Vier auf dem Laufsteg
ein Bein zu stellen versuchten. Verzogene Gören waren schon schlimm genug, aber außerdem gab es auch noch massenhaft echt alte Leute.
»Na, hier geht’s ja richtig ab«, sagte Tom ironisch und drehte sich um, aber die andern waren alle verschwunden. Wahrscheinlich um draußen eine zu qualmen. »Glaubst du, die Taxis sind alle schon wieder weg?«
»Das ist so ätzend, dass ich kaum hinsehen kann«, sagte Laura. »Schau mal, der Rock von der Frau da drüben ist so kurz, dass man ihre Unterhose sehen kann. Gib mir bitte den Gnadenschuss!«
»Los, wir suchen Johnny, drücken ihm die Pralinenschachtel in die Hand und machen, dass wir wieder wegkommen«, sagte Tom entschlossen. Wenn es hart auf hart kam, behielt er immer das Ziel im Auge. »Fünf Minuten. Allerhöchstens zehn, dann sind wir hier wieder raus.«
Laura griff nach seiner Hand und verflocht ihre Finger mit seinen, damit sie nicht von den herumrasenden Kindern getrennt werden konnten.
Tom sah weder nach links noch nach rechts, sondern zog sie ohne Umwege über die Tanzfläche zur Bar. Dort wedelte er hoffnungsvoll mit der Pralinenschachtel, die sie auf dem Weg hierher an einer Tankstelle gekauft hatten.
»Hat irgendwer’ne Ahnung, wo Johnny steckt?«, fragte er eine Gruppe von Männern, die alle Bier tranken, kleinwüchsig waren und Rattengesichter hatten, was ganz entschieden auf Familienähnlichkeit schließen ließ. Einer von ihnen wies nach links in Richtung einer Tür. »Der is mit seinen Kumpels da drinnen«, grunzte er.
Laura blieb stehen, weil einer ihrer Ballerinas auf dem klebrigen Fußboden haften geblieben war. Hinter der Tür war ein kleiner Raum, in dem ein Mischpult und ein paar mächtige Boxen standen, aus denen ohrenbetäubend Drill’n’ Bass dröhnte. Die übelsten Mädchen aus Lauras alter Schule tanzten herum wie in einem Pussycat-Dolls-Video. Oh Mann, heute Abend wurde ihr aber einiges abverlangt.
»Da ist er!«, schrie sie Tom zu und zeigte in die hinterste Ecke des Raumes, wo Johnny P. gerade ein Bier auf ex trank, angefeuert von dem Grölen seiner Neandertalerfreunde. »Wie sind wir bloß darauf gekommen, hier unseren Abend zu verplempern? Dieser Typ ist doch einfach das Letzte.«
Tom zuckte die Achseln und zog sie am Ellenbogen von einem Mädchen weg, das sich beim wilden Tanzen fast die Arme auskugelte.
»Er ist ganz okay. Wenn seine Freunde dabei sind, muss er sich eben immer aufspielen.«
»Ach, egal.« Laura blieb etwas zurück, als Tom auf Johnny zuging, ihn erst umarmte und ihm dann fest auf den Rücken klopfte, damit niemand auf die Idee kam, er könne schwul sein. Als würde auch nur irgendein Schwuler, der etwas auf sich hielt, Johnny zu nahe kommen.
»Tom, Alter!«, rief Johnny und schaute über Toms Schulter zu Laura hin, die ihm weniger frostig zunickte, als sie vorgehabt hatte. Unglaublich, aber sie hob sogar die Hand und winkte ihm schlaff zu.
»Laura! Beweg mal deinen mageren Arsch hierher!«
Wenigstens hatte er ein nicht ganz so beleidigendes Adjektiv gewählt.
Laura arbeitete sich langsam vor, blieb aber auf Distanz, denn wenn er ihr sein Bier über den Rock kippte, würde sie ihn umbringen müssen - Geburtstag hin oder her.
»Herzlichen Glückwunsch, Johnny«, sagte sie pflichtschuldig und zog die Karte aus ihrer Tasche. »Hab ich leider im Taxi schreiben müssen, und weiß jetzt nicht, ob man’s lesen kann.«
Johnny hielt die Karte hoch, als wäre sie eine kostbare Reliquie.
»Du hast eine Karte für mich gekauft?«, schnaufte er. »Das wär echt nicht nötig gewesen!«
Laura wechselte mit Tom einen Blick, der besagte: Wie viel hat er denn schon intus?
»Hoffentlich hast du einen schönen Abend«, fuhr sie höflich fort. So war das nun mal, wenn man eine gute Kinderstube gehabt hatte. »Tja, dann kannst du jetzt ja wählen! Toll!«
Also eigentlich gar nicht toll!, sondern igitt! Denn jetzt war sie es, die in den Genuss einer heftigen verschwitzten Umarmung kam.
»Ich kann’s gar nicht glauben, dass du echt hier aufgekreuzt bist, Laura.«
Das hörte sich ja an, als würde er gleich anfangen zu heulen. Sonst hatte er sich ihr gegenüber immer völlig anders benommen.
Tom war überhaupt keine Hilfe, weil er in einem Eimer voller Eiswürfel hoffentlich erfolgreich nach zwei Bierflaschen angelte.
»Na ja, ich bin halt grad zu Hause und da konnte ich doch deine Geburtstagsparty nicht verpassen«, sagte sie und löste sich behutsam aus seiner Umarmung. »Immerhin kennen wir uns schon seit der
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