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Viel zu lange her

Viel zu lange her

Titel: Viel zu lange her Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Hannay
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des Bräutigams, war ein Kollege von Paul. Er hatte sie daheim mit der Entschuldigung abge holt, Paul habe noch bei Gericht zu tun.
    Als Isaacs Wagen auf einen freien Platz einschwenkte, entdeckte Tessa noch jemanden bei ihm.
    Das war doch ihre Brautjungfer mit dem fröhlichen Gesicht, der roten Jacke und den dunklen Locken.
    „Seltsam, Isaac bringt Alice mit”, sagte sie zu Nigel und dem Dekan der Kathedrale. „Das verstehe ich nicht.”
    Sie ärgerte sich. Warum ließ Alice sich ausgerechnet von Isaac mitnehmen? Sie war auf ihren kleinen roten Sportwagen stolz. Außerdem war Alice eine erfolgreiche Fernsehjournalistin und äußerst selbstständig. Paul fand sie sogar zu feministisch.
    Es wirkte jedoch nicht im Geringsten feministisch, wie Alice die langen dunklen Locken über die Schultern zurückwarf oder wie ihr kurzer roter Rock die schwarzen Tights fast in ganzer Länge enthüllte, als sie aus dem hohen Geländewagen stieg.
    Tessa war ebenfalls in dem Wagen gefahren und wusste, dass Alice keineswegs Isaacs galant angebotene Hilfe brauchte. Es war auch nicht nötig, dass sie ihn unter ihren sündhaft langen Wimpern so dankbar ansah, als hätte er sie aus einem flammenden Inferno gerettet.
    Wenigstens ließ Isaac ihre Hand los, als sie zu den Stufen der Kathedrale gingen. Das zufriedene Lächeln auf seinem attraktiven Gesicht schwand jedoch nicht. Darüber hinaus trug er zu einem hervorragend geschnittenen dunkelgrauen Anzug ein weißes Hemd mit einer schwarzen Seidenkrawatte, was seine perfekte Figur unübersehbar betonte. Kein Wunder, dass Alice ihn anhimmelte.
    „Hallo, du verliebte Braut”, sagte Alice mit dem für sie typischen schalkhaften Lächeln.
    „Zitterst du schon vor der drohenden Zeremonie?” fragte sie und blinzelte Tessa ermutigend zu.
    Tessa fühlte sich nicht im Geringsten ermutigt. Alice war ihre beste Freundin, die sie immer sehr gemocht hatte - bis jetzt. „Absolut nicht”, erwiderte sie steif. „Kennst du Reverend Joseph und Nigel Rivers, Pauls Trauzeuge?”
    „Ja, wir haben uns schon kennen gelernt”, versicherte Alice und zeigte den beiden jenes Lächeln, das sie vor der Kamera berühmt gemacht hatte.
    „Freut mich, Sie kennen zu lernen”, sagte Isaac höflich und gab den beiden die Hand.
    Alle grinsen sich gegenseitig an, dachte Tessa und hoffte, dass ihr selbst auch ein Lächeln gelang.
    Isaac richtete den Blick auf sie. „Guten Abend, Tessa.”
    Ihr Lächeln erstarrte. „Guten Abend, Isaac.”
    „Paul wurde durch einen ziemlich komplizierten Fall vor Gericht aufgehalten”, erklärte Nigel.
    „Er ist verärgert, aber es lässt sich nicht ändern.”
    „Pech”, bemerkte Isaac, und es klang sogar aufrichtig.
    „Gehen wir hinein.” Der Dekan führte die kleine Gruppe die Sandsteinstufen zu dem schweren, verzierten Holzportal hinauf.
    „Es ist nur eine kleine Hochzeit”, erklärte Nigel für Isaac. „Offenbar kennen Sie Alice, Tessas beste Freundin, schon.”
    „Ja, natürlich”, erwiderte Isaac und verwöhnte Alice wieder mit seinem umwerfenden Lächeln.
    „Wir kennen uns schon sehr lange.”
    Seit wann? Tessa biss die Zähne fest zusammen, um die Frage zurückzuhalten. Alice war mit ihr seit der dritten Klasse befreundet. Natürlich kannte Isaac sie, aber bisher war nichts von einer besonderen Freundschaft zwischen den beiden zu bemerken gewesen.
    Alice hatte fünf Brüder und war als Jugendliche unglaublich dünn gewesen. Außerdem hatte sie Sommersprossen und Zahnspangen gehabt. Und sie hatte stets versucht, das widerspenstige Haar mit einem Dutzend Haarnadeln zu bändigen.
    Die langbeinige, kurvenreiche Frau von heute entsprach absolut nicht mehr diesem Bild. Aus dem hässlichen Entlein war ein schöner Schwan geworden.
    In der Kathedrale nahm der Dekan einige Gebetbücher von einem Tisch und verteilte sie. Tessa betrachtete den roten Teppich im Mittelgang, die Kirchenbänke, Schalen und Kreuze und holte tief Atem. Sie war immer gern in Kirchen gegangen, und diese hier verschaffte ihr Ruhe und inneren Frieden. Ihr Blick schweifte zu den hohen Fenstern und der Gewölbedecke.
    Sie brauchte viel inneren Frieden. Das wurde ihr klar, als sie zusah, wie Isaac mit Alice gelassen die Kirche betrat. Was machte er hier? Wie sollte sie die Zeremonie proben, wenn er ihr zusah?
    „Du willst sicher nicht bleiben”, sagte sie zu ihm. „Es ist schrecklich langweilig. Wir … Paul und ich, wir können Alice heimbringen.”
    „Kommt gar nicht in Frage”, wehrte Alice ab

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