicht zu erkennen schien.
    »Was?«, fragte ich gereizt.
    »Na, das Türenknallen! Du hast damit den Rübsam geweckt!«, beschwerte er sich. Oha. Dann war das heimliche Flaschendrehen also aufgeflogen. Geschah ihnen recht. Vor allem Seppo und Kelly.
    »Ich knalle fast immer Türen, weißt du doch«, erwiderte ich mit Unschuldsmiene.
    »Toll«, knurrte Seppo. Auch Kelly äugte mich an, als würde sie gleich zu knurren anfangen. »Und ich saß mit dabei. Als Betreuer! Jetzt darf ich nie mehr als Aufsicht zu einer Klassenfahrt mitfahren. Nie mehr.«
    »War sowieso ’ne Scheißidee«, sagte ich kalt und wandte mich von ihm ab, um endlich einen sicheren, unbehelligten Platz neben Sofie und ganz am Ende des Tisches zu finden. Zum Glück fand ich diesen Platz rasch. Billy und Serdan nickten mir wortlos zu. Sie sahen weder gut noch schlecht gelaunt aus. Eher neutral. Und wenn sie sauer gewesen wären, hätten sie mir nicht zugenickt. Immerhin – ein kleiner Hoffnungsschimmer.
    »Morgen, Luzie«, säuselte Sofie und rührte weiter in ihrer leeren Tasse. Sie fing auch kein Gespräch mit mir an. Nein, das gesamte Frühstück – das heute kurz ausfiel – verbrachte sie damit, in der Tasse zu rühren und ins Nirgendwo zu stieren. Was sie dort sah, musste jedoch Spitzenklasse sein. Ich hatte sie noch nie so glücklich und zufrieden erlebt. Ob ihr jemand etwas von dem geschmuggelten Alkohol in den Tee gekippt hatte? Oder hatte sie beim Flaschendrehen einen von den Stirnfrisuren küssen dürfen? Doch ich wollte sie nicht danach fragen, weil ich auf diese Weise zweifellos erfahren hätte, wie Seppos Antwort ausgefallen war.
    Ich hatte mein Marmeladenbrot noch nicht fertig gegessen, als Herr

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