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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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großartiges Frühstück mit Plätzchen und Klaviermusik. Ich versank vor Glück und stopfte mir Plätzchen rein. Die Musik ließ mich alles vergessen.
Danach überreichte Mr. Mintz allen ein Geschenk. Das waren dann Handschuhe, Mützen, Bücher und so. Nur ich bekam keins. Ich war entsetzt und blieb als Letzter stehen, während alle mit ihren Geschenken in ihre Zimmer gingen.
Mir stiegen die Tränen in die Augen.
Dann trat Bob vor und überreichte mir ein flaches, viereckiges Geschenk. Es war blau eingepackt. Aber die Schleife war rot.
Ich vergaß sofort meine Tränen und riss das Papier auf. Es befand sich ein Bilderahmen darin. In dem Rahmen war ein Bild von meinem Vater! Eins, dass ich noch nicht kannte! Noch nie gesehen hatte! Wo hatte Bob das her?
Bob sagte: „Das ist dein Vater, als er 23 Jahre alt war.“
Ich nickte, drückte das Bild an mein Herz und weinte. Dann musste ich es wieder ansehen. Ich dachte zuerst, man hätte vielleicht ein Bild von mir dort eingerahmt.
Es war das großartigste Geschenk, das ich je bekommen habe. Ich nahm Bob in die Arme und drückte ihn wieder fast zu Tode.
Mr. Mintz wollte ich nicht drücken. Der schaute nämlich ziemlich finster drein.
    Weihnachten war wundervoll. Ich hatte bis dahin nicht gewusst, wie schön das Fest sein konnte.
Der riesige Tannenbaum, der in dem großen Flur des Schulgebäudes stand, war großartig. Ich musste immer hinsehen, wenn ich vorbeiging. So schön war der.
Ich wollte mich zu gerne mal mit einem Sessel davorsetzen, um ihn stundenlang anzusehen, aber Mr. Mintz wollte seinen Sessel sofort wieder zurück in seinem Büro haben.
Der Boden war zu kalt zum Sitzen.
Ich dachte, dass es Zeit würde, Bob auch endlich mal ein Geschenk zu machen. Er wollte kein Bild von sich gemalt haben. Sagte, er hätte schon genug von mir, was ihn erfreuen würde. Vielleicht hatte er auch Angst, dass sein Mund gequält aussehen würde.
Ich fragte Mr. Mintz, ob ich mal alleine in die Stadt dürfte. Er antwortete: „Nein, noch nicht.“
„Warum?“, fragte ich. Die Anderen dürften das auch.
Er sagte: „Die Anderen sind auch schon länger hier als du.“
Das verstand ich nicht. Aber was verstand ich schon?
Ich verstand sehr schnell, dass die große Türe des Schulgebäudes nicht verschlossen war. Dort hinaus ging es in die Freiheit. Dort war ich durchgegangen, als Mr. Mintz mich hergeholt hatte.
Warum sollte ich mich nicht einfach unter die anderen Freigänger mischen, ohne dass Mr. Mintz etwas merken würde?
Ich wusste keine Antwort, die mich davon abhielt.
Abends um fünf, als es schon dunkel war, ging ich also los, um Bob noch ein Weihnachtsgeschenk zu holen. Doch solange ich auch ging, ich konnte die Stadt nicht finden. Die Häuser wurden immer weniger, bis ich kaum noch ein Haus sah. Straßenlampen gab es auch immer seltener, mir wurde kalt. Ich war weiß Gott wie viele Stunden schon gelaufen und ich musste doch noch den ganzen Weg zurück! So weit konnte die Stadt doch nicht sein!
Wenn Geschenke kaufen so anstrengend war, würde ich das nie wieder tun. Dann würde ich sie in Zukunft lieber selber machen.
Und so lief ich und lief, bis die Schmerzen in meinen Füßen so groß wurden, dass ich mich setzen musste. Ich fand eine Bank unter einer Lampe und sank darauf zusammen. Kurze Zeit später hielt dort ein Bus und der Busfahrer fragte, ob ich mit wolle.
Ich fragte ihn: „Wohin denn?“, denn das wollte ich vorher schließlich wissen.
Er schloss wieder die Tür und fuhr weiter.
Ich würde niemals mit Fremden mitfahren, die mir nicht sagten, wohin sie mit mir fahren würden.
Ich zog meine Schuhe aus und sah, dass mein linker Fuß blutete. Cool, dachte ich, dann könnte ich doch ein bisschen malen. Ich drückte die Wunde ganz fest zusammen, konnte aber nur ein paar Tropfen herausdrücken. Das reichte gerade einmal für ein paar Punkte auf der Bank. Sah aber gut aus.
Im Mülleimer neben der Bank fand ich eine kaputte Bierflasche. So eine, wie Brad sie immer zum Frühstück trank. Ich entdeckte, dass sie scharf wie ein Messer war und schnitt mir in den Handrücken. Uiihh, das tat doch etwas weh. Das nächste Mal sollte ich wieder den Arm nehmen. Aber Blut floss genug. Ich konnte die ganze Holzbank anmalen. Dann wurde mir schwindelig. Das Blut wollte nicht aufhören zu fließen.
Meine Knie sackten weg.
Ich hörte noch, dass ein Wagen anhielt und jemand rief: „Wir haben ihn.“
Dann schlief ich ein. War wohl schon nach zehn.
    Als ich wieder wach wurde, lag ich nicht in

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