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Vielen Dank für das Leben

Vielen Dank für das Leben

Titel: Vielen Dank für das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Berg
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studierten Kalorien, Herkunftsgebiete, die Namen der Hühner, und sie würden Waren in ihre Wohnungen tragen, die sich selber belüfteten. Dort würden sie, homo- oder heterosexuelle Paare mit einem in vitro erzeugten Kind, Nahrung zubereiten. Ein Theater. Ein Studieren, Wiegen, Spitze-Schreie-Ausstoßen, und um acht kommen Torben und Reinald. Wein atmete seit Stunden, die Zwangsbelüftung versagte. Der Rest der Bevölkerung verzehrte Erzeugnisse, die aus Ersatzkäse und Ersatzfleisch bestanden, kaufte in Läden, gemacht, den Kunden zu demütigen und ruhigzuhalten, denn übergewichtige Menschen sind schlechte Revolutionäre, die dicken trägen Leute, denen außer essen kaum was einfiel, und selbst das machte doch keinen Spaß. Toastbrot, auf dem Wurst in Mickymausform lag, das schmeckte doch nicht, aber das machte voll und müde, und dann konnte man sich nicht mehr bewegen, und das war gut, denn wer wollte da lustwandeln, an der sechsspurigen Straße. Oder im Park. Hin und her, und Enten. Na ja, gut, dann eben Enten, und dann musste man doch wieder heim, in die Wohnung aus Backstein. Das Licht in den Supermärkten zu hell, die Waren in Pappkartons gelagert, die Angestellten so übergewichtig wie die Kunden. Hier kaufte der Arme Brotersatz, der vermutlich nie in die Nähe eines Kornes gekommen war, mit roter Farbe eingesprühtes Altfleisch in Kilobatzen. Der Alkohol war billig, vermutlich würde man an ihm erblinden. Dann halt. In die Läden der Wohlhabenden wagten sich die Armen nicht, eine Bevölkerungsgruppe, die ständig zunahm. Immer mehr lagen in Kellern und in Parks, teilten sich Zimmer in Abbruchhäusern. Über die nun offenen Grenzen des glücklich vereinten Europa kamen Menschenmassen, die hier etwas suchten, das anders war als die Hoffnungslosigkeit daheim, in Rumänien oder Russland oder egal wo, aus irgendeinem Land, wo man seinen angeborenen Status der Armut nur durch Kriminalität würde verlassen können. Die Städte Europas waren überfüllt, sie waren verdreckt, kleine Schneisen wurden für Touristen geschlagen, ein paar Fassaden geputzt, und es gab immer mehr Viertel, in die sich Reiche nicht mehr wagten. Es gab auch keinen Grund dazu, denn in den Quartieren der verarmten Mittelständler und Zuwanderer sah es überall gleich aus. Ein rasanter Verfall der Gebäude, Müll, der nicht mehr abgeholt wurde, weil sich die Fahrer der Stadtreinigung oft nicht in die Viertel wagten, sie sagten: Ich möchte das nicht sehen, dies Elend, es gibt doch ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Ein großartiger, komplett idiotischer Satz. Es gibt kein Recht auf nichts in der real existierenden Evolution. In der Altersforschung tat sich Erstaunliches, Wissenschaftler, die verschiedene Ansätze der Nano- und Hormontherapie verfolgten, gingen davon aus, dass man in einem Jahrzehnt so weit wäre, die Lebenszeit der Menschen fast verdoppeln zu können. Man experimentierte mit der Übertragung des Bewusstseins auf Avatare, Roboter oder Körperspender. Unklar, wie sich dieser Umstand auf die Überbevölkerung auswirken sollte, auf eine Gesellschaft, deren Durchschnittsalter in der westlichen Welt damals schon fast bei fünfzig lag. Todmüde Kinder waren ab und an zu sehen, ihre Schulzeit war um ein Jahr verkürzt worden, die Stundenzahl hatte sich verdoppelt, sie waren wie kleine Manager, die sich mit Pillen aufputschen mussten. Den jungen Menschen wurde unbehaglich, sie waren eine Minderheit, sie hatten keine Orte mehr zum Jungsein, zum Rebellieren, wogegen auch. Der Feind war verschwommen und saß in Banken. Der Feind saß in der Natur und erzeugte reale Katastrophenfilme. Der Feind war das Kapital, das alle wollten, auch die jungen Menschen, da war es schwer, das Dagegenkämpfen. Gedruckte Bücher und Zeitungen waren ein Randgruppenprodukt, ein Untergang war nirgends zu verzeichnen, von oben vielleicht, da hätte man ihn ausmachen können anhand all der Waldbrände, Orkane, der Völkerwanderungen, der Verschiebungen eines Gleichgewichts, das nie bestanden hatte. Aber wer schaut schon von oben auf die Welt, erst recht, seit das Raumfahrtprogramm eingestellt worden war. Amerika bankrott, da flog nichts mehr. Und unten, in den kleinen Lebenszellen, ging für die Menschen, die sich Universum genug waren, alles weiter wie gewohnt. Sie hielten sich für unsterblich, hatten Angst, aus den Städten in die Vororte vertrieben zu werden, weil doch keiner mehr auf dem Land leben wollte, weil es das Land doch kaum mehr gab, alles

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