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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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wohl handeln?
Meine Stimmung wurde wieder schlechter. Die Traurigkeit kam wieder. Noch doller als vorher.
Mr. Mintz kam aus dem Urlaub wieder.
    Vor Mr. Mintz‘ Büro war ein riesen Menschenauflauf. Ich sah, dass er wie ein wilder Stier umher rannte und dachte bei mir: Oh, Gott, er hat das Paket entdeckt!
Ich rannte an der Menge vorbei, über den Hof ins Schlafgebäude in mein Zimmer und schloss ab. Mein Atem wollte sich gar nicht mehr beruhigen. Aus der Nummer würde ich niemals lebend herauskommen!
Die Bücher mussten verschwinden! Ich nahm sie unter meinen Pullover, rannte wieder runter, hinter den Sportplatz und vergrub sie unter einem Baum. Ich sah wie ein verdreckter Maulwurf aus.
Da hörte ich auch schon Mr. Mintz schreien: „Christopher! Einer hole mir diesen Knaben!“
Ich dachte: Das hat aber lange gedauert.
Man fand mich schnell, denn ich war ja schon in der Nähe. Sie schleppten mich mit mindestens hundert Mann wie einen Gefangenen zu Mr. Mintz. Der sah mich an und fragte ganz leise: „Wo sind die Bücher und Fotos?“
Ich versuchte, mein Gesicht nicht rot werden zu lassen und sagte: „Welche Bücher, Sir?“
Ich glaube, ich hörte ein Knurren, wie von einem Hund. Mr. Mintz sagte: „Gib mir deinen Schlüssel.“
Den zog ich aus meiner Hosentasche und gab ihn Mr. Mintz. Er ging mit strammem Schritt weg, während ich in den Fängen der anderen auf ihn warten musste.
Mir fiel ein, dass die Fotos noch in meinem Nachtschrank lagen, und mir wurde Angst und Bange. Einer sagte: „Den hängen wir heute noch auf!“
Wurde man hier für's Stehlen aufgehängt?
Mir wurde schwindelig. Ich hatte noch nie gesehen, dass hier einer aufgehangen wurde. Aber vielleicht hatte auch noch nie jemand etwas gestohlen. Dann war ich heute der Erste!
Sollte ich versuchen abzuhauen, bevor Mr. Mintz mit der Schlinge zurückkam?
Irgendwie dachte ich plötzlich an die Geschichte meines Vaters, als er zum Schluss versucht hatte, seinen Freund Jim aufzuhängen. Er hatte dafür nicht einmal Gefängnis bekommen. Nur Krankenhaus, wo er immer schlafen durfte. Was also sollte Mr. Mintz davon abhalten, mich aufzuhängen, wenn er dafür noch mehr Erholung bekäme.
Ich dachte: okay, es bleibt mir nur diese eine Chance. Ich musste weglaufen.
Also riss ich mich los und rannte. Und rannte. Jemand stellte mir ein Bein, und ich rutschte und rutschte, auf dem glattpolierten Boden mit dem Kopf voran, bis vor die große Eingangstüre der Schule. Ich sah noch, wie sie näher kam. Dann hörte ich einen Knall in meinem Kopf, und alles war schwarz.
    Ich wachte in einem Krankenhaus wieder auf und alles war verbunden am Kopf. Wie ein Helm. Warum lag ich hier? Was war passiert?
Eine Krankenschwester kam rein und telefonierte an meinem Bett mit dem Arzt. Ich hörte, wie sie Dr. Jason sagte.
Ich war bei Dr. Jason! Gott sei Dank!
Der kam dann auch und gab mir die Hand. Das tat gut. Er sagte: „Du hast dir furchtbar den Kopf gestoßen. Dabei ist dein Schädelknochen etwas gerissen. Jetzt musst du ganz ruhig liegen, dann heilt alles zusammen und du kannst wieder heim gehen.“
Heim?
Apropos Heim! Ich wollte sagen, dass das nicht ginge, denn dort würde man mich aufhängen. Aber ich konnte gar nicht sprechen, obwohl mein Mund gar nicht verbunden war. Ich fühlte mit der Hand, ob mein Mund noch da war. Ja, war er. Aber er konnte nicht sprechen.
Dr. Jason sagte: „Du musst nur ruhig liegen. Dann wird alles wieder gut.“
Ich hätte so gerne nach Bob gefragt, aber mein Mund sprach keine Worte mehr aus.
Ich glaube, ich habe mein halbes Leben bei Dr. Jason verbracht.
    Mr. Mintz kam mich besuchen. Er brachte mir meinen Rekorder mit und ließ Geigenmusik laufen. Er sagte nichts mehr von den Büchern. Auch nicht, ob er die Fotos in meinem Zimmer gefunden hatte. Aber das lag doch klar auf der Hand.
Bob kam nicht. Auch Jim nicht. Nur Mr. Mintz, Mr. Milland und Jamie. Sonst keiner.
Es waren immer viele Krankenschwestern um mich, die mich wuschen und mir beim Essen halfen. Trinken musste ich mit einem Strohhalm. Gott sei Dank bekam ich beim Waschen keinen steifen Penis. Also bei Frauen funktionierte das nicht, auch wenn es bei Sandy sehr schön gewesen war.
Dr. Jason untersuchte ständig meinen Kopf und die Reflexe. Ich weiß zwar nicht, was Reflexe wirklich sind, aber sie machen immer, dass es irgendwo bei mir zuckt. Das machte einen riesen Spaß. Dr. Jason hatte sich einen neuen  Praktikanten genommen. Den hätte ich gerne besucht, aber ich durfte nicht aufstehen.

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