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Verzwickt chaotisch

Verzwickt chaotisch

Titel: Verzwickt chaotisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Rübsam sich erhob. »Still jetzt!«, rief er barsch und wir verstummten augenblicklich. Kein »Jungen und Mädchen«? Und er wurde laut? Das kannten wir nicht von ihm. Herr Rübsam wurde nie laut. Er wartete normalerweise, bis wir leise wurden. Auch wenn das sehr lange dauern konnte.
    Verblüfft schauten wir zu ihm hoch. Frau Dangel saß mit puterrotem Kopf neben ihm. Was hatte er vor – uns alle heimzuschicken, weil ein paar Leute um Mitternacht Flaschendrehen gespielt hatten?
    »Hmmmm«, machte Sofie versonnen und berührte verträumt ihre Lippen.
    »Zieht euch feste Schuhe an. Wir gehen wandern. Sofort. Und ich möchte keine Widerworte hören! Kein einziges!«, bellte Herr Rübsam. Sofie zuckte zusammen, behielt aber ihr leicht irres Lächeln.
    »Hast du was getrunken?«, fragte ich sie vertraulich, als wir zehn Minuten später den Burghof verlassen hatten und Herr Rübsam im Stechschritt den Waldweg entlangpflügte. Wie so oft war meine Neugierde zu stark geworden – ich musste wissen, was passiert war. Selbst wenn ich dabei erfuhr, was Seppo gesagt hatte. Sofie musste etwas Sensationelles widerfahren sein. Ich konnte nicht weiter neben ihr herlaufen und so tun, als interessierte es mich nicht.
    »Ob ich was getrunken habe?« Wieder kicherte sie. »Neee … Geht doch gar nicht. Der Alkohol ist verschwunden. Hast du das nicht mitbekommen? Plötzlich war alles weg.«
    »Nein, hab ich nicht. Mit mir redet ja niemand mehr.« Ich übertrieb nicht. Serdan redete sowieso nicht. Billy war offensichtlich zu müde, um zu reden. Und Seppo hasste mich. Ich kapierte das nicht – da warf ich Kelly ins Wasser und er grinste nur. Aber wenn Herr Rübsam ihn nachts beim Flaschendrehen erwischte, war ich schuld. Er hätte gar nicht erst dort sein dürfen. Idiot.
    Sofie tätschelte mir lachend den Unterarm. »Die beruhigen sich schon wieder. Also, ich hab nichts getrunken. Aber …« Sie gluckste beglückt auf.
    »Was aber?« Ich merkte, dass ich zappelig wurde. Wie nur hatte zwischen meiner Flucht und Herrn Rübsams Auftauchen etwas geschehen können, was Sofie dermaßen umgehauen hatte? In den wenigen Sekunden? Hatte Seppo am Ende etwa gesagt, dass er Sofie am liebsten mochte?
    »Warte einen Moment«, raunte Sofie und ließ ein paar Leute an uns vorüberziehen. Dann hakte sie sich bei mir ein, um in mein Ohr flüstern zu können.
    »Mich hat heute Nacht jemand geküsst. Einer von den Jungs.«
    »Beim Flaschendrehen?« Verwirrt blieb ich stehen. Doch Sofie zog mich unerbittlich weiter. Wir konnten Herrn Rübsam kaum noch sehen. Ich fragte mich, warum er nicht gleich zu joggen begann. Er bewegte sich bereits wie einer von den Gehern bei den Olympischen Spielen, abgehackt und verdreht. Frau Dangel hetzte schimpfend und schnatternd neben ihm her. Die beiden sahen aus, als ob sie sich stritten und gleichzeitig vor sich selbst wegrennen wollten.
    »Also, Sofie«, knüpfte ich an unser Gespräch an, sobald wir nicht mehr das Schlusslicht bildeten. »Dich hat beim Flaschendrehen jemand geküsst?«
    »Quatsch. Doch nicht beim Flaschendrehen. Wir mussten ja alle auf unsere Zimmer. Nein, danach … irgendwann mitten in der Nacht … Ich hatte schon geschlafen, als plötzlich … Ich weiß nicht …« Sofie wurde so leise, dass ich sie kaum mehr hören konnte. »Es war jemand da. Ganz nah bei mir. Ich hab seine Lippen gespürt. Er hat mich geküsst!«
    »Wer?«
    »Ich konnte ihn nicht sehen. Es war dunkel. Aber ich glaub, dass es Serdan war …«
    Das war ja ein Knaller. Einer der Jungs schlich sich zu Sofie ans Bett und küsste sie. Einfach so. Das würde mir wahrscheinlich niemals passieren. Jedenfalls nicht auf dieser Klassenfahrt. Die würden mir lieber eine Ohrfeige verpassen, als mich zu küssen. Trotzdem war ich bereit, meine Hand dafür ins Feuer zu legen, dass Serdan es nicht gewesen war.
    »Warum sollte der denn so was machen?«, fragte ich zweifelnd.
    »Warum sollte er es denn nicht machen?«, entgegnete Sofie gekränkt. »Bin ich so hässlich?«
    »Nein, natürlich nicht!«, beschwichtigte ich sie. Sie sollte bloß nicht zur Feindesfront überlaufen. Sonst hatte ich gar niemanden mehr zum Reden. »Ich frag mich nur, warum er das heimlich macht«, wand ich mich aus der Falle.
    »Das frage ich mich auch.« Im Laufschritt holten wir zum Schluss der Gruppe auf, weil wir erneut zurückgefallen waren. »Vielleicht wollte er nicht, dass ich ihm einen Korb gebe?«, überlegte Sofie.
    Nein. Das passte nicht zu Serdan. Generell passte

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