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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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Nachnamen angesprochen hatten. Erst kurz vor seinem Selbstmord entschlossen wir uns, zu den Vornamen zu wechseln.
„Es geht um Sarah.“
Hamond nahm seine Lesebrille ab. „Ja, und was ist mit Sarah?“
„Sie nähert sich Christopher Gelton. Mehr als es gut ist.“
 „Das wollen Sie beurteilen?“, fragte er bissig.
„Ich habe es gesehen. Beide scheinen etwas füreinander zu empfinden.“
„Und woran machen Sie das fest? Haben Sie beobachtet, dass sie sich in verfängliche Situationen begeben?“
„Nein Sir, es ist die Art, wie sie miteinander reden.“
„Und die wäre?“
„Sehr emotional.“
„Kann emotional auch nett sein?“
„Sicher, Sir.“
„Also sagen wir, sie haben sich nett miteinander unterhalten, okay? Dabei belassen wir es erst einmal.“
Ganz klarer Rausschmiss!
Ich überlegte Dr. Brisco einzuschalten.
Auf dem Heimweg kam mir der Gedanke, dass ich immer an eine Homosexualität bei Chris gedacht hatte. Seine Vorgeschichte gab klare Anzeichen dafür her. Aber vielleicht lag bei ihm, genau wie bei seinem Vater, eine Neigung zur Bisexualität vor.
    *
    Jenny wurde immer entspannter, seitdem sie nicht mehr die Arbeit von Chris im Unterricht analysierte.
Als ich ihr von meinen Beobachtungen erzählte, wurde sie sogar bissig. „Kannst du es nicht mal gut sein lassen und nur deine Arbeit machen?“, fuhr sie mich plötzlich an.
Ich hielt das Buch in die Höhe und biss zurück: „Und was ist hiermit? Das war unser beider Idee!“
„Gib es Chris zurück und sag ihm, du hast keinen Bock mehr auf seine Spielchen.“
„Und das Loch im Zaun?!“, schrie ich aufgebracht.
„Das Loch? Was für’n scheiß Loch?“
„Im Zaun! Hast du das schon wieder vergessen? Da ist doch einer durch von unseren Patienten. Die Bremsen von Mrs. Twielang! Hallo! Die Bremsen waren sicherlich präpariert! Hallo!“
Jetzt reichte es auch Jenny. Sie zog sich kurzerhand einen Mantel über, rief Ben an und verabredete sich mit ihm in irgendeiner Bar.
Der Knall der Haustür hinterließ große Wut in mir. Ich holte die Johnny Walker Flasche aus dem Kühlschrank, goss den Rest in mich hinein, griff zum Stift und schrieb ins Buch:

Kerl, ich habe keine Lust mehr auf den Bullshit! Schreib hier rein was du willst, aber behalte das Ding für dich! Gib es mir nie wieder. Lass mich in Ruhe damit! Lass Jenny in Ruhe! Sonst bring ich dich um! Und das ist mein Ernst!
    Ich knallte das Buch zu und ließ es in meiner Arbeitstasche verschwinden. Ohne nachzudenken legte ich es direkt am nächsten Morgen in Chris‘ Zimmer. Danach hatte ich viel Büroarbeit. Viele Berichte waren zu erledigen. Ich hasse das! Und ich hatte nur 4 Stunden! Scheiß Halbtagsjob! Geld war auch zu knapp!
Ich bringe ihn um, dachte ich fortwährend, fuhr nach der Arbeit in die nächste Kneipe und ließ mich volllaufen.
Jenny holte mich ab, als ich unter dem Tresen lag. Ihr Bruder war dabei und sah mich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder in diesem erbärmlichen Zustand.
Am nächsten Tag war ich krank. Katerkrankheit!
    *
    In meinem Büro lag ein Zettel: Christopher Gelton fällt heute aus. Bitte zu Dr. Brisco ins Büro.
Scheiße!, dachte ich, und mir fiel die kopflose Eintragung in Chris‘ Buch ein. Ich hatte eine Morddrohung niedergeschrieben! Scheiße, scheiße, scheiße! Damit war ich meinen Job los. Was konnte ich vorbringen, um mich vor diesem Gespräch erfolgreich zu drücken? Zeit gewinnen. Irgendwie. Jede Stunde zählt.
Ich sah in meinen Dienstplan. Mist, der war auch leer. Was war hier los? War ich etwa schon entlassen? Ich sah wieder auf meinen Schreibtisch. Alles ordentlich. Es war Anfang Juni. Ferienbeginn. Auch für mich? Hatte ich Urlaub angemeldet und es vergessen? Aber was sollte dann dieser dämliche Zettel auf meinem Schreibtisch.
Ich sah zu meiner Tür, ob überhaupt noch mein Namensschild dort hing. Ja, tat es. Das beruhigte mich.
Vorsichtig klopfte ich zunächst an Dr. Hamonds Tür. Wollte kurz wissen, was bei Dr. Brisco anstand. Das Büro war abgeschlossen, keiner drin.
Sarah war weg. Chris war weg. Wen ich traf, war unser Superpfleger für alle Fälle, Josh. Ich grüßte und fragte: „Was ist hier los? Alle weg?“
„Besprechung bei Dr. Brisco. Ferienprogramm.“
Josh wusste es, ich nicht. Hatte ich was verpasst?
„Ah“, sagte ich wissend, und meine Angst, es könnte wegen Chris‘ Buch sein, ließ schlagartig nach. Mein Mut wuchs wieder, und ich klopfte mit hervorgestreckter Brust bei Dr. Brisco an.
Josh hatte Recht:

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