Veyron Swift und das Juwel des Feuers
ragte der Wald auf, gigantisch hoch und Schatten in alle Richtungen werfend. Die Bäume mussten an die hundert Meter oder noch höher sein, aber es waren keine Mammutbäume. Ihre Stämme waren silbergrau, unterbrochen von braunen Flecken und glatt wie Buchen – allerdings sehr viel größer, vielleicht fünf oder mehr Meter im Durchmesser. Ihre handtellergroßen Blätter gabelten sich in drei schwertförmige Spitzen und besaßen ein sattes, gesundes Dunkelgrün.
Vielleicht eine Art Riesenahorn , dachte er. Von der Supersonic war nichts zu entdecken, doch konnte er hinter dem Wald eine Rauchwolke aufsteigen sehen. Er machte einen Schritt und stöhnte vor Schmerz.
»Ah, du bist endlich wach«, hörte er Veyrons Stimme hinter sich. Er sah die schlaksige Gestalt seines Paten über die Lichtung marschieren, gerade aus dem Wald kommend. Veyron trug ein paar blutige Kratzer im Gesicht, ansonsten schien er genauso unverletzt wie Tom.
»Was ist passiert«, fragte er Veyron, der jedoch nicht sofort antwortete. Sein Pate setzte sich zu ihm ins Gras und schloss für einen Moment die Augen.
»Eine Bruchlandung, tut mir leid«, sagte er schließlich. »Die Nase ist zusammen mit dem Cockpit gleich nach dem Aufprall abgebrochen und über den Boden geschleudert worden. Hinein in den Wald da drüben – nein, in die andere Richtung. Dort ist sie gegen die Bäume geprallt. Wir beiden hatten Glück, der arme Captain Hotchkiss leider nicht. Genickbruch. Vielleicht war es auch besser so für ihn. Er war vom Hals abwärts vollständig gelähmt. Sehr wahrscheinlich blieb ihm ein langer und grausamer Todeskampf erspart. Ich war dagegen unverletzt. Die Physik war uns in dieser Nacht hold, Tom. Ich schnallte dich los und trug dich aus dem Wrack, du warst bewusstlos. Wahrscheinlich verlor ich die Orientierung, bin ziellos durch den Wald gestolpert und ziemlich genau an der Stelle, wo du jetzt stehst, zusammengebrochen. Jedenfalls erwachte ich hier vor ein paar Stunden. Ich ging sofort zurück zur Absturzstelle und suchte nach weiteren Überlebenden«, erzählte Veyron. Er wirkte müde und erschöpft. Tom fragte ihn, was er gefunden hatte.
»Leider nicht viel, komm ich bring dich zu den anderen«, seufzte Veyron. Er stand auf und schlug einen Weg ein, der in den Wald zurückführte. Tom folgte ihm. Irgendwie fürchtete er sich davor an die Unglücksstelle zurückzukehren, wobei er nicht genau wusste wovor genau. Vielleicht war es der Gedanke, ein Feld voller Leichen vorzufinden, grausam entstellt und womöglich verbrannt. Er glaubte nicht, dass er einen solchen Anblick ertragen konnte. Ihm wurde ja schon schlecht, wenn er nur daran dachte.
Die Supersonic war nach dem Aufprall in mehrere Segmente zerbrochen. Die hintere Hälfte des Rumpfes war vollkommen verbrannt, nicht mehr als ein schwarzer, qualmender Schutthaufen. Der riesige Heckflügel ragte einem Grabstein gleich, senkrecht in den Himmel. Die Treibstofftanks waren explodiert und alles Metall und Plastik verbrannt und geschmolzen wie Kerzenwachs. Nichts war mehr zu erkennen, Rumpfteil und Flügel nur noch schwarze Gerippe. Die Passagiere in diesem Teil der Maschine starben wahrscheinlich sofort nach dem Aufprall, oder verbrannten in der Sekunde danach.
Die abgebrochene vordere Hälfte der Supersonic hatte sich bis zu einem Meter tief in den Boden gegraben. Danach war sie wohl noch weiter auseinander gefallen, hatte dabei Einzelteile und Sitze durch die Gegend gespuckt. Viele davon standen jetzt aufrecht auf der Lichtung, waren jedoch leer. Unter jenen, die umgekippt im Gras lagen, wollte Tom gar nicht nachsehen. Ihm schauderte bei dem Gedanken, eine Leiche zu finden. Überall auf der Lichtung lag Gepäck verstreut, Jacken, Hemden, zerstörte Laptops, es war alles dabei. Verbeulte oder aufgerissene Frachtcontainer ragten aus dem Boden, manche verkehrtherum.
Veyron führte Tom zu einem Rumpfsegment, das noch teilweise den Schriftzug von Torben-Carrisson-Airways trug. Es schien kaum beschädigt, zumindest von außen. Innen sah es ganz anders aus. Kabel hingen überall herunter, Bodenplatten lagen kreuz und quer herum. Von der Reisekabine war nicht mehr viel übrig, die schalenförmigen First-Class-Sitze allesamt herausgerissen.
Zwischen den Trümmern saß eine zusammengekauerte Gestalt, die Arme um die angezogenen Beine geschlungen, starr wie eine Statue. Tom staunte, als er die hübsche Bankerin aus der Wartehalte erkannte.
»Miss Reed«, rief Veyron. Zögerlich blickte sie
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