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Vielen Dank für das Leben

Vielen Dank für das Leben

Titel: Vielen Dank für das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Berg
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puderte sich ernsthaft ab, er wollte eine gute Show bieten, egal vor wem. Die sind doch nicht alle pädophil, das sind doch Ausnahmen, das sind doch wenige, die von Weihrauch träumen, von bestickten Soutanen, die holländische Maßschneider mit feinem Brokat umsäumen, und sich homoerotische Hoffnungen auf feiste Engel machen. Das war doch nicht die Regel, dass man sadistisch mit Knaben umgeht und gegen Schwule wettert, sie verfolgt, um von sich abzulenken, ich bitte Sie.
    Mit vierzehn fand der Pfarrer, damals noch Junge, zu Gott, was eigentlich nur bedeutete, dass er sich von dem uniformen Fleischkörper der Klassenkameraden mit dem Willen distanzierte, sich in gasförmige Spiritualität aufzulösen.
    Der Vater, das Testament, das klang ihm nach Reinheit und Gehröcken. Er mochte die Vorschriften, sie leuchteten ihm ein, er begriff Gott als das System, sich über das Menschsein zu erheben, das erbärmlich war in den Zeiten des Wachstums und mit Körperflüssigkeit zu tun hatte. Die Veränderungen seines Körpers ekelten ihn, die Haare, die da wuchsen, das Verlangen, das da entstand und kein Ziel kannte, der Geruch, der sich veränderte, nichts wollte er mehr, als wieder Kind sein, in Unschuld. Religion war Unschuld. War Wohlgeruch. War Kirchentag. War geschützte Werkstatt. In den Gott, da rutscht man doch so rein, es hätte jede andere Sekte sein können, doch der Gott war der dem Alltag nächste Guru, da standen keine Zerwürfnisse mit den Eltern im Raum, der Ausschluss aus der Gesellschaft war nicht zu erwarten, es galt sich keine Glatze zu scheren, keine roten Gewänder lagen bereit. Den Gott, den konnte man einfach so mitnehmen.
    Nach einem Jahr einsamer Studien, getragen von dem Gefühl der Einzigartigkeit, fand er in eine junge Gemeinde und erlebte den ersten Kirchentag.
    Zurückblickend schien es, als habe er Jahre in Zelten verbracht, mit fremden Jungen, mit nach Schweiß riechenden, halbnackten Jungen, zarte Muskeln und flaumige Wangen, mit aufgeregten Jungen, die ihre großen Schuhe vor dem Zelt parkten und am Morgen staunten im Duft des taunassen Grases, der sie weckte in seltsamen Umarmungen, aus denen sie sich verlegen befreiten. Bei einem der Kirchentage entjungferte er, um sich seiner Normalität zu versichern, eine junge Frau, deren Kreuz auf der Brust im Takt seiner Bewegungen schaukelte. Sie hatte immens große Brüste. Mariabrüste. Die Frau hieß Anna und war fünfzehn.
    Der Pfarrer schämte sich seiner Freude am Sex, und er wechselte vom evangelischen zum katholischen Glauben, dort fühlte er sich stärker, gnadenloser, unverfälschter. Evangelisch ist für Versager.
    Bald begann er mit seinem Theologiestudium.
    Was wird denn dein Beruf sein, fragten seine Eltern, die den Zugang zu ihm komplett verloren hatten, an ihrem kleinen Küchentisch, in ihrer kleinen Wohnung, die nach Mensch roch, und er sagte: Der Priester hat die Aufgabe, Jesus Christus als den guten Hirten gegenwärtig zu setzen. Und schaute in einer Weise altklug, dass seine Mutter Lust bekam, ihm etwas auf den Kopf zu schlagen.
    Das hatte sie dann doch gelassen, die Mutter, und gefragt: Ja, aber warum denn katholisch, täte es eine evangelische Pfarrei nicht auch, irgendwo im Schwarzwald, wo du in einem Pfarrhaus leben und Hühner haben kannst? Nein, unmöglich, er hatte sich in einen Rausch des Überirdischen gesteigert, vielleicht weil er sich für seine Freude am Geschlechtsverkehr und an Annas großen Brüsten verachtete und weil er seine weißen Beine verachtete und die Samenflüssigkeit auch unangenehm roch, er war hohlwangig geworden und hatte begonnen sich zu geißeln in einer verblödeten Rigorosität. Als er seine Weihe erhielt, war Anna in ihrem heimischen Badezimmer und gebar das Kind, dem sie Toilettenpapier in den Mund stopfte, damit es schwieg.
    Später war er dann Pfarrer des Wohnheimes junger Männer geworden. Und jetzt ging er predigen.

Und weiter.
    Toto faltete die Hände, das war schwierig, sie waren so dick, wie verschränkte Würstchen sahen sie aus, und der Hauspfarrer sprach von Sünde.
    Er hatte sich in Ekstase geredet, aus der ihn offenkundig nur ein rascher Infarkt würde retten können. Jenen aber, die uns auf die Probe zu stellen suchen, mit missgestaltetem Körperbau und glierender Sexualität, denen werden wir beherzt entgegentreten und uns von ihnen befreien, Korinther 237, erfand er, direkt vor Toto stehend, den der Speichel aus des Pfarrers Mund traf, und zeigte von der Kanzel. Nein, in der

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