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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bewußtsein. Die Knochen seines Ge sichtes, seine Schläfen, seine Nase stachen spitz aus dem weißen Kissen hervor. Der Körper war eingefallen, skeletthaft, schon gestor ben, obwohl das Herz noch schlug. Kalter Schweiß stand auf der Haut, es roch scharf, als ätze er in den Poren.
    Dr. Tolax saß am Bett und fühlte den Puls. Er war kaum wahrnehmbar, aber er schlug, und das war beruhigend. Neben Dr. Tolax, auf einem Schemel, hockte Anita und sah unverwandt in das Gesicht Juans. Sein Anblick war erschreckend, aber sie erschrak nicht – sie sah nur ihr Kind, und sie hatte ihn gestreichelt und ihn leise mit vielen Kosenamen gerufen, daß Pedro, der im Hintergrund stand, aus dem Zimmer gehen mußte, um auf dem Gang laut aufzuheulen. Dort saß Elvira in einem Korbsessel und hatte die Hände gefaltet. »Wie geht es ihm?« fragte sie leise.
    »Er erkennt niemanden.« Pedro lehnte sich gegen die weiße Mauer und biß sich in die geballte Faust, die er gegen den Mund gedrückt hielt. »Die Mutter unterhält sich mit ihm. Ich ertrage das nicht mehr! Ich bringe diesen Ricardo Granja um!«
    »Er hat das auch nicht gewollt«, sagte Elvira sanft. »Er wollte Concha rächen. Er sieht das mit anderen Augen als Juan und Concha.«
    In seinem Zimmer stand Prof. Moratalla vor Dr. Osura, Dr. Albanez, Fredo Campillo und Ramirez Tortosa. Er zuckte mit den Schultern und hob hilflos die Arme.
    Seine Stimme war belegt. In ihr lag die grenzenlose Enttäuschung.
    »Meine Herren, ich muß es Ihnen sagen: Juan Torrico wird sterben müssen!«
    Dr. Osura faßte sich an den Kopf. »Das ist nicht Ihr Ernst, Herr Professor!« stotterte er.
    »Mein vollster, Herr Kollege.«
    »Aber sie haben doch vor drei Stunden noch gesagt, daß Sie operieren werden!« rief Campillo in höchster Erregung. Tortosa saß in einer Ecke und stierte vor sich auf den Teppich. »Wenn Juan stirbt, stirbt mit ihm die Hoffnung Spaniens, in der Kunstwelt wieder führend zu sein«, sagte er leise.
    »Mein Gott, ich kann ihn nicht retten!« schrie Moratalla. »Meine Versuche sind mißlungen. Vor einer Stunde habe ich die letzte Bestätigung erhalten! Es ist unmöglich, von einem Affenherzen etwas in ein Menschenherz zu transplantieren! Es geht einfach nicht. Wir brauchen da gar keine Illusionen zu haben!«
    »Dann muß eben ein anderes Herz heran!« schrie Dr. Osura.
    Moratalla nickte ein wenig spöttisch. »Bitte«, antwortete er. »Besorgen Sie mir eins, Herr Kollege. Ich muß es innerhalb sechsunddreißig Stunden haben, sonst nützt es nichts mehr.«
    Dr. Osura sah von einem zum anderen, dann wandte er sich ab und stellte sich in die dunkelste Ecke. »Es gibt keinen Gott mehr!« stieß er hervor.
    »Lästern Sie nicht, Doktor Osura«, sagte Moratalla hart. »Ich werde Juan einige Spritzen geben, daß er schmerzfrei stirbt. Es steht zu erwarten, daß er die Besinnung vor dem Tod noch einmal wiedererlangt. Es wäre grauenhaft, ihn dann wehrlos seinen Anfällen auszuliefern. Das ist das einzige, was ich tun kann.«
    Draußen vor dem Fenster, über den wippenden Baumgipfeln des Parkes, dämmerte der Morgen herauf. Der Himmel wurde streifig und fahl, es war, als sei das Land mit einem Schleier überzogen.
    Und plötzlich war die Sonne da, grell und golden stand sie in den Wolken und hob das Land aus der Nacht.
    Moratalla stand am Fenster und blickte hinein in die schrägen Strahlen, die in sein Zimmer drangen.
    »Was werden wir sehen«, sagte er langsam, »wenn diese Sonne dort hinter den Bergen untergeht?«
    Und es war keiner, der es wagte, ihm darauf eine Antwort zu geben …

3
    Anita war am Bett Juans eingeschlafen. Sie erwachte, als die Schwester ins Zimmer trat, um Juan das Fieber zu messen.
    Der Junge schlief. Die Ohnmacht schien in tiefen Schlaf übergegangen zu sein, sein Atem war stärker, und das Herz schlug hörbar. Das beruhigte Anita, und sie erhob sich, als die Schwester ans Bett trat, und ging hinaus auf den Gang, wo Pedro und Elvira saßen und ihr aus müden Augen entgegensahen.
    »Er schläft«, sagte Anita leise, als könne ihre Stimme ihn durch die Tür aufwecken.
    Pedro wollte etwas sagen, aber Dr. Albanez kam den Gang hinunter und wandte sich an Anita.
    »Der Herr Professor möchte Sie sprechen. Bitte, kommen Sie mit.« Und zu Pedro und Elvira gewandt: »Sie bitte auch. Es ist wichtig.«
    Er wandte sich um und ging voraus. Anita folgte ihm mit kleinen, tappenden Schritten. Prof. Moratalla sah ihr aus der geöffneten Tür seines großen Zimmers entgegen, in

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