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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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ihr unterwegs war. Jenny war eine Nachteule. Gleichzeitig stellte ich mir die Frage, ob es sinnvoll sei, eine Nachricht zu hinterlassen. Vielleicht führte das wieder zu Missverständnissen. Aber da ich eine Rufnummernübertragung eingerichtet hatte, würde sie mir so wieso auf die Schliche kommen. Also redete ich ganz unverbindlich aufs Band: „Hallo Jenny. Hier ist Bob. Bist du schon an Chris' Buch gekommen?“
Was redete ich da? Wollte ich dieses Buch wirklich noch haben?
Jenny rief nicht zurück. Ich sah sie auch am nächsten Tag nicht. Gibt es eine Steigerung für Langeweile?
    *
    Mein Vater rief Anfang August an und fragte nach dem Stand der Dinge, meiner Gesundheit und Chris natürlich. Dinge, die unmittelbar zusammenhingen. Je enger ich mit Chris zusammenarbeitete, je schlechter ging es mir. Und umgedreht.
Es ging mir prächtig, abgesehen von der Langeweile. Die trieb mich bereits hin und wieder hinaus in den Park, um Softballspielern zuzusehen.
Mein Vater war erschreckend ruhig am Telefon. Je ruhiger, je ernster, dachte ich und fragte: „Was ist los, Dad?“
Die Ruhe machte mir Angst. Ich fragte noch einmal: „Was ist los, Dad?“
Ich hörte ihn weinen. Das trieb mich in den Wahnsinn. Ich konnte nicht mal eben bei ihm vorbeifahren. Das würde schon 3 bis 4 Stunden dauern, und dennoch fragte ich: „Soll ich vorbeikommen?“ So, als wohne ich nebenan.
Als mein Vater sich wieder beruhigte, hörte ich, wie er sagte: „Kevin ist verunglückt.“ Was hieß verunglückt ?
„Was heißt verunglückt, Dad?“ Meine Stimme brach. „Ist er verletzt?“
„Er ist tot.“
„Ich komme“, sagte ich und beendete die Verbindung. Ein paar Sachen gepackt, ein Anruf bei Dr. Brisco, den Wagen aufgetankt, und auf ging‘s über die 82 nach Carbondale.
    Von da an weiß ich nichts mehr. Es ist wie ein Blackout.
Man sagte mir, dass mich zwei LKW eingequetscht hatten und ich danach viele Tage im künstlichen Koma gelegen habe. Hirnblutungen.
Als man mich nach zwei Wochen erstmals aus dem Koma holte, stand Jenny an meinem Bett. Mein erster Gedanke war: Das muss ein Traum sein. Was sollte Jenny an meinem Bett, wo ich doch gerade auf dem Highway fuhr?
Ich sah mich im Zimmer um. Das sah nicht wie ein Highway aus. Es glich einer Aufnahmestation von Gott. Überall piepte es, überall Kontrollgeräte.
Jenny lächelte mich an und nahm meine Hand. Ich wollte sie fragen, wo ich sei, doch meine Zunge und meine Lippen gehorchten mir nicht. Nichts gehorchte mir. Ich lag in einem Fesselanzug auf meiner eigenen Station, schien mir.
Jenny redete, aber ich konnte sie nicht verstehen. Nicht, dass sie zu leise sprach, nein, ich verstand die Bedeutung ihrer Worte nicht. Ich sah sie nur an und konnte nichts tun. Dann kam ein fremder Mann zu ihr. Später sagte man mir, es sei mein behandelnder Arzt gewesen. Dann verschwamm alles vor mir, und ich schlief wieder ein.
Sechs Wochen später holte man mich ein zweites Mal aus dem Koma. Diesmal war keiner an meinem Bett. Es war bereits Ende September. Ich hatte den ganzen September, den ich so liebte, verschlafen.
Diesmal gehorchten mir meine Lippen. Auch meine Zunge und meine Stimme. Ich rief: „Hallo?“
Eine Krankenschwester kam an mein Bett und streichelte meine Wange. „Dr. Koman, willkommen zurück.“ Sie kannte mich? Richtig, ich bin Dr. Koman. Bob, bitte, dachte ich. Ich schlief wieder ein.
Mein nächstes Erwachen war dann etwas länger. David, mein Bruder, stand an meinem Bett. Ich verstand das Spiel nicht. Augen zu, alles schwarz. Augen auf, Jenny am Bett. Augen zu, alles schwarz. Augen auf, Krankenschwester am Bett. Augen zu, alles schwarz. Augen auf, David am Bett. Wer würde das nächste Mal da sein, wenn ich die Augen schloss und wieder öffnete. Ich schloss meine Augen und öffnete sie wieder. David stand immer noch an meinem Bett und sah mich an. Ich versuchte es noch einmal. Vielleicht würde noch Dr. Brisco oder gar Chris erscheinen. Es klappte nicht. Das Spiel war aus. David blieb.
Ich fragte: „David?“
Er nickte. Richtig.
„Was ist passiert?“
Da sah ich, wie ihm Tränen übers Gesicht liefen. Es war doch nicht so schlimm, dass ich hier lag. Dafür musste er nicht direkt weinen. Ich hatte keine Schmerzen und war wohlig warm unter eine Decke gepackt.
„Hey“, sagte ich, doch er hörte nicht auf. Er entzog sich meinem Blick und setzte sich ans Fenster auf einen Stuhl.
„Hey“, sagte ich noch einmal.
Eine Krankenschwester kam herein und redete mit David. Da beide flüsterten,

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