Vielen Dank für das Leben
Hause bist. Toto nickte, verdrehte die Augen und übergab sich. Innerlich.
Wie wollt ihr mich über die Grenze bringen? fragte Toto. Unter dem Bus, flüsterte Hans, da ist eine Stahlkammer unter dem Bus, in der zum Beispiel ich mit dir liegen kann, seine Augen flackerten. Es ist immer einer aus der Gruppe dabei, wenn wir einen Menschen aus dem Sozialismus retten, ich meine, wenn wir einen Genossen. Der Hans hatte sich versprochen, er hatte zu viel verraten, und Toto wollte doch nichts wissen, es ging ihm unwirklich, vermutlich wegen der Müdigkeit, wegen des Entschlusses wegzulaufen, wegen des Lebens, das heute beginnen sollte, egal, er war müde, schon gut, sagte er. Also, fuhr der Hans fort, wenn die Grenzsoldaten, was noch nie passiert ist, das Versteck finden, besteht immer noch die Möglichkeit, dass der Bürger des sozialistischen Landes unentdeckt bleibt, während einer von uns aus der Stahlkammer steigt und behauptet, wir liebten diese Grenzerfahrung. Ha, das ist ein Wortwitz, sagte Hans und lachte. Die Hunde können den Menschen nicht riechen in der Stahlkammer, weißt du.
Toto willigte ein, die Gruppe zu begleiten, und fand sich kurz darauf von seinen neuen Freunden umringt. Für den Fall, dass Grenzpolizisten sie mit Teleskopen beobachteten, wäre außer Menschen in hässlicher Kleidung nichts Auffälliges zu bemerken. Die Gruppe drängte Toto zum Bus, schob ihn darunter, öffnete eine Klappe, und schon fand sich Toto in einem angenehm großen Versteck, dessen einziger Nachteil darin bestand, dass Hans sich neben ihn zwängte. Dann fuhren sie los. Oben sang die Kommunistencombo ein Lied, unten lag Toto und träumte von Grenzpolizisten, Hunden und langjährigen Gefängnisstrafen, er versuchte sich den Westen vorzustellen. Die achtziger Jahre waren in der Endrunde, im sozialistischen Teil des Landes berichteten die Staatsberichterstatter Furchtbares über die unmittelbar bevorstehende Explosion des Klassenfeindes; Drogenopfer in Ballen am Straßenrand, die schnelle Einsatztruppe tritt permanent die Wohnungstüren harmloser Rentner ein, das Land ist überzogen mit explodierenden Atomkraftwerken, Ausbeuter und Hundesöhne, wohin man blickt, die Obdachlosen nicht zu vergessen, denn wer als Humankapital nicht taugt, landet auf der Straße, hinter riesengroßen Flaschen mit von Pharmakonzernen gebranntem, blind machendem Alkohol. Toto versuchte sich vorzustellen, wie die Menschen dies Leben ohne jede Sicherheit ertragen konnten, er sah nichts mehr durch die Ritzen, es war dunkel geworden, und gerade wollte er einschlafen, da begann Hans zu reden.
Wir machen das
für den Gruppenzusammenhalt, diese Reisen, und um aktiv von unseren Genossen im realexistierenden Sozialismus zu lernen.
Sagte Hans. Die Gruppe besichtigte Stahl- und Walzwerke, sie verteilte Kleidung und Nussnougatcreme und durfte im Gegenzug an Parteiversammlungen teilnehmen. Sie hatte überdies in den vergangenen zwei Jahren drei Jugendliche aus dem Osten gerettet, die jetzt alle ein freies Leben führten, bis auf zwei, die drogenabhängig geworden waren, und einen, der sich umgebracht hatte.
Hans wollte so gerne reden, denn seit er in der Gemeinschaft lebte, hörte ihm keiner mehr zu, die Energie der Gruppe verhinderte feinstoffliche Extraleistungen.
Und der hörte nicht mal zu, der dicke Junge neben ihm, nicht mal so viel Anstand hatten sie heute, es hatte doch, verdammt noch mal, eine Ordnung in der Welt, die alles zusammenhält. Die die Menschen in Zaum hält, diese wilden Tiere, die eine Ordnung, die eine Entwicklung ermöglicht hat, befestigte Straßen und Medizin. Und wenn da jetzt jeder kommt und sagt: Ich ordne die Ordnung nach meinem Gutdünken neu, dann führt das ins Chaos. In Hans stieg die Wut hoch, die er so oft zu bekämpfen versuchte. Er schloss die Augen und wiederholte das Mantra, das Raimund ihm gegeben hatte. Unsere Pflicht ist es, die politische Konfrontation mit dem System, den bewaffneten proletarischen Gegenangriff vorzubereiten.
Kommunist war er noch nicht so lange. Ich war ein guter Bürger und Steuerzahler gewesen, begann Hans zu erzählen. Der dicke Junge schien munter zu werden. Ich war ein guter Bürger gewesen, fuhr Hans fort, voller Hoffnung, einen Zuhörer gefunden zu haben. Toto begab sich wieder an einen ruhigen Ort tief in sich.
Hans besaß ein nicht abbezahltes Eigenheim, mit dessen Raten er nie im Rückstand war, ich habe meine Raten immer vor dem Termin bezahlt, sagte er, als gäbe es gleich morgen eine
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