Vier Frauen und ein Mord
sich dagegen wehrt, heißt es bloß, dass das ›bühnenwirksam‹ sei. Robin Upward denkt an nichts anderes. Alle sagen, dass er sehr gescheit sei. Wenn er so gescheit ist, verstehe ich nicht, warum er nicht selbst ein Theaterstück schreibt und meinen armen, unseligen Finnen in Ruhe lässt. Er ist nicht einmal mehr Finne. Er ist ein Mitglied der norwegischen Widerstandsbewegung geworden.« Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Was habe ich mit meinem Hut gemacht?«
Poirot blickte ins Auto.
»Ich glaube, Madame, Sie haben darauf gesessen.«
»Es sieht so aus«, gab Mrs Oliver zu und sah sich das Wrack an. »Na ja«, fuhr sie vergnügt fort, »ich habe ihn ohnedies nie gemocht. Aber ich dachte, ich würde vielleicht Sonntag in die Kirche gehen müssen, und obwohl der Erzbischof gesagt hat, man muss es nicht, glaube ich, dass die mehr altmodischen Geistlichen erwarten, dass man einen Hut trägt. Aber erzählen Sie mir von Ihrem Mord oder was es sonst ist. Erinnern Sie sich noch an unseren Mord?«
»Sehr gut sogar.«
»War recht lustig, nicht wahr? Nicht der Mord selbst – den mochte ich gar nicht. Aber nachher. Wer ist es diesmal?«
»Keine so pittoreske Gestalt wie Mr Shaitana. Eine ältliche Putzfrau, die vor fünf Monaten ausgeraubt und ermordet wurde. Sie haben vielleicht darüber gelesen. Mrs McGinty. Ein junger Mann wurde schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt…«
»Und er hat es nicht getan, aber Sie wissen, wer es getan hat, und Sie werden es beweisen«, sagte Mrs Oliver schnell. »Ausgezeichnet.«
»Sie gehen zu rasant vor«, seufzte Poirot. »Ich weiß noch nicht, wer es getan hat – und wenn ich es weiß, wird es immer noch ein langer Weg sein bis zum Beweis.«
»Männer sind so langsam«, meinte Mrs Oliver herablassend. »Ich werde Ihnen bald sagen, wer es getan hat. Jemand von hier, vermute ich. Ich werde mich ein, zwei Tage umsehen und den Mörder entdecken. Weibliche Intuition – das brauchen Sie. Im Fall Shaitana hatte ich doch völlig Recht, nicht wahr?«
Poirot war zu galant, um Mrs Oliver daran zu erinnern, wie oft ihr Verdacht im Zuge jener Ermittlungen gewechselt hatte.
»Ihr Männer«, sagte Mrs Oliver nachsichtig. »Also, wenn eine Frau an der Spitze von Scotland Yard stünde…«
Sie ließ ihr Lieblingsthema fallen, als eine Stimme ihnen vom Garagentor aus einen Gruß zurief.
»Hallo!«, rief ein angenehmer, heller Tenor. »Sind Sie Mrs Oliver?«
»Bin ich«, rief Mrs Oliver zurück. Dann sagte sie leise zu Poirot: »Haben Sie keine Angst. Ich werde sehr diskret sein.«
»Nein, nein, Madame. Ich will gar nicht, dass Sie diskret sind. Ganz im Gegenteil.«
Robin Upward kam den Pfad herunter und durch die Gartentür. Er war barhäuptig und trug sehr alte graue Flanellhosen und ein unansehnliches Sportjackett. Bis auf eine Neigung zu einem Bäuchlein sah er ausgesprochen gut aus.
»Ariadne, meine Teuerste!«, rief er und umarmte sie herzlich. Er trat zurück, seine Hände auf ihren Schultern.
»Meine Liebe, ich habe die wunderbarste Idee für den zweiten Akt.«
»Wirklich?«, erwiderte Mrs Oliver ohne Begeisterung. »Das ist Monsieur Hercule Poirot.«
»Fein«, sagte Robin. »Haben Sie Gepäck?«
»Ja, liegt hinten im Wagen.«
Robin zog zwei Handkoffer heraus.
»Wirklich unangenehm«, sagte er. »Wir haben keine ordentliche Dienerschaft. Nur die alte Janet. Und die müssen wir immer mehr schonen. Das ist sehr lästig, finden Sie nicht auch?«
Er mühte sich den Pfad hinauf und rief zurück:
»Kommen Sie herein und trinken Sie etwas.«
»Er meint Sie«, erläuterte Mrs Oliver und nahm ihre Handtasche, ein Buch und ein Paar alte Schuhe vom Vordersitz. »Haben Sie wirklich gesagt, dass Sie wünschen, dass ich indiskret bin?«
»Je indiskreter, desto besser.«
»Ich würde ja nicht so an die Sache herangehen«, gab Mrs Oliver zu bedenken, »aber es ist Ihr Mord. Ich werde Ihnen helfen, soviel ich kann.«
Robin erschien wieder unter der Haustür.
»Kommen Sie herein, nur herein«, rief er. »Um den Wagen kümmern wir uns später. Madre stirbt schon vor Ungeduld, Sie zu sehen.«
Mrs Oliver eilte den Pfad hinauf, und Poirot folgte ihr.
Die Inneneinrichtung von Laburnums war reizend. Poirot vermutete, dass sehr viel Geld dafür ausgegeben worden war, und das Ergebnis konnte sich wirklich sehen lassen – kostbare Schlichtheit.
In einem Rollstuhl am Kamin des Wohnzimmers saß Laura Upward. Sie lächelte ihnen ein Willkommen zu. Sie war eine kräftig aussehende
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