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Seetang-Kuchen heraus - Teil des Reiseproviants, den es für sich zurückgelegt hatte. »Die Vorräte sind knapp, deswegen bekommt jeder nur einen Kuchen«, sagte es und verteilte sie. »Auf der Insel habe ich mich für einen eingerichtet, nicht für vier.« Wir bissen hungrig in die dicken, grünen Kuchen. Kaum hatten wir den ersten Bissen geschluckt, als uns ein Schwarm hellgelber Schmetterlinge angriff. »Tod und Schmerzen, was ist das?« entfuhr es mir, denn ich hatte noch nie einen Schmetterling gesehen. Ich schlug nach ihnen, ohne damit jedoch etwas auszurichten. Der Geruch unserer Kuchen schien die Insekten wahnsinnig zu machen. Sie ließen sich beständig auf meinem nieder. Armbruster murmelte etwas, das ich nicht verstand, denn es hatte sich vorsorglich den ganzen Kuchen auf einmal in den Mund geschoben. Ich tat es ihm nach, mußte jedoch gleich bittere Schmetterlingskörper ausspucken und verlor dabei ein hübsches Stück von meinem Kuchen, das auf den Dschungelboden fiel und unverzüglich von Insektenschwärmen bedeckt war. Armbruster schützte seinen Mund mit beiden Händen, während es kaute und schluckte. Unsere Köpfe und Schultern waren von den Tieren übersät.
Und noch viel mehr von ihnen strömten aus den Tiefen des Dschungels heran. Bald konnten wir einander nicht mehr sehen, besonders dann, als sie sich dazu entschlossen, sich auf unseren Lidern niederzulassen; sogar meine Kameras verschonten sie nicht. Ich führte einen wilden Tanz aus Luft- und Bocksprüngen auf, aber sie blieben an mir kleben, als sei ich ein Baumstamm. Endlich gelang es mir, aus der Schmetterlingswolke herauszutanzen, und ich schluckte rasch das, was von meinem Kuchen übriggeblieben war. Dann spuckte ich mit allen Anzeichen des Widerwillens einen nassen und klebrigen Flügel aus, der an meinem Gaumen klebte. Käfer folgten meinem Luftholen, also atmete ich nur noch durch die Nase.
Sobald wir unsere Kuchen gegessen hatten, konnten wir der Masse der Schmetterlinge entkommen. Aber eine größere Anzahl von ihnen blieb beharrlich bei uns, versammelte sich auf unseren Köpfen oder umschwirrte die Klappen unserer Tornister, in denen sich weitere Kuchen befanden.
»Es sind doch nur Schmetterlinge, völlig harmlos«, sagte Armbruster durch zusammengebissene Zähne und wischte einige der Tiere beiseite, als sie auf die Idee kamen, seine Lippen als Landeplatz zu benutzen. »In Telset sieht man solche Insekten nie, aber hier sind sie recht verbreitet. Nun kommt, nehmt die Beine in die Hand.«
Nach einiger Zeit hatten wir die meisten Verfolger hinter uns gelassen, aber mindestens ein Dutzend von ihnen vergnügte sich weiterhin auf den steifen Strähnen meiner plastiklaminierten Haare. Wir ließen uns auf den knolligen Wurzeln eines riesigen Baums mit dünner, leicht rötlicher Rinde nieder.
»Ich vermute, der Meeresgeruch ist für ihr Verhalten verantwortlich«, sagte Armbruster düster. »Normalerweise folgen sie dem Geruch, der sie zur Absturzstelle einer fliegenden Insel führt. Von nun an werden wir, wenn es nicht anders möglich ist, im Zelt essen. Das befindet sich übrigens in deinem Tornister, Kid, verliere es bitte nicht.«
Einige der kleinen gelben Schmetterlinge krabbelten unverdrossen weiter in Armbruster Moses' buschigem blonden Haar herum. Andere saßen reglos wie Juwelen auf Annas glatter, brauner Kurzhaarfrisur und ihrem Federbusch. Ich lachte über den Anblick, den die beiden boten. Anna sah mich an und lachte auch.
»Dein Haar sieht ganz anders aus, Kid«, sagte die Heilige. »Es liegt flach an, statt wie vorher stachelartig abzustehen.«
Ich fuhr mir selbstbewußt durchs Haar und verscheuchte dabei einige der Flatterer von ihrem neuen Lieblingsplatz. »Es wächst«, sagte ich. »Das Plastik geht nicht hinab bis in die Wurzeln, und jetzt kann das unbehandelte Haar das zusätzliche Gewicht nicht tragen, und alles knickt um. Ich muß es jede Woche neu richten, wenn ich die Hormonpräparate zu mir nehme.« Ich hielt inne. »Oh, mein Gott!«
Für einige Zeit hing schwer ein Schweigen über uns. Dann sagte Armbruster: »Du hast deine Präparate nicht mitgenommen, nicht wahr, Kid?«
»Woher denn?« entgegnete ich. »Ich habe diese Reise ja nicht planen können. Das einzige, was ich mitgenommen habe, waren ein paar Patronen.«
Wieder trat Schweigen ein, in dem jeder von uns über die Folgen dieser Feststellung nachdachte.
»Nun denn«, sagte Armbruster schließlich, »dann kann man eben nichts mehr dran ändern.
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