Viel zu lange her
Kinder mochte.
Er schenkte ihr ein fröhliches Lächeln, bei dem ihr der Atem stockte, und rief dann: „Wer hat Hunger?”
„Sie hatten schon ihr …”, setzte Tessa an, doch ihr Einwand ging im allgemeinen Stimmengewirr unter.
„Ich komme gleich wieder”, versprach Isaac.
Er hielt Wort und tauchte bald darauf mit eine m großen Paket aus einer Eisdiele auf.
„In Reihe anstellen! Jeder bekommt etwas.” Er warf Tessa einen Blick zu. „Eine Kleinigkeit kann für sie nicht schlecht sein.”
„Nein, natürlich nicht”, erwiderte sie. Aber für mich ist es schlecht, wollte sie hinzufügen. Es wäre besser gewesen, er hätte sich von ihr fern gehalten oder wäre wütend gewesen. Er hätte ihr nicht diese Seite von sich zeigen sollen.
Halte dich fern von mir!
Er kam zu ihr. „Großartige Kinder, nicht wahr?”
„Das sind sie.”
„Hoffentlich war es von mir nicht aufdringlich, einfach herzukommen.”
„Du bist offenbar allen sehr willkommen”, erwiderte sie höflich und deutete auf die glücklichen Gesichter. „Wann hattest du bloß Zeit, deinem Hund alle diese Kunststücke beizubringen?”
„In Bergbaugebieten gibt es nicht viel Abwechslung. Da macht man alles Mögliche, um sich zu beschäftigen.”
Sie stellte sich vor, wie allein Isaac gewesen war, wenn ihm nur ein Hund Gesellschaft geleistet hatte.
„Du leistest hier viel, Tess.” Er richtete den Blick seiner dunklen Augen auf sie und legte ihr die Hand an die Wange. Sie musste ihre ganze Selbstbeherrschung aufbieten, um still zu halten.
„Hoffentlich kannst du Paul überreden, dass er dich weiterarbeiten lässt.”
„Er ist ziemlich nachgiebig”, behauptete sie zuversichtlicher, als sie im Grunde genommen war.
Einen Moment lang überlegte sie, ob sie die Bedrohung durch den Grundstücksankauf und das Gerichtsverfahren erwähnen sollte. Sie verzichtete jedoch darauf, weil es unklug gewesen wäre, Isaac in ihre Angelegenheiten zu verwickeln.
„Hoffentlich überzeugst du deinen Ehemann. Kann ich beim Aufräumen helfen?” erkundigte er sich.
„Sicher.” Tessa zeigte nicht, wie sehr es sie traf, dass er von ihrem „Ehemann” sprach. „O nein, Rosalind! Du darfst Satan nicht mit Eiscreme füttern! ” Kopfschüttelnd lächelte sie Isaac zu. „Die Kleine hast du offenbar völlig bekehrt.”
Er schenkte ihr wieder jenes warmherzige Lächeln, das sie bis ins Innerste berührte.
Tessa war dankbar, dass sie sich damit beschäftigen konnte, die überall vertropfte Eiscreme aufzuwischen. Sie hatte die Kinder so gut erzogen, dass sie in kleinen Gruppen mithalfen, die Räume für die Ferien herzurichten. Isaac beteiligte sich vergnügt an den Arbeiten.
„Du könntest im Garten die unentdeckten Schätze einsammeln”, schlug er Tessa vor, als er sich neben ein kleines Mädchen namens Elsie kauerte, das sorgfältig einen Tisch abwischte. • Wer hat hier das Sagen? wollte Tessa fragen, war jedoch froh, seiner Nähe zu entfliehen. Warum benahm er sich nicht weiterhin unmöglich? Dann hätte sie ihn viel eher hassen können.
Auf dem Spielplatz kontrollierte sie den Sandkasten mit einer Harke und sah in den Topfpflanzen nach. Offenbar waren alle Schätze gefunden worden. Schon wollte sie wieder hineingehen, als sie etwas Weißes zwischen zwei verrottenden Zaunlatten entdeckte. Sie konnte sich nicht erinnern, dort eine Muschel versteckt zu haben. Sie fand auch keine Muschel vor, als sie den Hof überquerte, sondern eine kleine, flache rechteckige Schatulle.
Darin lag der herzförmige Anhänger mit den Perlen.
Sie stand auf dem Schulhof, und Tränen liefen ihr über das Gesicht. Warum hatte Isaac das getan? Verstand er sie denn? Lag ihm etwas an ihr? Eines war sicher. Er brachte sie völlig durcheinander. Verzweifelt hielt sie die Tränen zurück, und es dauerte lange, bis sie das Gebäude betreten konnte.
Zu ihrer Erleichterung waren Isaac und Satan nicht mehr da.
Wenigstens brauchte sie ihn an diesem Abend nicht noch einmal zu sehen. Er hatte keinen Grund, bei der Probe der Hochzeitszeremonie aufzutauchen. Das sollte ihr den nötigen Abstand verschaffen, um sich auf Paul und ihre Zukunft zu konzentrieren.
Tessa stand am Abend auf den Stufen der St. James’ Cathedral, als Isaacs schwarzer Geländewagen samt Hundekäfig auf den Parkplatz fuhr.
Zum Teufel mit diesem Mann! Allein schon bei seinem Anblick fühlte sie sich zu ihm hingezogen. Wo war bloß Paul, wenn sie ihn brauchte?
Nigel Rivers, der hoch gewachsene blonde Trauzeuge
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