Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
es garantiert ihm eine gewisse Stabilität. Wie es einem ergeht, wenn man allein ist, das sieht er ja an Fernando, der sich kurz nach der Hochzeit schon wieder scheiden ließ. Seither hat er keine ernsthafte Beziehung mehr zustande gebracht. Wenn ihm etwas – oder vielmehr jemand – als abschreckendes Beispiel dient, dann Fernando. Dessen Leben ist das Letzte, was Mauricio für sich will.
Am zehnten Tag lässt Mariel sich überreden, am selben Tisch zu Abend zu essen und sich hinterher zu unterhalten. Mauricio weiß, dass es jetzt um alles geht, dass er jetzt die bereits verloren geglaubte Partie noch drehen kann. Ein Elfmeter in der letzten Spielminute: Wenn er den nicht reinmacht, ist er selber schuld. Also nimmt er sich vor, ruhig zu sein, gelassen, um einen Ausweg aus der Krise auszuhandeln.
Mariel sagt, es gibt nur einen Weg, ihm zu verzeihen. Erstens: Er muss ihr versprechen, dass es nie wieder vorkommt. Er verspricht es, nie wieder. Zweitens: Er muss dieses Flittchen rauswerfen. Er sagt, Moment, so einfach ist das nicht. Mariel blinzelt verblüfft, weil sie nicht erwartet hat, dass Mauricio gegen diese zweite Klausel Einwand erhebt. Aber Mauricio bittet sie, in aller Ruhe nachzudenken, sich nicht von ihrer Wut mitreißen zu lassen, weil ihn dieses Flittchen, wie sie es nennt, wegen sexueller Nötigung anzeigen könnte. Kaum hat er es gesagt, ist es vorbei mit Mariels Ruhe, fängt sie wieder an, lautstark zu schimpfen, aber Mauricio kann sie stoppen, indem er sie noch einmal auffordert, gut nachzudenken, sich kurz Zeit zu nehmen, sich darüber klar zu werden, was alles auf dem Spiel steht. Finanziell geht es aufwärts, er steht kurz davor, zum Partner ernannt zu werden. Ein Skandal könnte alles ruinieren, ergo wäre es vernünftiger, mit einem der anderen Anwälte zu sprechen und ihm vorzuschlagen, die Sekretärinnen zu tauschen. Beinahe hätte er noch hinzugefügt, dass auf diese Lösung häufig zurückgegriffen wird, aber er kann es sich noch rechtzeitig verkneifen, zum Glück, sonst denkt Mariel noch, die Anwälte der Kanzlei seien alle Weiberhelden, die sich gegenseitig die Sekretärinnen zuschieben, nachdem sie mit ihnen gevögelt haben. Mariel macht ein skeptisches Gesicht, aber Mauricio weiß, dass er gewonnen hat, dass er erreicht hat, was er erreichen wollte, dass er die Dinge im Büro ohne viel Aufhebens regeln kann. Und drittens: Wir machen eine Paartherapie. Einen Moment lang vergisst Mauricio, dass er am kürzeren Hebel sitzt, und lehnt ab, nie im Leben, für so einen Quatsch gibt er keinen Peso aus. Aber Mariel muss nur ein bisschen heulen und schreien, damit Mauricio klar wird, dass er keinen Verhandlungsspielraum hat, dass es eine Zeit des Säens und eine Zeit des Erntens gibt und dass jetzt die Zeit des Säens gekommen ist. Also sagt er ja, obwohl ihn allein die Vorstellung entsetzt, einem fremden Mann von sich zu erzählen, oder, schlimmer noch, einer fremden Frau, und trotzdem sagt er ja, okay, von mir aus, wenn sie ihm nur verzeiht und alles wieder so wird wie früher.
Mariel räumt die Teller ab, um zu spülen. In einem Reflex bringt Mauricio ihr das restliche Geschirr. Mehr wird er nicht erreichen an diesem Abend, was sie ihm unmissverständlich klarmacht, als er sie von hinten umarmen will und sie die Ellenbogen ausfährt. Mauricio begreift, dass er zu optimistisch gewesen ist, dass ihm noch so mancher Tag im Exil des Gästezimmers bevorsteht, so manche stille Mahlzeit, und dass nicht auszuschließen ist – vorstellen will er es sich lieber nicht –, dass Mariel sich nicht erweichen lässt und er tatsächlich zur Paartherapie muss, dass sie es zur Conditio sine qua non erhebt. Vor lauter Grübeln kann er lange nicht einschlafen, wälzt sich von einer Seite auf die andere, und als er morgens aufsteht, ist sein Rücken ganz taub, und er verflucht den Tag, an dem er auf die blöde Idee gekommen ist, die Kurznachrichten von Soledad zu speichern, die so sexy gar nicht gewesen ist, na ja, doch, aber kein Rumvögeln ist den Stress wert, dem er jetzt ausgesetzt ist.
Senior
Mit der Voraussage, Computer seien groß im Kommen, lag Mono goldrichtig – trotz der Enttäuschung, dass er nie Fußballprofi werden würde. In diesen Jahren wurden Computer immer billiger, flexibler, schneller, und Mono entwickelte bereits vor seinem Abschluss Software für Kleinkunden. Viele Ingenieure und Studenten boten damals Software an, aber er hatte die geniale Idee, ein »Modul« zu entwerfen, das er leicht
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