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Video-Kid

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Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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und gab vor, das Neutrum zu ignorieren. Aber ich spürte, daß alles in ihm vibrierte; wie die Saiten einer angeschlossenen elektrischen Harfe. Ich schloß meine Finger um Annas nacktes Handgelenk, und diese Berührung beruhigte uns beide.
    »Ich habe diese Insel vor drei Jahren in ihrer Entstehungsphase entdeckt«, sagte Armbruster. »Während ich mit Aqua-Hoppern den Meeresgrund in der Umgebung meines Hauses kartographierte, entdeckte ich sie auf einem Band. Schon früher hatte ich Bänder vom Lebenszyklus der fliegenden Inseln angefertigt, hatte sie aus meinem Hopper studiert, hatte Notizen und Filme gemacht. Aber schon seit langem verspürte ich den dringenden Wunsch, eine Insel persönlich zu untersuchen und dort die Unmengen an für meine Forschung nötiger Detailarbeit zu erledigen. Mir war es möglich, den Zielpunkt der Reise dieser Insel durch die Windberechnung und den Vergleich mit den Wegen anderer Inseln zu berechnen. Und um ehrlich zu sein: Ich habe mich wegen ihres Ziels für diese Insel entschieden.«
    »Die Masse«, sagte Moses Moses.
    »Die Masse«, nickte Armbruster. Es schien sich zu freuen, daß Moses sofort den Kontinent erraten hatte.
    »Aber dort können wir nicht hin«, sagte Anna erregt. »Dort ist es doch fürchterlich!«
    »Die Siedlungsbestimmungen der Korporation verbieten jegliche menschliche Erkundung der Masse«, sagte ich und bemühte mich, meine Stimme neutral zu halten. Ich wollte ja gar nicht widersprechen oder abraten, sondern lediglich feststellen. »Und die von Hoppern aufgenommenen Bänder, die ich von dem Kontinent gesehen habe … tja … die zeigten nicht eben Vielversprechendes.« Vor meinem geistigen Auge sah ich die alptraumhafte Landschaft der Masse: glitschige Mulden, die mit weißem Dreckschlamm gefüllt waren; blattlose Bäume, auf denen mehr als fingerdick Pilze und Schimmel wuchsen; Krabbelwesen mit feuchten, dicken Schwammborsten; atemlose Stille, die nur vom Tröpfeln gestört wurde … keine Landschaft des Todes, sondern eines fiebrigen, stinkenden Lebens.
    »Ich bin schon dort gewesen«, sagte der Professor. »Leider war es mir nicht möglich, so lange dort zu bleiben, wie ich es mir gewünscht hätte. Aber mir blieb Zeit genug, um die wichtigste aller Entdeckungen zu machen.« Es sah Anna und mich an, zuckte schließlich die Achseln und lächelte scheu. »Warum sollte ich es euch nicht sagen? Falsche Bescheidenheit ist hier fehl am Platze, wie mein Freund Tanglin zu sagen pflegte. Ich habe dort dieses Gebilde gefunden, diesen Organismus.« Der Professor zeigte auf das Draht- und Perlengewirr über unseren Köpfen. »Das dort ist ein Modell seiner Molekularstruktur, natürlich nur ein unvollkommenes, obwohl die TorusNachbildung gelungen erscheint. Ihr bemerkt sicher die schneckenförmigen Lücken in der Struktur. Sie hat dreiundzwanzig davon, doch warum es gerade diese Anzahl sein muß, vermag ich nicht zu sagen. Seht einmal auf die eigentümliche Anordnung hier an den Genomen. Ihr werdet feststellen, daß diese lange Doppelkette durch Knicke und Falten fast wie eine Falltür verschlossen ist.« Armbruster erhob sich und begann, mit seinen dünnen, aber starken Fingern ein Stück Draht zu verbiegen und zu verdrehen. Anna und ich beobachteten verdutzt, wie sich eine lange Kette vieler Perlen aufrichtete und sich über die Lücke legte, die das Neutrum geschaffen hatte: wie ein sich schließendes Gebiß. Ein Teil des beanspruchten Drahtes sprang unter der Belastung ab, und ein halbes Dutzend Perlen in den unterschiedlichsten Farben fiel auf den Membranboden und rollte schwankend unter den Generator. Dem Professor schien es gar nicht aufgefallen zu sein.
    »Habt ihr gesehen, wie es die Lücke geschlossen hat!« rief Armbruster bewundernd. »Es könnte eine ganze Genkette dort drinnen festsetzen, eine ganze Halbhelix. Wahrscheinlich fragt ihr euch jetzt, warum es sie nicht auf chemischem Weg dort behält, warum es sich statt dessen auf eine mechanische Vorrichtung verläßt. Nun, dazu ist zu sagen, daß es sich zu einem gewissen Grad sehr wohl einer chemischen Reaktion bedient. Selbstverständlich wird ein chemischer Katalysator benötigt, um diese Bewegung zu bewirken. Aber wenn die Struktur sich nur auf chemische Aktionen verlassen würde, wäre damit die Gefahr zu vieler Mutationen verbunden. Eine DNS-Halbkette reagiert sehr leichtfertig auf chemische Vorgänge, müßt ihr wissen. All diese offenen Verbindungen, sie warten nur auf Adenin, Thymin, Guanin und so

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