Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vier Frauen und ein Mord

Vier Frauen und ein Mord

Titel: Vier Frauen und ein Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
vierunddreißig, taxierte er, und von Natur aus dunkelhaarig. Aber keine Frau, die sich von der Natur etwas diktieren ließ.
    »Wegen Mr Bentley«, sagte sie.
    »Was ist mit Mr Bentley?«
    »Wird er Berufung einlegen? Heißt das, dass es neues Beweismaterial gibt? Ach, ich bin so froh. Ich konnte – ich konnte einfach nicht glauben, dass er es getan hat.«
    Poirots Augenbrauen hoben sich.
    »Sie haben also nie geglaubt, dass er es getan hat?«
    »Nun, zuerst nicht. Ich meinte, es müsste ein Irrtum sein. Aber dann kamen die Beweise…« Sie verstummte.
    »Ja, die Beweise«, sagte Poirot.
    »Es schien einfach niemand anderen zu geben, der es hätte tun können. Ich dachte, er wäre vielleicht verrückt geworden.«
    »Schien er Ihnen jemals ein bisschen – wie soll ich sagen – komisch?«
    »O nein. Nicht auf diese Art komisch. Er war nur so schüchtern und ungeschickt. Er hat sich wirklich nicht zur Geltung bringen können. Er hatte kein Zutrauen zu sich.«
    Poirot sah sie an. Sie hatte bestimmt Selbstvertrauen. Wahrscheinlich hatte sie genug für zwei.
    »Mochten Sie ihn?«, fragte er.
    Sie errötete.
    »Ja, wirklich. Amy – das ist das andere Mädchen im Büro – lachte ihn gewöhnlich aus und nannte ihn einen Tropf, aber ich hatte ihn sehr gern. Er war sanft und höflich – und er wusste wirklich viel. So Dinge aus Büchern, meine ich.«
    »Ach ja, Dinge aus Büchern.«
    »Seine Mutter fehlte ihm. Sie war jahrelang krank gewesen, wissen Sie. Also, nicht wirklich krank, aber nicht kräftig, und er hat alles für sie getan.«
    Poirot nickte. Er kannte diese Sorte Mütter.
    »Und natürlich hat sie sich auch um ihn gekümmert. Ich meine, sich um seine Gesundheit gesorgt und im Winter auf seine Lungen aufgepasst und darauf geachtet, was er aß und so.«
    Wieder nickte er. Er fragte:
    »Waren Sie mit ihm befreundet?«
    »Ich weiß nicht – eigentlich nicht richtig. Manchmal unterhielten wir uns. Aber nachdem er hier weg war, hat er… Ich… ich habe ihn nicht oft gesehen. Ich habe ihm einmal ganz freundschaftlich geschrieben, aber er hat nicht geantwortet.«
    Poirot sagte sanft:
    »Aber Sie haben ihn gern?«
    Sie sagte fast herausfordernd:
    »Jawohl.«
    »Das ist ausgezeichnet«, sagte Poirot.
    Seine Gedanken gingen zu dem Tage zurück, als er mit dem verurteilten Gefangenen gesprochen hatte… Er sah James Bentley deutlich vor sich. Das mausfarbene Haar, den dünnen, unbeholfenen Körper, die Hände mit ihren dicken Knöcheln und Handgelenken, den Adamsapfel im mageren Hals. Er sah den unsicheren, verlegenen, aber auch irgendwie schlauen Blick. Nicht aufrichtig. Kein Mann, dem man vertrauen konnte – ein verschlossener, hinterhältiger Bursche mit einer unangenehm murmelnden Art zu sprechen… Das war der Eindruck, den James Bentley auf die meisten oberflächlichen Beobachter machen musste. Das war der Eindruck, den er auf der Anklagebank gemacht hatte. So ein Bursche, der lügen und Geld stehlen und eine alte Frau auf den Kopf schlagen würde…
    Aber auf Kommissar Spence, der Menschen kannte, hatte er nicht diesen Eindruck gemacht. Und auch nicht auf Hercule Poirot… Und jetzt war hier dieses Mädchen.
    »Wie heißen Sie, Mademoiselle?«, fragte er.
    »Maude Williams. Könnte ich irgendetwas tun – um zu helfen?«
    »Ich glaube schon. Es gibt einige Leute, Miss Williams, die glauben, dass James Bentley unschuldig ist. Sie arbeiten daran, das zu beweisen. Ich bin mit der Untersuchung beauftragt, und ich darf Ihnen sagen, dass ich schon beträchtliche Fortschritte gemacht habe. Jawohl, beträchtliche Fortschritte.«
    Er äußerte diese Lüge, ohne zu erröten. Ihm schien sie eine sehr notwendige Lüge. Jemand musste irgendwo beunruhigt werden. Maude Williams würde sprechen, und Gespräche waren wie ein Steinwurf in einen Teich, sie machten eine kleine Welle, die nach außen lief und immer größer wurde.
    Er sagte: »Sie haben mir erzählt, dass Sie und Bentley zuweilen geplaudert haben. Er hat Ihnen von seiner Mutter erzählt und von seinem Leben zuhause. Hat er jemals jemanden erwähnt, mit dem er oder vielleicht seine Mutter schlecht standen?«
    Maude Williams überlegte.
    »Nein, nicht was man schlecht nennt. Seine Mutter mochte junge Frauen nicht, glaube ich.«
    »Mütter ergebener Söhne haben junge Frauen nie gern. Nein, ich meinte mehr als das. Eine Art Familienfehde, eine Feindschaft. Jemanden, der etwas gegen sie hatte.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Von so etwas hat er nie gesprochen.«
    »Hat

Weitere Kostenlose Bücher