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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Land zuwandte. Die Sonne umfloß ihn, und es sah aus, als gehe er in die Strahlen hinein.
    Aber er schritt nur langsam vorwärts, solange ihn die Mutter sehen konnte, denn er wußte, daß sie ihm nachblickte. Hinter dem Hügel aber, der ihn für sie unsichtbar machte, begann er zu rennen, bog auf die Straße nach Solana del Pino ein und lief sie entlang, dem Dorf entgegen. Bei den ersten Häusern fiel er wieder in seinen Bummelschritt, ging über den Marktplatz mit dem jetzt rüstig speienden Heiligen, blieb kurz vor dem Geschäft Ricardo Granjas stehen und lugte durch die Scheibe des Schaufensters. Er sah den alten Granja inmitten seiner Kramschätze stehen und mit einigen Bauern verhandeln und ging zufrieden weiter auf der anderen Seite aus dem Dorf hinaus und den kleinen Hang mit den Weinstöcken empor, auf dem das weiße Haus der Granjas lag und weit ins Land leuchtete.
    Das Haus lag in einem Garten, der umzäunt war mit weißgestrichenen Latten. Üppige Blumenbeete, auch in der heißesten Zeit gespeist von unterirdischen Wasseradern, zeigten den Reichtum Ricardo Granjas in einem Land, in dem man die Wohlhabenheit nach der Menge des verbrauchten Wassers maß. Hinter Palmen lag der breite gläserne Eingang des Hauses, der einen Blick gewährte auf rote Teppiche und geschnitzte, dunkle Möbel.
    Unschlüssig blieb Juan stehen. Es war sinnlos, hier Concha zu sehen oder zu finden, das sah er ein, als er in den Garten schaute.
    So blieb er am weißen Zaun stehen und schaute auf das große Haus. Er stand wohl eine Stunde so, verborgen hinter einem Busch blasser Rosen. Als er Concha nicht sah, wandte er sich traurig ab und ging den Weg zurück, den er gekommen war. Am Brunnen von Solana del Pino blieb er stehen und ließ das klare Wasser über seine Hände laufen. Es kühlte herrlich den Puls, und er fühlte, wie die Kälte in seinen Körper drang.
    Er wollte sich von dem plätschernden Krummstab des Heiligen abwenden und die Straße in die Berge weitergehen, als er Concha um eine Ecke biegen sah. Sein Herz zuckte auf, er lehnte sich an den steinernen Brunnenrand und sah ihr entgegen.
    Conchas Gesicht war gerötet, als sie Juan so stehen sah. Ohne ihn anzusehen, ging sie nahe an ihm vorbei, ganz nahe. Sie grüßte ihn nicht, sie wandte nicht den Kopf zu ihm hin – aber als sie an ihm vorbeiging, hörte er sie flüstern.
    »Komm mir nach vor das Dorf …« Und dann war sie vorüber und ging auf ihren schlanken, langen Beinen durch den Staub der Straße.
    Juan wartete noch ein wenig am Brunnen und kühlte sich wieder den Puls an dem Wasser. Erst, als Concha schon in den Bergen sein mußte, ging er langsam ihren Spuren nach, die deutlich zu sehen waren, denn sie trug kleine Schuhe mit hohen Absätzen, die ihre Beine zu denen eines Rehes machten. Die Hände in den Taschen, trat Juan jede Spur mit seinen Füßen, und es war ihm, als berühre er damit ihren Fuß und fühle sie körperlich.
    Vor Solana del Pino, wo die Hügel der Santa Madrona beginnen, saß Concha auf einem Stein in einer Wiese und wartete auf ihn. Er trat auf sie zu, hob sie zu sich auf und küßte sie, und sie küßte ihn wieder, und beide waren glücklich.
    »Du warst wieder krank, du armer Juanito«, sagte sie zärtlich und strich ihm über das schwarze Lockenhaar. »Doktor Osura habe ich getroffen. Und ich war sehr traurig, daß ich dich nicht sehen konnte.«
    Juan drückte sie an sich. Eine plötzliche Angst, Concha zu verlieren, machte ihn so stark, daß er sie an sich preßte, als wolle er sie in sein Inneres drücken. »Hat dir Doktor Osura nichts erzählt?« fragte er stockend.
    »Nein.« Sie sah zu ihm auf, sich seiner Stärke ergebend, und legte beide Arme um seinen Hals. Er spürte ihre warme, weiche Haut, den leichten Druck ihrer Brust, und er vergaß, daß er Angst vor der Zukunft ihrer Liebe hatte.
    »Ich habe mit Doktor Osuras Hilfe einen großen Schritt getan«, gestand er Concha, und seine Stimme war stolz. »Ich werde in einigen Tagen nach Toledo ziehen.«
    »Nach Toledo? Du? Was willst du in Toledo?«
    »Arbeiten. Ein großer Mann aus Madrid hat meine Steinfiguren mitgenommen, und sie waren gut, Concha, so gut, daß man mich jetzt studieren läßt.« Und als er sah, daß sie gar nicht glücklich war über seinen großen, ersten Erfolg, nahm er ihr Gesicht in seine Hände und fragte erschreckt: »Du freust dich nicht, Concha?«
    »Doch, Juan, doch. Sehr …« Aber es klang matt, und es war keine Freude in ihrer Stimme. »Wir werden uns

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