Vier auf dem Laufsteg
Lächeln sehen. »Was uns nicht umbringt, macht uns stärker. Yo!«
»Was ist mit der Geschichte passiert, die er verkaufen wollte?«, hauchte Laura entsetzt, denn verglichen mit Candys Geschichte stand Laura der Titel Miss Unglücklich nicht zu.
»Er hat seine Meinung geändert, nachdem mein Anwalt ihm seinen dürren Arsch versohlt hat«, sagte Candy mit grimmiger Befriedigung. »Kratz mich und einer meiner Leute kratzt dir die Augen aus.«
Das schreib ich mir hinter die Ohren, dachte Laura, mach Candy nie, nie, nie wütend.
»Okay, das merk ich mir«, sagte sie, und ihre Stimme bebte nur kaum wahrnehmbar.
»Wir sollten jetzt hier rausgehn.« Candy stand auf. »Du musst inzwischen alles Gift ausgeschwitzt haben.«
Nach der Sauna wurden sie in einen Raum geleitet, der in seinem früheren Leben ein Beduinenzelt gewesen sein musste. Jeder einzelne Quadratzentimeter Haut, den Laura besaß, wurde mit Meersalz und einem Luffaschwamm von ihrem Körper geschält. Ein Gespräch war nicht mehr möglich, denn ihre Stimmbänder brachten nur noch ab und zu ein schmerzerfülltes Quieken hervor, als sie anschließend eine Bindegewebsmassage bekam, die zu dem dicht gedrängten Beauty-Programm gehörte.
Candy hatte die witzigsten Sachen für die letzten zwei Stunden aufgehoben. Lauras Fleisch glänzte, schimmerte und duftete nach Jasmin. Ihre Augenbrauen waren perfekt zu bildschönen Bögen gezupft. Ihren Haaren war traurigerweise immer noch nicht zu helfen, aber sie glänzten wie die Mähne eines Dressurpferds, ihre Zehennägel waren in »Hurenrot« - wie Candy sagte - lackiert und ihre Fingernägel in einer hinreißenden Farbe, die sie »Ballettschuhrosa« nannte.
»Geht auf mich«, bestand Candy bei der Dame am Tresen, als sie die Rechnung bekamen. »Steck deine sauer verdienten Kröten wieder ein.«
Laura erhaschte einen Blick auf die Summe mit mindestens vier Ziffern vor dem Komma und gab widerstandslos nach.
»Hast du heute Abend schon was vor? Ich könnte für Schnellfraß und eine DVD sorgen.«
Candy tippte ihre Pinnummer ein. »Keine Jedis und keine Hobbits, und ich nehm dich beim Wort.«
Erst als sie ins Taxi stiegen, machte Laura ihr Handy an. Beim bloßen Anblick des kleinen flackernden Displays brach ihr der kalte Schweiß aus, aber es war nur Holly.
»Laura«, flüsterte sie eindringlich nach dem Piep der Mailbox. »Es ist vier oder ist das in England sechzehn Uhr? Egal, du musst unbedingt sofort nach Hause kommen. Gefahr. Rot.« Lange Pause. »Das bedeutet höchste Dringlichkeitsstufe. Okay? Tschüss.«
Das war irre, sogar für Holly.
»Ich schwör heilige Eide, das Mädel ist auf Crack«, murmelte Laura und entschloss sich, zurückzurufen und die Ursache der Panik herauszufinden. Wahrscheinlich hatte Holly wieder mal den Abfluss verstopft.
»Ja?«
»Irina? Ist Holly da? Hier ist Laura. Sie hat mir eine total verrückte Nachricht hinterlassen.«
Es herrschte einen Augenblick Schweigen, das von Türknallen durchbrochen wurde, bevor Irina genauso eindringlich flüsterte wie Holly. » Dawai , komm heim. Alarmstufe Rot.«
Laura verdrehte die Augen zu Candy hin, die gelauscht hatte und das auch gar nicht zu verbergen versuchte. »Irina, weißt du überhaupt, was Alarmstufe Rot ist?«
»Ja. Sitzt auf Sofa. Bring Arsch zurück, zack, zack.«
»Aber... aber...«
»Du bist dumm«, zischte Irina. »Du kommst heim und machst dein Scheiß klar.«
Während sie im Stau auf der Euston Road standen, knabberte Laura das meiste von dem ballettschuhrosa Nagellack wieder ab.
»Ich bin sicher, es ist nichts«, meinte Candy unbekümmert. »Die zwei haben schon immer aus allem ein Drama gemacht. Wahrscheinlich ist dein Typ von heute Nacht da, um dir seine unsterbliche Liebe zu gestehen oder um dir zu sagen, dass er den Tripper hat und du zum Arzt gehen musst.«
»Du bist echt keine Hilfe, Candy!«
Candy machte einen Schmollmund. »Ich wollte die Lage doch nur mit einem Klacks Humor entschärfen.«
»Ich glaube, mir wird wieder schlecht.« Laura ließ das Fenster runtergleiten und atmete tief die abgasgeschwängerte Luft ein.
»Mist! Ich wette, Heidi ist gekommen, um mich doch noch rauszuschmeißen. Ich hasse sie!«
Und damit war der Damm gebrochen, und sie lästerte über Heidi - unfreiwillig unterstützt vom Taxifahrer, weil er sich energisch weigerte, zu hupen oder die Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten, damit sie schneller nach Hause kamen.
Laura redete immer noch auf Candy ein, als sie schon die
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