Viel Laerm um Stratfield
eines Liebhabers in der Nacht. Starr vor Schreck lag Chloe unter ihm und fragte sich mit seltsam unbeteiligter Angst, was wohl mit ihrem Ruf geschehen würde, wenn man sie mit dem Geist von Stratfield im Bett erwischte.
Lange Zeit lag sie reglos in dieser merkwürdigen Stellung da und hoffte und befürchtete gleichermaßen, dass sie unter einem Toten gefangen war. Als sich ihre Nerven endlich so weit beruhigt hatten, dass sie wieder vernünftig denken und handeln konnte, stellte sie fest, dass er noch lebte. Zumindest konnte sie seinen Atem in ihrem Haar spüren. Sie versuchte, ihre Hand unter seinem Hüftknochen wegzuziehen. Aus seiner Kehle drang ein tiefes, warnendes Grollen.
Seine Finger waren immer noch in ihrem Haar vergraben. Von seinem Gewicht wurde sie in die Kissen gedrückt. Selbst wenn er halb tot war, konnte sie doch die Kraft spüren, die in dem muskulösen Oberkörper und den Beinen schlummerte, die sie gefangen hielten.
„Bitte gehen Sie jetzt von mir herunter", flüsterte sie und schluckte den Kloß herunter, der sich in ihrem Hals bildete.
Vorsichtig drückte sie gegen seine Schulter, erreichte damit aber lediglich, dass er sich mit einem unterdrückten Schmerzensschrei aufrichtete. Mitleid spülte ihre Angst fort. Er fiel zurück und rollte sich auf die Seite, wobei er seinen linken Arm schützend festhielt.
Ungläubig starrte sie ihre Hand an, blickte dann hinauf zu seinem zerknitterten Leinenhemd und wieder hinunter auf den dunkelroten Blutfleck, der sich unter ihm auf dem Bett gesammelt hatte.
„Ach du lieber Himmel", sagte sie. Der Anblick hatte sie so erschreckt, dass sie vergaß, in welcher Gefahr sie schwebte. „Sie sind verletzt. Ich hole Hilfe ... " Ja, Hilfe. Irgendeine Ausrede, um zu fliehen, damit sie darüber nachdenken konnte, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Ihm helfen, um sich vielleicht selbst zu retten. Mit etwas Glück würde er aus dem Fenster springen, bevor sie zurückkehrte.
„Wagen Sie es nicht."
Er griff nach dem Ärmel ihres Negliges, zog sie grob zurück und knurrte: „Sagen Sie niemandem ein Wort davon, dass ich hier bin. Oder dass Sie mich überhaupt gesehen haben."
Ihr schwindelte ein wenig. Seine bedrohliche Stimme ließ sie schaudern, und sie war sich seines Atems, der in ihrem Nacken brannte, ebenso bewusst wie des harten, unnachgiebigen Körpers, der sie gefangen hielt. War dies derselbe Mann, der sie ihm Regen geküsst hatte? Der sie geneckt, sanft gequält und in ihr die Sehnsucht geweckt hatte, ihm erneut zu begegnen? „Aber - warum muss es ein Geheimnis bleiben, dass ich Sie gesehen habe?"
„Weil ich tot bin, meine Liebe, und ich noch kein Verlangen habe, wieder unter die Lebenden zu gehen."
Sie nahm einen tiefen Atemzug. Er klang grauenvoll ruhig, bedächtig, sogar vernünftig, obwohl sein Verhalten es nicht war. „Nun, ich habe kein Verlangen danach, Sie hier zu haben, ob Sie nun tot sind oder nicht", brach es aus ihr heraus. „Was machen Sie in meinem Zimmer?"
Er zögerte, bevor er sachlich antwortete: „Ich wurde bis hierher gejagt. Durch den Wald."
„Gejagt?" Es ergab für sie keinen Sinn. Er galt als tot, und niemand konnte wissen, dass er den hinterhältigen Angriff überlebt hatte. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass viel mehr hinter seinem Mord steckte, als irgendjemand in Chistlebury geahnt hatte. Und jetzt war auch sie in sein tödliches Geheimnis verstrickt.
Dominic erkannte die Verwirrung in ihrem Gesicht. Wo, zum Teufel, war er hier nur hineingeraten? Warum von allen Menschen ausgerechnet sie?
Nachdenklich schob er sie gegen das geschnitzte Rosenholzkopfteil des Bettes. Gott, was für ein Durcheinander. Jetzt, wo sie wusste, dass er lebte, war er dazu gezwungen, ihr zu vertrauen, eine Komplikation, die seine Pläne ruinieren konnte. Wenn sie ein Mann gewesen wäre, hätte er sie bedenkenlos zum Schweigen gebracht - und das auf keine sehr schöne Art und Weise.
Aber ausgerechnet Lady Chloe Boscastle, die junge, wilde Schwester von Heath. Eine Frau, die mehr Klugheit und Schönheit besaß, als gut für sie war. Die Dame schien den familientypischen Hang zu Leidenschaft und Skandalen geerbt zu haben. Heath würde ihn zweifelsohne mit den Händen in Stücke reißen, wenn Dominic ihr Schaden zufügte, obwohl er Heath in der Vergangenheit stets zu seinen Freunden gezählt hatte. Als ihre beiden jüngeren Brüder Brandon und Samuel zusammen in Nepal getötet worden waren, hatte Dominic sogar angefangen, mit Heath einen
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