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Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Titel: Vier Arten, die Liebe zu vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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lässig mit der Maschine um wie
Serafina.
    Â»Danke«, sagte Erin, als er ihr den Cappuccino hinstellte und das
Tablett mit dem benutzten Geschirr nahm, um es in die Küche zurückzutragen.
    Â»Danke, dass ihr da seid«, sagte Ian.
    Erin und Michael sahen sich an.
    Â»So lange du uns brauchst«, sagte Erin.
    Â»Kostet dich natürlich was«, sagte Michael.
    Â»Arsch«, sagte Ian und versank wieder in sein Schweigen.
    Erin streckte ihre Hand aus und nahm Michaels. Sie drückte fest und
lächelte ihn an. Er ballte seine Faust zu einer kleinen kindlichen
Siegergebärde und lächelte zurück. Dann brachte er das Tablett in die Küche.
    ~
    Megan war nach Dublin gefahren, um nach ihren Kindern zu
sehen, in Ians Wohnung ein paar Kleider für ihn zu holen und unterwegs auch
gleich noch Lebensmittel einzukaufen. Erin lag lesend auf dem Sofa, und Michael
ging am Meer spazieren, nach Süden, bis zuerst der Sandstrand zu Ende war und
dann die Bebauung mit Villen und Ferienhäusern in Felder und Wiesen überging.
Er konnte den Fährhafen sehen, aber das Ufer war bis dorthin unwegsam, also
drehte er um und ging denselben Weg zurück, an Erins Villa vorbei und weiter
nach Norden bis zu einem großen Hotel, wo ihm die Strandbevölkerung zu viel
wurde und er erneut umkehrte.
    Als er sich dem Haus wieder näherte, kam ihm wie ein Schwall
Regenwasser die Erkenntnis, dass er sich von den Nachtigallen erhofft hatte,
sie wären so etwas wie seine Familie, er könne sie wieder aufnehmen in sein
Leben, könne den alten Männerbund wieder neu schließen und auf diese Weise
vielleicht irgendwo dazugehören. Das war nicht gelungen. Außer mit Thomas,
dessen wütende Melancholie ihn faszinierte und ängstigte, fühlte Michael sich
mit keinem verbunden. Bernd und Wagner waren ehemalige Schulkameraden, mit
denen man die Zeit herumbringen konnte, mehr nicht.
    Wie ein Schwall Regenwasser fühlte sich das deshalb an, weil es ihm
just in dem Augenblick zu Bewusstsein kam, als er an Ian, Erin und Megan
dachte. Den zusammengekrümmten, in der Seele schwer verletzten Mann und die
beiden so schweigsamen wie souveränen Frauen. Wenn überhaupt jemand in seinem
Leben so etwas wie eine Familie werden konnte, dann diese drei Menschen. Ob sie
das allerdings wollten, wusste er nicht einzuschätzen. Ian vielleicht, wenn er
sich wieder gefangen hatte, aber Erin? Sie war ihm böse, das hatte sie
zugegeben, auch wenn sie es im Augenblick nicht spürte.
    Und was sollte Megan mit ihm anfangen? Eine Liebesnacht in grauer
Vorzeit war wohl eher kein Ausgangspunkt für eine Freundschaft.
    Dennoch, er hatte sich in dem Moment, als er gleich hinter der Tür
in dem großen Raum auf Erin und Ian getroffen war, verschworen gefühlt. Er
hatte das Trio gefunden, das er zum Quartett vervollständigen konnte, das
Kleeblatt, das durch ihn zu einem Glückssymbol würde. Na ja, dachte er, das ist
jetzt ein bisschen kitschig, aber irgendetwas war dran. Erin und er hatten
einander Glück gebracht, sie waren schon verschworen. Und Megan und Ian waren
durch ihn dazugekommen – vielleicht sahen sie das auch so? Vielleicht fanden
sie auch, dass er noch fehlte?
    ~
    Megan hatte so viel eingekauft, dass sie eine Woche
durchhalten konnten, ohne das Haus verlassen zu müssen. Sogar an Zigaretten für
Michael hatte sie gedacht. Als er ihr die bezahlen wollte, winkte sie ab und
sagte: »Du bist unser Gast.«
    Â»Dann koch ich was für euch, soll ich?«
    Â»Ja. Was denn?«
    Â»Alle Arten von Nudeln zum Beispiel oder eine Minestrone oder eine
Kartoffelsuppe. Nur Fleisch kann ich nicht, weil ich es nicht mag.«
    Â»Kartoffelsuppe. Wir sind Iren. Alles mit Kartoffeln ist gut.«
    Sie half ihm beim Kochen, und ihre Handgriffe passten so gut
zwischen seine, dass man glauben konnte, sie seien ein in Jahren eingespieltes
Team, selbst als die Gewürze dran waren, wusste sie, wann er die gekörnte
Brühe, wann die Pfeffermühle und wann die Muskatreibe brauchte – noch bevor er
danach zu suchen begann, hatte sie es schon zur Hand.
    Sie erzählte von ihren Kindern, der Ältesten, die im Herbst aufs
Trinity College gehen würde, der Mittleren, die so gern zeichnete, wie sie
Bodhrán spielte, und dem Jüngsten, den außer Computern und Autos nichts zu
begeistern vermochte. Kein Buch, kein Song, kein Museum, nicht einmal Filme lockten
ihn hinter seinen

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