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Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Titel: Vier Arten, die Liebe zu vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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(eine amerikanische Nichte und deren
Verlobter wollten sie demnächst besuchen kommen), hörte sich ihre Ansichten
über die Turbulenzen an den Finanzmärkten an (das sind alles keine seriösen
Leute mehr) und trank, damit sie ihm endlich auch mal was Gutes tun konnte,
einen Schluck Prosecco mit ihr. Er hoffte, seine Wut auf Bernd würde abnehmen,
wenn er das nächste Zusammentreffen hinauszögerte, aber als er nach Hause kam,
hätte er noch immer links und rechts gegen die Wände treten können. Er wusste,
dass er auch wütend auf sich selbst war, denn es ging längst nicht mehr um die
bräsige Landnahme in der Küche, es ging um Serafina. Und an deren Kränkung trug
er ebenso viel Schuld wie Bernd, vielleicht sogar mehr – er hätte sie unten
warten lassen können –, aber er lud die Verantwortung dafür auf Bernd ab. Sich
selbst konnte er nicht ohrfeigen. Bernd hätte er gern eine verpasst. Fehlte
noch, dass der seine temporäre Flamme auch noch zum Abendessen mitnehmen oder
gar über Nacht hier einquartieren wollte.
    In der Küche war niemand. Wagner und Thomas wollte er nicht stören,
falls sie noch schliefen, also nahm Michael seine Schwimmsachen und schrieb
einen Zettel, er sei gegen vier Uhr wieder hier, den er gut sichtbar auf den
Küchentisch legte.
    ~
    Neben diesem Zettel lag, als Michael zurückkam, ein
weiterer von Bernd, er mache sich noch ein wenig selbstständig, man solle nicht
mit dem Essen auf ihn warten. Am Tisch saß Thomas und erklärte, Wagner sei
laufen und wolle auch gegen vier Uhr wieder da sein.
    Â»Hast du Bernds Eroberung gesehen?«, fragte Michael.
    Â»Schlimmer. Gehört. Und kein Auge zugetan.«
    Â»Findest du das auch so scheiße wie ich, oder werd ich langsam alt?«
    Â»Nicht okay. Er kann sich ein Hotelzimmer nehmen. Uns hier den Stier
zu machen ist einfach saupeinlich.«
    Â»Willst du was trinken?«
    Â»Nein, noch nicht. Heut würd ich gern mal auf einer geraden Linie
von der Tür zum Bett kommen.«
    Â»Guter Plan. Wird unterstützt.«
    Â»Ist das denn für dich in Ordnung, wenn ich noch ein paar Tage
bleibe?«
    Â»So lang du willst.«
    Als Wagner zurückgekommen war, geduscht und sich umgezogen hatte,
brachen sie auf, um irgendwo einen Aperitif zu trinken und dann später zu einem
Restaurant beim Campo San Barnaba zu wechseln. Michael war dabei, das Gartentor
zu schließen, als er eine Stimme rufen hörte: »Free man? Michael? Is that you?«
    Michael begriff zuerst nicht, wer die Frau war, die da aus einem
Bootstaxi stieg und unsicher zu ihnen rübersah. Die Worte »Free man« und die
englische Aussprache seines Namens wollten ihm ins Bewusstsein dringen, aber noch
war es nicht so weit, noch ging er der Frau entgegen, ohne zu begreifen, wer
sie sein musste. Er hörte noch Wagners halblaute Worte: »Da kommt die nächste
Schönheit«, wurde sich dessen bewusst, dass das stimmte – die Frau war auf eine
mädchenhafte und gleichzeitig souveräne Weise sehr schön, hielt sich gerade und
sah ihm ernst, aber freundlich entgegen.
    Â»Megan«, sagte er, als er vor ihr stand – sein Mund war schneller
als sein Erinnerungsvermögen. Er sprach nicht weiter, wusste nicht, was er
hätte sagen sollen – das alles war unbegreiflich.
    Sie legte ihre Hand auf seinen Unterarm, zog ihn leicht zu sich her
und küsste ihn auf die Wange. Er bemerkte ihren Duft und glaubte, darin den
früheren aus Dingle zu erkennen, dachte, das kann nicht sein, nach mehr als
zwanzig Jahren, dachte auch, ich hätte sie doch sofort erkennen müssen,
schließlich habe ich alle Konzertvideos auf Youtube und DVD gesehen, wieder und wieder, in all den Jahren habe ich Megan mit Erin spielen
sehen. Er musste seine Gedanken bremsen, ihr zuhören, denn sie sprach in ihrem
schönen irischen Englisch schon seit vielleicht einer halben Minute und
erklärte ihm, weshalb sie hier war:
    Ian brauche ihn, er solle ein paar Sachen packen und mit ihr kommen,
Ian sei in Gefahr, sich umzubringen, jemand müsse auf ihn aufpassen. Gestern
Abend habe er seinen Liebhaber tot im Cottage gefunden. In der Badewanne mit
aufgeschlitzten Pulsadern. Er habe wohl stundenlang einfach dagesessen und den
Leichnam betrachtet, dann den Notarzt gerufen, die Fragen der Polizei
beantwortet, dann sich vor die Tür des Cottages gesetzt und gewartet. Worauf,
wisse niemand. Er selbst am

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