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Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Titel: Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis , Heinz J. Bründl
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der Anwesenden im Saloon längst der festen Überzeugung, sie seien nicht nur allesamt echte Cowboys, sondern auch unbesiegbar. Davon waren etwa 60 Prozent der Meinung, dass Maßkrüge, Aschenbecher, Tische und Stühle bereitwillig zerbrechen, wenn man sie seinem Gegenüber über den Kopf zieht. Leider lagen 58 Prozent dieser Personen damit falsch. Nur bei zwei Prozent änderte ein Schlag mit oben genannten Gegenständen etwas an der Unversehrtheit des Gegenstands. Zu 100 Prozent aber änderte der Schlag etwas an der Unversehrtheit des Schlagenden. Denn der Einzige, der in all den Jahren wirklich unbesiegt blieb, war unser hochverehrter Chef Heinz Bründl.
    Ich hab halt durchs Boxen gewusst, wo man hinhaut.
    Keine falsche Bescheidenheit. Du hattest auch Nehmerqualitäten.
    Ja, theoretisch. Aber die hab ich nicht so gern ausgekostet.
    Ein paar Mal jedoch stellte sich die allgemeine Robustheit von Heinz Bründl als entscheidender Vorteil heraus. So zum Beispiel, als ein stark alkoholisierter Gehirn-Cowboy der Meinung war, seinem Unmut über den Platzverweis Ausdruck verleihen zu müssen, indem er unserem Chef einen der schweren Stühle über den Kopf zog. Der Stuhl blieb erstaunlich unbeeindruckt, aber noch überraschender war die Reaktion von Heinz Bründl. Der nämlich drehte sich seelenruhig zu seiner Tochter Bianca hinter der Bar um, deutete hinter sich und fragte: »Hat mir der grad wirklich einen Stuhl ’naufg’haut?«
    Bianca nickte stumm. Heinz nickte brummend zurück, wie es ziemlich sicher auch Bud Spencer getan hätte, und drehte sich dann mit einem tiefen Seufzer herum.
    Der Mann stand immer noch da, und in den Händen hielt er auch immer noch den Stuhl, unfähig, irgendetwas anderes zu tun, als unseren Chef im Zustand umfassender Fassungslosigkeit mit offenem Mund anzustarren.
    Heinz zuckte kurz – oder zumindest war das alles, was man sah –, und da lag der Mann auch schon auf den Brettern.

    Als die Polizei etwas später einrückte, hatte es den Anschein, als wolle der Typ sich auch noch beschweren, aber man verstand kein Wort, da er so fürchterlich nuschelte. Zusammen mit seiner Alkoholfahne deduzierten die Polizisten, dass er einfach nur sternhagelvoll war, und wie wir später erfuhren, wurde er dann erst einmal nach Poing in die Ausnüchterungszelle gebracht. Was man uns bei der Gelegenheit außerdem erzählte, änderte zwar nichts an seinem feigen und gewalttätigen Angriff, rückte aber zumindest sein Genuschel in ein anderes Licht. Denn auch nachdem er definitiv ausgenüchtert war, verstand man kaum ein Wort von dem, was er sagte. Dies war mit hoher Wahrscheinlichkeit aber nicht auf die Promille im Blut, sondern auf einen gebrochenen Unterkiefer zurückzuführen.
    Dummerweise war der Bruder dieses Mannes auch der Postbote im Ort, und so landeten die Briefe für No Name City eine lange, lange Zeit neben dem Briefkasten an der Kasse im Dreck.

    Ein anderes Mal stand ich direkt daneben, als unser Chef mal wieder jemanden höflich, aber bestimmt darauf aufmerksam machte, dass die Mainstreet nicht identisch war mit der öffentlichen Toilette. Der Mann quittierte das, indem er sich zum Heinz umdrehte, dabei nicht nur dessen Schuhe unter Urin setzte, sondern gleichzeitig auch zum Schlag ausholte. Eine Sekunde später lag er auch schon auf dem Boden, und der letzte Rest aus seiner Blase sprenkelte in die Höhe wie ein Springbrunnen, dem man gerade das Wasser abgedreht hatte. Abermals rückte die Polizei an und stellte sowohl erhöhte Promillewerte als auch einen angeknacksten Unterkiefer fest. Mein Chef aber wunderte sich, wie er mit diesem eher mittelmäßig harten Punch so eine zerstörerische Wirkung erzielt haben mochte.
    Des Rätsels Lösung lag direkt vor ihm – und zwar in Form eines unscheinbaren Stück flachen Metalls im Sand der Mainstreet. Dies war vor wenigen Minuten noch die Blechtasse gewesen, aus der Heinz Bründl gerade seinen Kaffee hatte trinken wollen, bevor er den Wildbiesler neben dem Saloon entdeckte. Bei der sich sogleich entspinnenden Argumentation hatte er die Blechtasse wohl total vergessen und sie dann im Gesicht des Mannes plattgedrückt.
    Die Tasse haben wir dann im Museum ausgestellt.
    Ich weiß. Ich hab vorher immer gedacht, so was gibt’s nur im Film.
    Ich auch. Aber im Gegensatz zu der Nummer mit dem Stuhl geht das mit Blechtassen wohl ganz leicht.
    Die arme Sau …
    Arm nicht, aber Sau stimmt. Wer auf meine Mainstreet bieselt, der zahlt.
    Mit nicht unter drei

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