Viel zu lange her
jemals wieder gegenübertreten? Selbst wenn er sich noch zu ihr hingezogen fühlte, nützte ihr das nichts. Es änderte nichts. Die Umarmung hatte nichts mit Liebe zu tun gehabt. Lust hatte nichts mit den Voraussetzungen für eine beständige Beziehung zu tun - Liebe, Vertrauen, Übereinstimmung.
Tessa saß am Fenster und betrachtete im Morgengrauen die Cleveland Bay. Und sie redete sich ein, dass sie einen zuverlässigen Ehemann wie Paul Hammond brauche, der aus einer stabilen Familie kam und sich zutraute, seine Rolle innerhalb seiner eigenen Familie auszufüllen.
Sie trug Pauls Ring als sichtbares Zeichen für ihr Versprechen, ihn zu heiraten. Auf keinen Fall würde sie ihn vor dem Altar versetzen.
Sie stützte den schmerzenden Kopf in die Hände. Was für eine schreckliche Lage! Wäre Isaac doch nie zurückgekommen!
Es war nur ein schwacher Trost, dass die Zurückweisung des schönen Geschenks Isaacs letzte Gefühle für sie sicher ausgelöscht hatte. Jetzt war er frei und konnte verschwinden.
Sie ging zeitig zum Frühstück hinunter und war überzeugt, dass er längst fort war. Doch da saß er und schenkte sich seelenruhig Kaffee ein. Tessa wollte die Flucht ergreifen. Sie war nicht in der Lage, sich auf eine Auseinandersetzung einzulassen.
Oberflächlich betrachtet war alles normal. Rosalind hatte den Tisch auf der Terrasse mit einem bunt geblümten Tischtuch gedeckt und eine große Schale mit tropischen Früchten und sonnengelbes Geschirr darauf gestellt. Die tropische Wintersonne ließ das Wasser der Bucht glitzern und beschien den bunt leuchtenden Hang.
„Guten Morgen”, sagte Tessa so unbefangen wie möglich.
Isaac nickte zurückhaltend.
„Guten Morgen, meine Liebe”, antwortete Rosalind ungeduldig und wandte sich an Isaac. Sie schenkte ihm ein herzlicheres Lächeln, als Tessa seit seiner Ankunft bei ihr gesehen hatte. „Der Helfer, der alles für die Feier transportieren sollte, hat sich den Rücken verletzt.”
Bei ihr klang es, als hätte der Mann den Unfall absichtlich herbeigeführt, um ihr Probleme zu bereiten.
„Tut mir Leid, Rosalind”, erwiderte Isaac entschieden. „Wenn du hoffst, ich könnte dir helfen
…”
„Isaac”, unterbrach ihn Rosalind scharf. „Du darfst mich nicht im Stich lassen. Durch deine Rückkehr hast du Tessas Hochzeitspläne durcheinander gebracht.”
„Nichts ist durcheinander, Mum”, warf Tessa ein.
Isaac sah sie schweigend an.
„Freut mich, das zu hören, meine Liebe”, erwiderte Rosalind. „Isaac versteht schon, was ich meine. Es ist das Wenigste, was er machen kann, wenn er mithilft, dass deine Hochzeit schön wird.”
„Ich halte es für besser, abzureisen”, sagte Isaac ganz ruhig.
Tessa war enttäuscht, doch das war völlig albern. Schließlich wollte sie doch genau das.
„Entschuldige, Rosalind”, fuhr er fort und warf Tessa einen Blick zu, ehe er einen Schluck Kaffee trank. „Das letzte Mal habe ich dir um Tessas willen einen Gefallen erwiesen. Und ich war damals absolut nicht deiner Meinung, wie du sehr genau weißt.”
„Um meinetwillen? Isaac, wovon sprichst …”
„Es reicht, Isaac!” unterbrach Rosalind ihn, errötete und warf ihm einen scharfen Blick zu.
Es reichte absolut nicht! Tessa hatte plötzlich unzählige Fragen. „Mum, wovon ist die Rede?”
Rosalind und Isaac beachteten sie jedoch nicht, sondern sahen einander zornig an.
„Isaac”, drängte Tessa. „Willst du behaupten, du wärst um meinetwillen fortgegangen?”
Endlich sah er sie an, versuchte zu sprechen und schüttelte den Kopf. „Um deinetwillen, um meinetwillen. Es war für alle besser. Aber fangen wir nicht wieder damit an”, fügte er hastig hinzu, bevor sie ihn unterbrechen konnte. „Rosalind, es wäre auch jetzt am besten, wenn ich abreiste.”
Rosalind wurde unter dem Make-up blass. Man sah ihr deutlich an, dass sie sich die Antwort genau überlegte. Dann betrachtete sie Isaac über ihre Tasse hinweg. „Gestern hätte ich dir noch zugestimmt. Der arme Paul fühlte sich durch dein sagenhaftes Geschenk ausgestochen. Nun ist aber mein Helfer ausgefallen, und ich finde niemanden, der mir hilft. Ich habe einfach nicht die Zeit, glaub mir.”
„O ja, ich glaube dir, Rosalind.” Isaac lächelte spöttisch und biss in eine Melonenscheibe.
„Ich brauche jemanden, dem ich vertrauen kann”, fuhr Rosalind fort. „Und ich kann niemanden genau überprüfen. Wer weiß, wen mir eine Agentur schicken würde.”
„Womöglich jemanden, den sie
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