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Vier Äpfel

Vier Äpfel

Titel: Vier Äpfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wagner
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Geruch der Atlantikluft nur dazudenke. Vielleicht gibt es hier zum Sounddesign auch ein Duftdesign, von dem ich bisher, weil es dezent genug ist, noch nichts bemerkt habe. Nach Fisch riecht es tatsächlich, weshalb ich gleich an einen Fischmarkt denken muß, den, der sich in Paris östlich des Boulevard Barbès auf der Höhe der Métrostation Château Rouge befindet, wo ich einmal die unglaublichsten westafrikanischen Fische frisch auf Eis gesehen habe, die tiefgefrorenen wurden in den offenen Ladengeschäften hinter den Ständen mit Motorsägen zerteilt. Ich rieche jetzt auch den Schiffsdiesel der Kanalfähren und höre Möwen schreien, die mindestens so gern wie über dem Meer über nicht allzuweit von der Küste entfernten Müllkippen kreisen, da, wo sie die Reste all der Dinge finden, die hier in den Regalen stehen.
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    Vor dem Kühlregal wischt eine junge Frau mit dunklen Locken, die den Supermarktkittel wie eine Verkleidung trägt, den Boden. Ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin putzt immer irgendwo, vermutlich soll das als Hinweis darauf verstanden werden, daß man hier sehr auf Sauberkeit achtet. Mit dem breiten Mop zeichnet die Frau, vielleicht eine Auszubildende, sie ist fast noch ein Mädchen, einMuster auf den hellen Kachelboden, die verspritzte Sahne ist schon verschwunden. Der Stein, ein cremefarbener Kunststein, hat schwarze Einsprengsel, so daß Schmutz auf ihm nicht auf den ersten Blick zu sehen ist. Vielleicht, der Verdacht kommt mir, putzt da überhaupt keine Frau, sondern ein äußerst weit entwickelter Android, der zur Tarnung derart programmiert wurde, daß er sich lässig bis nachlässig bewegt und bei seiner Tätigkeit Kaugummi kaut – Fähigkeiten, die zusammengenommen eine ungeheure Rechenleistung erfordern. Unsinn, die Frau ist trotz ihres verdächtig ebenmäßigen, an eine Computerspielfigur erinnernden Gesichts echt. Und ich bin mir sicher, daß sie keinesfalls für den Rest ihres Lebens in diesem Supermarkt putzen wird. Einmal, fällt mir jetzt ein, bin ich kurz vor Ladenschluß in einem anderen, viel kleineren Supermarkt neben einem Kino gewesen, weil ich eine Flasche Wasser kaufen wollte. Als ich vor den Getränken stand, außer mir war niemand im Geschäft, sah ich drei Verkäuferinnen vor der Kühltheke Tanzschritte üben. Ich schaute ihnen eine Weile zu und dachte währenddessen, daß, was sie da vorführten, die einzig angemessene Supermarktbewegung sei, es fehlte bloß, daß sie auch noch anfingen zu singen. Kurz bevor genau das hätte geschehen können, haben sie mich leider bemerkt. Ich mußte lachen, sie mußten lachen, und ich sagte ihnen, wie sehr mir ihre Vorführung gefallen habe.
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    Kein Lautsprechermuhen, kein Almglockengeläut und kein Quieken fröhlicher Ferkel lockt mich zur Fleischtheke, wo lieber nicht an die Tiere erinnert wird, deren Körperteiledort zum späteren Verzehr gekauft werden können. Es liegen auch keine Eingeweide in der Vitrine, keine Schweinsfüße, Schweineohren oder Schweineschnauzen – die, davon war mein Onkel überzeugt, ich habe es nie nachgeprüft, in Suppen so gut schmecken   –, und selten ist eine Zunge so zu sehen, daß sie als Zunge erkennbar würde, meist ist sie in Zungenwurst oder Zungensülze gut versteckt. An der Wand gibt es auch keine Poster mit der schematischen Zeichnung eines Rinds oder Schweins, wie sie in manchen französischen Metzgereien hängen, damit der Kunde sehen kann, aus welchen Körperregionen des Schlachttiers ein Stück Fleisch ursprünglich stammt. 10 Sonst würde ja deutlich, daß es sich bei einem Schinken um den hinteren Oberschenkel eines Schweins handelt, daran aber möchte ich wahrscheinlich gar nicht erinnert werden. 11
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    Ich stelle mich hinter zwei Frauen an der Fleisch-, Wurst- und Käsetheke an und bemerke oben auf der Vitrine Zahnstocher, die in kleinen Salami- und Käsewürfeln stecken. Ich könnte mir ein oder zwei dieser Spießchen in den Mund schieben und probieren, ich soll auf den Geschmack kommen, angefüttert werden, die Wurst- und Käsewürfelchen sind Köder und Haken zugleich, aber ich beherrsche mich, greife nicht zu und betrachte statt dessen die unter Glas ausgestellten Wurstwaren. Immer kaufe ich Schwarzwälder Schinken und Mailänder Salami, ich habe meine Aufschnittrituale. Manchmal nehme ich noch gekochten Schinken hinzu, die Sorte, die in Deutschland Prager Schinken heißt, oder eine andere, die in Frankreich Jambon de Paris genannt wird. Wahrscheinlich kaufe ich das

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