Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)
sich diese Berufsgruppe als Ganzes hatte zuschulden kommen lassen, um immer und immer wieder Ziel von Spott und Hohn zu sein, wurde uns nie so richtig klar. Auf der anderen Seite hatte man doch eine Art kollektives Bauchgefühl, dass mit einem Menschen, der freiwillig so einen Job machte, irgendetwas nicht ganz in Ordnung sein konnte. Also mussten im Lauf der Jahre unzählige Buchhalter, Kontenverwalter, Revisoren und andere Nieselpriems für diesen hossa-ach-so-großen Spaß herhalten, der allerdings nur in den Augen aller anderen ein solcher war.
An dem Abend, von dem ich nun berichten will, lief es aber deutlich anders: Als die beiden Peters mit ihrem Fang vor dem Sheriff’s Office ankamen, staunten wir nicht schlecht. Denn anstatt des üblichen Leitzordner-Dompteurs kicherten uns schon von fern zwei ansehnliche junge Frauen an, die sich neckisch bei den Hilfssheriffs unterhakten und dabei lautstark um die ihnen zustehende Strafe baten. Schließlich seien sie ja auch zwei ganz, ganz unartige Mädchen gewesen und hätten das alles auch wirklich verdient. Ihnen folgte die johlende Meute der restlichen Belegschaft, von denen einige schon ordentlich getankt hatten.
Ich ahnte irgendwie, dass es diesmal nicht so leicht sein würde, mit den üblichen Gags für Lacher zu sorgen, denn unser gesamtes Programm zielte darauf ab, dass sich der Angeklagte nicht allzu aktiv verhielt und mehr oder weniger willfährig durchlitt, was wir mit ihm anstellten. Was da aber leicht beschwipst und in alle Richtungen flirtend auf uns zu tippelte, war wohl eher das Gegenteil von alldem. Der Vergleich mit Marylin Monroe und Jane Russell war insofern passend, als dass die eine blond und die andere brünett war und beide nicht mit ihren Reizen geizten. Eher im Gegenteil.
Es war erstaunlich, wie viele Momente plötzlich eine Überstreckung ins Hohlkreuz zwingend erforderlich machten. Ebenso litten beide dem Anschein nach an der gleichen Atemwegsverengung der Nasenscheidewände, denn anders ließ sich nicht erklären, warum ihre Münder grundsätzlich halboffen standen.
Insgesamt war der Eindruck schon aus mehreren Meter Entfernung so aktiv lasziv, dass man sich als Mann fast schon unter Druck gesetzt fühlte. Natürlich nur, wenn man ein entsprechend kleines Ego hatte, und das traf weder auf unsere Sheriffs noch auf Long John und erst recht nicht auf mich zu. Ich unterdrückte also den unbändigen Drang, mich hinter Willi zu verstecken, und sah der Herausforderung in die Augen.
Schnell hatten sich auch die Arbeitskollegen der beiden Damen vor dem Sheriff’s Office eingefunden, lachten, fotografierten und stießen dabei lautstark auf.
Wir hingegen versuchten jetzt, das Programm einigermaßen konsequent abzuspulen, doch schon die ersten Sätze unseres 420 Pfund schweren Friedensrichters wurden von den aufreizenden Rufen der Angeklagten unterbrochen! Sie streckten ihre Arme hervor, überstreckten sich dabei natürlich extra ausladend nach hinten und baten inständig um die nun wirklich dringend nötige Fesselung. Irgendetwas sackte in meinem Augenwinkel aus dem Bild, und ich glaube, es war der Kollege aus der Buchhaltung, der Marylins Hinterteil am nächsten gewesen war. Ich tippte auf akute Blutarmut im vorderen Stirnlappen, da das Blut sich urplötzlich an anderer Stelle gesammelt hatte.
Willi kürzte seine Rede ab, da ihm eh niemand zuhörte, gab dem Einspruch mit einem Wink statt und befahl den Hilfssheriffs, die beiden mit Handschellen zu fesseln.
»Au, das tut weh …«, schnurrte Marylin, während Jane unter laszivem Gestöhne so tat, als wäre sie jetzt unglaublich hilflos. In Wahrheit war sie alles andere als das. Hilflos waren nur wir, die wir versuchten, unseren Act durch die nächsten Minuten zu retten. Zugegebenermaßen waren wir es nicht gewohnt, dass man uns so sehr ignorierte und dann noch über uns lachte. Eigentlich waren immer die anderen die Deppen in dieser Nummer gewesen und nicht wir.
Kaum hatte ich mich in Positur geworfen, um meine Betrunkener-Anwalt-Nummer abzufahren, wurde ich auch schon unterbrochen. Jane hatte sich vor mich gekniet und erklärte, sie habe kein Geld für einen Anwalt, sei aber bereit, es abzuarbeiten. Dabei nestelte sie an meinem Gürtel. Alles lachte – und zwar mich aus.
Du und der Long John, ihr wolltet doch immer Komiker sein.
Ja, aber die Leute sollen lachen, wenn wir das wollen.
Hahaha!
Zum Beispiel nicht jetzt.
Zusätzlich blendeten mich die Blitze einer Armada von
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