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Vier Beutel Asche: Roman (German Edition)

Vier Beutel Asche: Roman (German Edition)

Titel: Vier Beutel Asche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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jedoch auch nicht aus. Meine Hände wanderte zu ihrem Hintern und dann langsam nach vorne.
    »Non.«
    Scheiße! Ich zuckte zurück. Ich wollte nicht, dass sie aufhörte, mich zu küssen, oder dass sie nach jemandem rief, weil ich zu zudringlich wurde.
    »Sorry.«
    Wir küssten uns weiter, und die Welt um uns existierte nicht mehr, bis irgendwann die Kälte des Wassers zu viel wurde und unsere Zähne immer wieder aneinanderschlugen, weil wir zitterten.
    »Kalt«, sagte sie.
    »Leider«, sagte ich.
    Hand in Hand stapften wir zurück zur Lichtung. Bevor wir den Feuerschein erreichten, ließen wir uns los. Ich fragte mich, ob Lena auch frühzeitig Non gesagt hatte. Und was Selina und Maik getan hatten.
    Noch immer lief Techno, und Lena saß mit nassem Top am Feuer. Sie hatte sich an Robert angelehnt, eine Haarsträhne klebte ihr an der Stirn. Wir setzten uns direkt gegenüber, sodass die hoch lodernden Flammen eine Barriere zwischen uns bildeten. Sollte Lena doch tun, was sie wollte, das war mir egal. Bestimmt war sie erst um 16:13 Uhr geboren. Ich zog Fabienne an mich. Das Feuer brannte die Nässe von unserer Haut.
    »Wie lange bleibt ihr hier?«, fragte Fabienne. Ihre Lippen kitzelten an meinem Ohr.
    »Wir müssen morgen weiter.«
    »Unbedingt?« Sie klang enttäuscht.
    »Ja.«
    »Wegen ihr?«
    »Nein. Wegen meinem besten Freund.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Er ist tot.«
    Sie hob den Kopf von meiner Schulter und blickte mich an. Bestürzung zeigte sich auf ihrem Gesicht, dann strich sie mir mit den Fingerkuppen über die Wange. »Das tut mir leid.«
    »Mir auch.«
    Sie rückte ein kleines Stück von mir weg und zog meinen Kopf auf ihren Schoß. Ich sah in den Himmel, während sie mir durchs Haar strich. Aus ihrem tropfte es auf mich herab. Langsam schrumpften die Flammen, niemand legte mehr Holz nach. Als ich den Himmel sehen konnte, flog eine Sternschnuppe vorüber. Ich wünschte, Lena hatte Robert nicht geküsst, ganz zu schweigen von allem darüber hinaus.
    Warum liegst du dann auf Fabiennes Schoß und bist nicht auf der anderen Seite des Feuers?
    Weil ich lebe und Lena tabu ist.
    Fabienne und ich flüsterten über alles Mögliche, nur nicht über Christoph. Was sollte ich mit meinem mickrigen Französisch auch sagen? Dass er wie ein frère gewesen war, ein Bruder, aber ich war schon unsicher, ob Ball wirklich ballon hieß, oder ob ich damit sagen würde, er habe meinen Luftballon gerettet. Vor einem Idioten und einer eisernen Straße . Was sollte sie damit anfangen? Auch im Englischen gab es Missverständnisse, und das wollte ich nicht.
    Ich war so müde, dass ich beinahe einschlief, die vergangene Nacht holte mich ein. Wieder und wieder fielen mir die Augen zu, und immer, wenn ich sie öffnete, lächelte sie, wahrscheinlich über mich. Ich rappelte mich auf, und wir tauschten Handynummern aus.
    »Ich melde mich«, versprach ich, und das meinte ich auch so. Wir mussten ja wieder zurück. Dann tapste ich in den Schatten, nahm meinen Schlafsack und legte mich hin. Sollten mich doch alle für eine Spaßbremse halten, ich konnte nicht mehr.
    »Die Deutschen sind Weicheier!«, rief Robert auf Englisch, aber das war mir egal.
    »He!«, protestierte Maik. »Wer das sagt, fliegt ins Wasser.«
    Alle lachten. Die Musik dröhnte, und ich versuchte, noch eine Sternschnuppe zu sehen, auch wenn ich nicht an Wünsche glaubte. Ich hörte noch, wie sich Selina neben mich legte. Dann schlief ich trotz des Lärms ein.

19
    »Schweine!«
    Ein wütender Schrei weckte mich. Verschlafen wühlte ich die Arme aus dem Schlafsack, mein Kopf war schwer und die Augen verklebt, die Lider zu schwach, um sie zu heben.
    »Was ist denn los?«, brummte Maik hinter mir. Er klang genervt und mindestens so zerschlagen, wie ich mich fühlte.
    Ich brachte noch keinen Ton heraus. Tau lag kalt und feucht auf meinem Gesicht. Mühsam öffnete ich die Augen und blinzelte gegen das Sonnenlicht an. Wasser plätscherte und Vögel zeterten, es roch nach feuchtem Gras, nach Harz und frühem Morgen.
    »Widerliche Dreckschweine!«, steigerte sich der Schrei, und jetzt erkannte ich Lenas Stimme, auch wenn sie viel zu laut und schrill und angepisst war. Sie kauerte in der Hocke vor ihrem Roller und schlug mit der flachen Hand auf den Boden.
    »Was ist?«, fragte Maik noch einmal.
    »Das Geld ist weg.«
    »Was?«
    »Mein Geld ist weg!«
    Jetzt war ich wach. Fluchend zerrte ich am Reißverschluss des Schlafsacks, die Feuchtigkeit hatte ihn widerspenstig gemacht. Ich sah

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