Vier Frauen und ein Mord
Poirot widersprach auf eine Art, die niemanden überzeugte. »Ich sagte es Ihnen schon, nein, ich weiß es noch nicht.«
»Das haben Sie gesagt, aber ich glaube, in Wirklichkeit wissen Sie es… Sie sind ein grässlicher Geheimniskrämer, nicht wahr?«
Mrs Upward fragte scharf:
»Ist das wirklich wahr? Kein Spaß?«
»Es ist kein Spaß, Madame«, bestätigte Poirot.
Er verbeugte sich und ging.
Als er den Pfad hinunterschritt, hörte er Robin Upwards hellen Tenor:
»Aber, Ariadne, Darling, das ist alles schön und gut, aber mit dem Schnurrbart und sonst allem, wie kann man ihn ernst nehmen? Wollen Sie wirklich sagen, dass er gut ist?«
Poirot lächelte vor sich hin. Ob er gut war!
Als er die enge Straße überqueren wollte, sprang er gerade noch rechtzeitig zurück.
Der Lieferwagen der Summerhayes sauste schwankend und hopsend an ihm vorüber. Summerhayes fuhr ihn.
»Entschuldigung«, rief er. »Muss den Zug erreichen.« Und aus der Entfernung kam es noch schwach: »Covent Garden…«
Poirot hatte auch die Absicht, mit der Bahn zu fahren – mit der Lokalbahn nach Kilchester, wo er sich mit Kommissar Spence verabredet hatte.
Vor der Abfahrt hatte er noch Zeit für einen weiteren Besuch. Er ging den Hügel hinauf, dann durch ein Gartentor und über eine wohlgepflegte Auffahrt zu einem modernen Haus aus gerauhtem Beton mit einem flachen Dach und sehr großen Fenstern. Das war das Heim von Mr und Mrs Carpenter. Guy Carpenter war Teilhaber der großen Carpenter-Maschinenwerke – ein sehr reicher Mann, der sich kürzlich der Politik zugewandt hatte. Er war erst seit kurzem verheiratet.
Die Haustür der Carpenters wurde weder von einer ausländischen Hausgehilfin noch von einer getreuen Alten geöffnet. Ein unerschütterlicher Diener öffnete und zeigte sich sichtlich abgeneigt, Hercule Poirot hereinzulassen. Seiner Ansicht nach gehörte Hercule Poirot zu jenen Besuchern, die man draußen stehen ließ. Es war ihm anzusehen, dass er den Verdacht hegte, Hercule Poirot wolle etwas verkaufen.
»Mr und Mrs Carpenter sind nicht zuhause.«
»Dann kann ich vielleicht warten?«
»Ich weiß nicht, wann sie zurückkommen.«
Er schloss die Tür.
Poirot ging nicht die Auffahrt zurück. Stattdessen bog er um die Hausecke und stieß beinahe mit einer großen jungen Frau in einem Nerzmantel zusammen.
»Hallo«, sagte sie. »Was zum Teufel wollen Sie hier?«
Poirot zog galant den Hut.
»Ich hoffte, Mr oder Mrs Carpenter zu sehen«, sagte er. »Habe ich das Vergnügen, mit Mrs Carpenter zu sprechen?«
»Ich bin Mrs Carpenter.«
Sie sprach unfreundlich, aber ihr Benehmen verriet eine gewisse Zufriedenheit.
»Mein Name ist Hercule Poirot.«
Gar kein Eindruck. Sie kannte den großen, den einzigartigen Namen nicht.
»Ja?«
»Ich möchte entweder mit Mr oder Mrs Carpenter sprechen, aber Sie, Madame, sind besonders geeignet, die Fragen, die ich stellen muss, zu beantworten – sie betreffen nämlich häusliche Angelegenheiten.«
»Wir haben einen Staubsauger«, sagte Mrs Carpenter.
Poirot lachte.
»Nein, nein, Sie verstehen mich nicht. Ich habe Ihnen nur ein paar Fragen über eine häusliche Angelegenheit zu stellen.«
»Ach, Sie meinen einen dieser Haushaltsfragebogen. Ich finde, das ist wirklich völlig idiotisch…« Sie unterbrach sich. »Vielleicht kommen Sie lieber mit ins Haus?«
Poirot lächelte schwach.
Sie führte ihn durch die Halle in ein ziemlich großes Zimmer, das auf einen sorgfältig gepflegten Garten blickte. Das Zimmer sah sehr neu aus. Es war möbliert mit einer ausladenden Brokatgarnitur, bestehend aus einem Sofa und zwei Ohrensesseln, dazu drei oder vier imitierte Chippendalestühle, ein Schrank und ein Schreibtisch. Keine Kosten waren gescheut worden, man hatte die besten Firmen beschäftigt, und doch gab es kein einziges Zeichen von persönlichem Geschmack. Warum? fragte sich Poirot. Gleichgültigkeit? Vorsicht?
Er sah die Frau abschätzend an, als sie sich umdrehte. Eine kostspielig gekleidete, gut aussehende junge Frau. Platinblondes Haar, sorgfältig geschminkt, aber da war noch etwas – große kornblumenblaue Augen, Augen mit einem gefrorenen Blick, schöne, große Augen.
Sie war jetzt freundlich, und sie verbarg, dass sie sich langweilte.
»Bitte, setzen Sie sich doch.«
»Sie sind sehr liebenswürdig, Madame. Nun zu den Fragen, die ich Ihnen stellen will. Sie beziehen sich auf eine Mrs McGinty, die im vergangenen November starb, das heißt, ermordet wurde.«
»Mrs McGinty? Ich
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