Vier Äpfel
Frotteestoff fingen sie selbst während des Schleuderns nicht an zu wandern, außerdem, sagte sie, nutze eine Waschmaschine mit Frotteemütze sich viel weniger ab, so ein Cape, so ein Waschmaschinenbademantel schütze sie vor Kratzern. Vielleicht geht es Nutzern von Waschmaschinenhauben ja auch darum, ihrer Waschmaschine, die ständig Kleider waschen muß, mal etwas anzuziehen, ihr zu zeigen, wie sich das anfühlt, fällt mir jetzt ein, währendich mich an L.s Ausführungen erinnere. Sie meinte damals auch noch, aber vielleicht erfinde ich das bloß hinzu, eine Waschmaschinenhaube lasse sich farblich auf Toilettendekkelbezüge und Duschvorleger abstimmen, in Alt- oder Puppenrosa, Cremedottergelb oder Orange gepolstert wirke ein Badezimmer doch gleich viel wohnlicher und gemütlicher, schließlich stehst du ja, sagte sie, nicht gerade selten nackt in deinem Badezimmer, da solltest du es um dich herum schön flauschig haben. Nimm doch eine mit, versuchte sie mich zu überreden und lachte.
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Auf der letzten Hochzeit, auf der L. und ich zusammen eingeladen waren, machten wir uns über den Gabentisch des Paares lustig, auf dem sich ungefähr dreißig verschiedene Elektrohaushaltsgeräte stapelten. Die Feier fand, was nicht so richtig zu den vielen Geräten paßte, in einer Schloßruine an einem See statt, die Braut war eine von L.s Kolleginnen. Wir stellten uns vor, wie sie und ihr Mann, ein Bilderbuchmann – schön, aber langweilig, meinte L., die ihn ein wenig kannte –, nun den Rest ihres Lebens damit zubrachten, all ihre neuen Haushaltsgeräte zu gebrauchen, ja eigentlich sah es so aus, als ob die Ehe nur darin bestehen sollte, die Geräte gemeinsam zu nutzen und abzunutzen, den staubsaugerbeutellosen Staubsauger, die Friteuse, die Eismaschine, den Eierkocher, den Entsafter und den Espresso-Vollautomaten, der mit über sechzehn bar Pumpdruck arbeite, wie der Bräutigam nicht müde wurde zu erklären. Zweieinhalb Jahre später war das Paar geschieden, was mich ein klein wenig, ich gebe es zu, erleichtert hat. Ach, habe ich gedacht, auch die haben es nicht geschafft, obwohl sie doch für immerund ewig zusammenbleiben wollten und wie füreinander geschaffen schienen. Die Frau, sie war inzwischen nicht mehr L.s Kollegin, hatte eine Tochter und zog mit der, was ich sehr sonderbar fand, zurück zu ihren Eltern, der Mann fand eine neue Freundin über eine Kontaktbörse im Internet. Nachdem ich das erfahren hatte, habe ich nachgezählt und festgestellt, daß fünf der sieben Paare, deren Hochzeiten L. und ich zusammen besucht hatten, schon wieder geschieden waren oder getrennt lebten. Hatten wir ihnen kein Glück gebracht?
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Warum kaufe ich bloß immer wieder ein? Ich träume von dem Tag, an dem ich alles besitze und nichts mehr brauche, weil ich alles gekauft und erledigt habe und nichts mehr auf dem Zettel steht. Der Tag ist fern, und ich vermute, er wird nie kommen. 28 Ich werde weiter einkaufen und immer wieder Listen schreiben, auf denen Dinge wie Staubsaugerbeutel und ihre komplizierten Kenn-Nummern notiert sind, ich besitze noch keinen beutellosen Staubsauger, sondern einen, für den ich alle paar Jahre neue Packpapiertüten ineiner Vorratspackung anschaffen muß, das vorletzte Mal durfte ich in vier Geschäften nach ihnen suchen, das letzte Mal habe ich sie dann einfach im Internet bestellt. Ich werde immer einkaufen und Geld ausgeben müssen, aber bitte, Konsumieren ist Bürgerpflicht, das weiß ich, seit ich eine Broschüre der Bundesregierung gelesen habe, auf der zwei junge, lachende Menschen mit mehreren prallgefüllten Boutiquetüten abgebildet waren. Es waren mehr Tüten, als sie zu zweit bequem hätten tragen können, und doch lachte das glückliche Paar ein selig-erschöpftes Post-Shopping-Lachen in die Kamera. Ich nahm der Inszenierung dieser Photographie, der Photograph hatte das gut hinbekommen, beinah ab, daß die zwei gerade vom Einkaufen zurückgekommen waren und nicht den ganzen Tag in einem Studio verbracht hatten, um diesen einen Augenblick, der nun auf dem Bild zu sehen war, halbwegs glaubhaft darzustellen.
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Soll ich mich verführen lassen? Brauche ich nicht vielleicht doch einen Eis-Crusher? Säße ich dann nicht viel öfter auf dem Deck meiner imaginären Yacht, einen Drink in der Hand? Brauche ich Mangogabeln? Ein Buttermesser? Seltsam, daß ich mich immer wieder, jede Woche aufs neue, für die Angebote und Sonderposten interessiere. Die Illusion, vielleicht doch noch ein anderes
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