Vier Beutel Asche: Roman (German Edition)
Lena anfallen.
»Yeah, Catfight!«, rief Maik.
Ein paar Camper sahen her, Kinder lachten, und ein dicker Mittfünfziger in Badehose grinste.
»Selina«, sagte ich leise. »Essen ist leichter zu klauen als Benzin.«
»Klar, dass du auf ihrer Seite bist.«
»Was?«
»Ach ja?«, giftete Lena.
»Ich sag nur, was Sache ist.«
»Dann schwätz nicht. Geh rein und klau was.«
»Pst«, zischte ich. »Brüll das nicht rum. Muss ja nicht jeder hören.«
Ihre Lippen waren ein Strich, die Augen blitzten, und die Brauen waren hochgezogen. Aber nicht so, dass man sich verlieben konnte.
»Ihr müsst den Verkäufer ablenken.«
Und das taten sie. Sie gingen mit rein, und die beiden Mädchen laberten auf den jungen Mann hinter der Kasse ein, gaben sich mit gebrochenem Französisch hilflos und fragten alles Mögliche. Ich achtete nicht darauf, sondern sah mich im Laden um. In den oberen Ecken waren gebogene Spiegel angebracht. Ich sah in den einen und war sicher, dass der Verkäufer zu mir schielte, während er mit Lena sprach. Sie spielte wie in Gedanken an ihrem Ausschnitt herum, und ich starrte weiter in den Spiegel, während der Verkäufer nervös wegsah, ebenfalls in den Spiegel.
»Der hat uns im Blick«, murmelte ich zu Maik.
»Über der Tür ist ’ne Kamera«, gab er zurück und rieb sich müde die Augen.
»Und jetzt?«
»Ich stell mich ins Bild, und du stopfst dir unauffällig was in die Hosentasche.«
Und so machten wir es. Meine Taschen waren klein und ich nervös, ich klaute normalerweise nicht. Hastig packte ich nur zwei Schokoriegel. Dann tauschten wir Positionen, und Maik langte zu.
»Cigarettes?«, fragte er dann laut.
»Ici.« Der Mann deutete auf ein Regal neben der Kasse, tiefstes Misstrauen im Gesicht.
»Rothändle?«, fragte Maik.
»Odh …?«
»Rothändle. German. Deutsch.«
»Non.«
»Ah.« Enttäuscht warf Maik die Hände hoch. »Merci.«
Wir gingen zur Tür, die Mädchen folgten uns. Draußen drehte ich mich um und sah, dass der Verkäufer zum Regal hinüberlief, an dem Maik und ich herumgelungert hatten.
»Er weiß es«, zischte ich.
»Nicht rennen.« Maik hielt Selina an der Schulter fest, die losstürmen wollte. »Das ist ein Eingeständnis.«
»Aber wenn er sieht, dass was fehlt?«
»Sieht er nicht«, sagte Lena ruhig. »Das ist nicht abgezählt.«
Er folgte uns nicht hinaus.
Wir fuhren zweihundert Meter weiter und hielten, um zu essen. Wir hatten für jeden einen weichen, zerdrückten Schokoriegel.
»Das ist ein Witz, oder?« Selina deutete auf meine Hände. »Mehr habt ihr uns nicht geholt?«
»Im nächsten Kaff suchen wir einen unübersichtlichen Supermarkt, da kriegen wir mehr. Da gehen wir mit Jacken rein, unterm T-Shirt kann ich nichts verstecken.«
»Ihr könnt euch meinen teilen«, bot Maik an. »Ich hab noch keinen Hunger.« Aber auch eineindrittel Schokoriegel machten nicht satt.
Im nächsten Dorf fand sich kein Supermarkt. Mein Magen knurrte, der kleine Happen hatte den Hunger erst richtig angestachelt. Wir brausten an einem kleinen Mädchen vorbei, die ein Eis auf die Straße fallen ließ. Das Knurren wurde lauter. Vor uns redete Selina mit offenem Visier auf Maik ein, Lena und ich schwiegen.
Vor dem letzten Hof des Dorfs irrte ein Huhn am Straßenrand hin und her, hüpfte mal auf die Fahrbahn und wieder zurück. Maik bremste und kam schlingernd zum Stehen. Er sprang vom Sitz und rannte auf das Tier zu, während Selina die Füße auf den Boden presste und vorgebeugt den Lenker hielt.
Gackernd rannte das Huhn schräg über die Straße und wieder zurück, Maik hinterher. Lena bremste und wäre vor Lachen fast umgekippt, ich setzte die Füße auf den Asphalt. Das Tier floh in das nächste Feld, Maik hechtete hinterher und klatschte hinter ihm auf die Erde.
»Fuck, ich bin einfach zu müde!« Kopfschüttelnd blieb er liegen. »Mach mal ein anderer weiter.«
Ich rannte hinüber und übernahm die Jagd, hetzte das Huhn weiter ins Feld hinein und hechtete dann wie Maik, nur ein Stück weiter. Ich bekam es zu fassen, presste es mit der Rechten zu Boden. Es schlug mit den Flügeln, und ich packte mit beiden Händen zu, presste die Flügel fest gegen den Körper. Das Huhn hackte nach mir. Ich ließ nicht los, stand wieder auf und ging zurück.
»Und was machen wir jetzt damit?«, rief ich.
»Mittagessen.« Maik grinste unter dem Helm hervor und wandte sich an Selina. »Gib mir die Pistole.«
»Du willst es erschießen?«
»Schwachsinn! Ich will ihm mit dem Griff
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