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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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meinem Bett. Ich lag beim Doktor Sowieso im Heim. (Habe den Namen vergessen.) Meine linke Hand war verbunden.
Der Arzt zog meine Augenlider hoch und leuchtete mit einer Taschenlampe hinein. Wollte er in mein Hirn sehen? Also, wenn ich ehrlich bin, weiß ich gar nicht, ob ich eins habe. Einer sagte mal Hirnloser zu mir. Aber irgendwo musste doch der ganze Schulstoff hin.
„Christopher?“, fragte Dr. Sowieso. „Kannst du mich hören?“
Ich nickte. Ja, laut und deutlich.
Er ging weg, und Bob kam. Er sah gar nicht gut aus. Seine Augen waren rot umrandet. So hatte Brad immer nach dem Saufen ausgesehen. Soff Bob etwa auch?
„Hallo“, sagte er zu mir.
Mr. Mintz würde fragen: „Was hast du dir dabei wieder gedacht?“
Aber Bob fragte: „War der Ausflug schön?“
Ich nickte. Nur etwas kalt und lang.
„Wo wolltest du denn hin?“, fragte er weiter.
Ich sagte: „In die Stadt, dir ein Weihnachtsgeschenk kaufen. Aber ich habe die Stadt nicht gefunden.“
Bob rieb sich die Augen und wandte sich ab. Er seufzte. Dann verließ er das Zimmer. Er war sicher zu gerührt von meiner Idee.
Als ich wieder in mein Zimmer gehen durfte, hörte ich Bob und Mr. Mintz streiten.
„Das muss aber sein!“, schrie Bob. Ich wusste gar nicht, dass er so schreien konnte.
„Unmöglich!“, schrie Mr. Mintz zurück. Die beiden konnten sich wohl überhaupt nicht leiden.
Ich war froh, mit Jason so gut auszukommen.
Als ich in mein Zimmer kam, war Jason weg. Sein Bett war leergeräumt, genau wie der Schrank und der Schreibtisch. Er hatte eine Pflegefamilie gefunden. Ich konnte mich nicht von ihm verabschieden. Schade.
Ich war nun alleine und bekam auch keinen neuen Zimmergenossen. Wer sollte schon zu mir passen?
Das Zimmer wurde leergeräumt. Nur noch mein Bett, Schrank und Schreibtisch blieben drin. Dafür hatte ich jetzt ein riesengroßes Zimmer für mich allein. Könnte man Krafttraining drin machen. Aber das brauchte ich nicht mehr.
Ich fragte Bob, ob ich meinen Rekorder wiederhaben könne, um Klaviermusik zu hören. Abends, ganz leise. Versprochen. Nicht länger als zehn, Ehrenwort! Ich war doch einsam!
Bob rang um Worte: „Das darf ich dir nicht erlauben.“
Ich nickte. Mr. Mintz war der Chef und brauchte das Ding selber. Hoffentlich war meine CD nicht zu sehr abgenutzt.
„Aber, was ich kann“, sagte Bob, „hier ihn meinem Büro mit dir zusammen Musik hören.“
Das war eine klasse Idee! Eine Musikstunde mit Bob.
Ich brachte das Bild meines Vaters mit und zog den Sessel von Mr. Mintz in Bobs Büro.
Das gab wieder mächtig Ärger, und die Musikstunde fiel aus. Was hatten nur alle gegen richtige Gemütlichkeit?
Ich musste weinen im Zimmer. Nichts mehr war wirklich schön. Jason war nicht mehr da, jetzt konnte ich weinen, ohne, dass es einer merkte.
Ich hätte so gerne Klaviermusik gehört.
    Mr. Mintz holte mich in sein Büro und sagte mir, dass ich ein sehr kluger Junge sei. Das freute mich. Ich machte wohl wieder alles richtig.
Er sagte, weil ich so klug sei, gäbe er mir eine Woche schulfrei für ein Berufspraktikum. Das hatte ich noch nie gehört.
„Was ist das?“, fragte ich interessiert. Es war immer spannend, etwas Neues zu lernen.
Mr. Mintz erklärte mir: „Du darfst eine Woche zu einer Arbeitsstelle hin und dir die Arbeit anschauen. Das nennt man, einen Einblick bekommen .“
Ich fragte, zu welcher Arbeitsstelle ich denn dürfte.
„Das sagt dir Bob. Er hat sie für dich ausgesucht.“
Ich liebte Bob. Er wusste immer, was mir guttat. Am meisten machte es mich stolz, dass Bob mir schon eine richtige Arbeit zutraute. Ich war wahrscheinlich so gut in der Schule, dass ich sie bald verlassen durfte.
Gegen Abend kam Bob zu mir ins Zimmer und setzte sich auf mein Bett. Ich konnte ihm leider keinen Stuhl anbieten. Den einzigen, den ich besaß, brauchte ich gerade selber.
„Alles klar?“, fragte Bob und sah auf meine Schulsachen, die ich über den ganzen Schreibtisch ausgebreitet hatte. Ich war wirklich tüchtig.
„Hat Mr. Mintz mit dir gesprochen?“, fragte er.
Ich nickte.
„Was hat er denn gesagt?“
Ich sah Bob an. Das müsste er doch wissen! Aber ich erklärte es ihm noch einmal. „Dass du mir eine Arbeitsstelle gesucht hast.“
Bob nickte. „Richtig … nein, nicht ganz. Ich habe dir eine Praktikumsstelle besorgt. Das ist ein Unterschied. Zu einer Arbeitsstelle geht man jeden Tag und bekommt Geld dafür. Zu einer Praktikumsstelle geht man ein oder zwei Wochen hin, um eine Arbeit kennenzulernen und bekommt kein Geld dafür.

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