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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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seine.
    Pilar Granja war ein wenig erstaunt, als Concha zu ihr ins Zimmer trat und ohne Umschweife sagte: »Mutter, wir fahren nächste Woche nach Toledo.« Ja, sie zog die Augenbrauen hoch und meinte skeptisch: »Was will denn Vater in Toledo?«
    »Wir fahren allein, Mutter.«
    »Allein?! Das ist doch unmöglich!«
    »Aber warum denn? Wir werden einen Zug nehmen.«
    »Was soll ich in Toledo, Concha?« sagte sie und mußte dabei schnaufen.
    »Die Stadt ansehen, weiter nichts. Ich habe zu Vater gesagt, daß ich alt genug bin, Spanien kennenzulernen.«
    »Und da hat er ja gesagt?« Und als sie sah, daß Concha nickte, brummte sie: »Das sieht ihm ähnlich.«
    »In Toledo gibt es wunderbare Schmuckstücke, Mutter«, schwärmte Concha, und Pilar blickte auf und zeigte ein plötzliches Interesse. »Ich habe gelesen, daß es dort Goldschmiede gibt, die noch aus der Maurenzeit stammen. Vielleicht könnten wir uns einen Ring oder ein Paar wunderschöne Ohrringe aussuchen? Der Vater erlaubt es bestimmt.«
    Pilar lächelte. »Glaubst du das, Concha?«
    »Ich will ihn einmal fragen …« Sie wollte hinausgehen, aber die Mutter hob schnell die Hand. »Bleib hier!« rief sie. »Fragen!« Sie stand von dem Sessel auf, auf dem sie hockte, und stöhnte ein wenig, weil der Atem kurz war in des Leibes Fülle. »Wir werden fahren. Du hast recht. Wir sollten uns wirklich etwas mehr gönnen, wo es uns jetzt so gut geht.«
    Und Pilar ging an den Spiegel, ordnete ihre immer noch schwarzen Locken, denn sie hatte einen guten Friseur in Mestanza, und ging dann zu Ricardo Granja in das Herrenzimmer, um mit ihm das Problem eines Schmuckstückes aus Toledo zu besprechen.
    Concha saß unterdessen auf ihrem Zimmer vor einem Blatt Papier und war sich unschlüssig, ob sie Juan schreiben sollte, daß sie kommen würde. Nein, es soll eine Überraschung sein, dachte sie dann und legte das Papier zur Seite. Ganz unverhofft will ich vor ihm stehen, während die Mutter in irgendeinem Cafe sitzt und Sahnetorte ißt. Und dann werden wir uns küssen und so glücklich sein wie noch nie.
    Sie lehnte sich zurück und sah hinaus in den blühenden Garten. Ich werde ihm einige Blumen mitbringen, Blumen aus der Heimat. Und den Ring seines Vaters und Grüße von seiner Mutter. Das wird ihn trösten, wenn er Heimweh hat, denn er hat es bestimmt, ich weiß es, denn ich hätte es auch, wenn ich allein in Toledo wäre und an Juan denke. Am nächsten Morgen – sie hatte in der Nacht kaum geschlafen, denn Pilar hatte ihr gesagt, daß der Vater ihnen ein Schmuckstück erlaubt habe und einen Blankoscheck gegeben hätte – wanderte sie ein Stückchen aus Solana del Pino hinaus und ließ sich außerhalb des Ortes von einem Bauern in seinem Karren nach Mestanza mitnehmen. Dort kaufte sie für Juan ein. Ein Oberhemd, ein paar Manschettenknöpfe, eine gute Flasche Rotwein, eine große Schachtel Pralinen und ein Paar schöne, lederne Hausschuhe, damit er es sehr gemütlich habe, wenn er am Abend in seinem Zimmer saß und in den vielen Büchern lernen mußte, die er jetzt bestimmt hatte. Sie besuchte auch Dr. Osuras Praxis, aber sie war geschlossen, da er an diesem Tage in Puertollano Sprechstunde hielt. Sie steckte einen Zettel unter die Tür: ›Mutter und ich fahren nach Toledo, Juan besuchen‹, und sie war froh, daß sie alles, was sie kaufen wollte, bekommen hatte und nun Juan so erfreuen konnte.
    Schwer bepackt, ließ sie sich wieder nach Solana del Pino bringen, umschlich das Haus, kletterte über die Hecke und den weißen Holzzaun, eilte durch den Hintereingang ins Innere und verbarg ihre Einkäufe in ihrem Zimmer, in dem großen Kleiderschrank neben dem Bett. Wenn die Reise begann, würde sie einen großen Koffer mitnehmen, und es fiel nicht auf, daß er halb für Juan war, denn weder Pilar noch der Vater sahen nach, was Concha eingepackt hatte. Das wußte sie schon von kleineren Reisen her, und als sie nun alles versteckt und besorgt hatte, freute sie sich von Tag zu Tag mehr und tiefer auf die Stunde, in der sie der Vater nach Puertollano an den Zug bringen würde.
    Zum Zug, der zu Juan fuhr.
    Ihr Herz klopfte bei dem Gedanken, ihn wieder küssen zu können. Wie würde er sich freuen, sie wiederzusehen … der arme Juan in der großen, fremden Stadt, so ganz allein unter den fremden Menschen …
    In diesen Tagen des Wartens wurde sich Concha erst bewußt, wie tief und echt und unlösbar ihre Liebe zu Juan war. Und das erfüllte sie mit dem Glück, das jedes Mädchen

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