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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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Bob, wann ich die Bilder wiederhaben dürfte. Bob bat mich jedoch, sie noch eine Weile behalten zu können. Er wolle sie noch einzeln ansehen.
„Klar“, sagte ich.
Ich fragte Mr. Mintz, ob ich bald neue Ölfarben bekommen könnte. Er sagte: „Nein!“
Das verstand ich nicht.
    Bob rief mich ins Büro. Er hatte sich meine Bilder angeschaut und wollte mit mir darüber reden.
Klar doch!
Erst wollte er nicht so richtig mit der Sprache raus, aber dann fragte er: „Sind das alles männliche Glieder?“
„Penisse“, sagte ich unbekümmert. Das sah man doch!
Bob wollte wissen: „Warum sind sie manchmal rot und manchmal schwarz?“
Endlich hatte ich jemanden gefunden, mit dem ich über das Onanieren sprechen konnte.
Ich erzählte ihm die Geschichte, als ich Brad nachts unten im Wohnzimmer vor dem Fernseher onanieren gesehen hatte. Es hatte mir anschließend viel Ärger gebracht. Ärger ist schwarz.
Bob stellte fest: „Also, immer wenn du Ärger mit …“, er zeigte zwischen seine Beine, „… hast du sie schwarz gemalt.“
Ich sagte: „Ja.“ So ungefähr.
Bob schickte mich wieder raus. Ich war enttäuscht, dass ich nicht mehr mit ihm über das Thema sprechen konnte. Vielleicht ein andermal.
Am nächsten Tag musste ich wieder zu Bob ins Büro. Er sah mich an und sagte: „Du hast 417 schwarze Glieder gemalt.“
Waren das so viele?
„Oh“, sagte ich peinlich berührt.
Bob meinte, dass ich unbedingt eine Therapie bräuchte, er das aber nicht machen könne."
Ich fragte: „Warum?“
„Dafür bin ich hier nicht eingestellt. Ich werde einen guten Therapeuten von draußen suchen. Vertrau mir.“
Ich vertraute ihm. Er fand keinen. Er war der Einzige, der das tun konnte. Aber er durfte nicht.
    Weihnachten kam. Die Flure wurden geschmückt.
Ich hatte kein Gefühl für Weihnachten, aber ich erinnerte mich, dass meine Eltern kurz nach Weihnachten geheiratet hatten. Ich fand mal ein Foto von ihrer Hochzeit. Da war noch ein Tannenbaum im Hintergrund. Und viele andere Gesichter. Jim, Patricks Vater, war auch dabei gewesen. Und Linda, Patricks Mutter.
Das brachte mich wieder zu meinem Vater. Wo konnte ich neue Informationen über ihn bekommen? Ich wollte doch so werden wie er. Wie konnte ich das, wenn ich nicht wusste, wie er war?
Ich ging also zu Bob und fragte: „Kannst du mir was über meinen Vater erzählen?“
Bob zögerte, das merkte ich. Er sagte: „Dein Vater hat dich auf die Welt gebracht.“
Wow! Mein Vater! Und? Was noch? Ich sah ihn an.
„Er sah fast so aus wie du. Und du siehst verdammt gut aus.“
Das schmeichelte mir.
Bob sagte, dass er jetzt keine Zeit mehr habe und schickte mich raus. Die paar Informationen reichten mir überhaupt nicht. In diesen Ordnern stand bestimmt noch vieles mehr. Ich musste irgendwie an diese Ordner kommen. Das würde bestimmt verdammt schwer werden.
    Zunächst einmal mussten meine Schulleistungen wieder richtig gut werden. Die hatten in letzter Zeit etwas nachgelassen, weil mich so viele Dinge beschäftigt hatten. Doch als ich mir wieder Mühe gab, floss der Stoff wie Honig in mich hinein.
Außerdem durfte ich auf keinen Fall mehr gegen irgendeine Regel verstoßen. Ich musste also mit meinen Ideen etwas vorsichtiger sein. Auch wenn sie gut waren. Aber sie erregten immer Aufsehen. Das durfte mir in nächster Zeit nicht passieren. Alle mussten merken, wie sehr sie mir jetzt vertrauen konnten.
Ich stand auf dem Flur und las jeden Tag die Hausordnung. Ich lernte die verdammten 25 Regeln wie das Alphabet auswendig. Ständig murmelte ich vor mich hin, um sie ja nicht zu vergessen.
Mr. Mintz bestellte mich in sein Büro und sagte, dass er in den letzten Wochen sehr zufrieden mit mir gewesen sei. Ich solle so weitermachen, und er sage mir eine große Zukunft voraus.
Ich dachte, das muss wohl an Weihnachten liegen. Da wurden alle immer so wohlig gelaunt.
Ich sagte den anderen Jungs, dass sie sich mehr um die Regeln bemühen sollten.
Der Bunker blieb wochenlang leer.
Ich hatte mich zu einem Musterschüler gemausert und war zufrieden. Meine Bilder bekam ich allerdings immer noch nicht wieder.
Das Verhältnis zu Bob wurde wieder besser, weil ich nicht mehr therapiert werden musste.
Alle vertrauten mir. Bald konnte ich versuchen, an die Ordner zu kommen.
    Bob und ich saßen mal wieder in seinem Büro, als er plötzlich auf die Uhr sah und eilig wurde. Ich malte noch. Ich durfte bei ihm im Büro immer malen. Allerdings nur mit Wasserfarben und unter Aufsicht. Das war okay. Ich konnte die Farben

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