Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
Philippinen das Gleiche bedeutete, nämlich dass es jetzt vertraulich wurde – und ihm angekündigt, dass die Firma mit einem größeren Unternehmen aus Mexiko fusionieren werde.
Mono schloss daraus – wie er an diesem Abend seinem Bruder und seinem besten Freund erzählte –, dass er gleich zum Abschuss freigegeben würde. Eine so lange Einführung konnte nur eines bedeuten: den berühmten Tritt in den Arsch. Aber in diesem Augenblick hob der dritte Schweizer, der bis dahin keinen Ton gesagt hatte, den Finger, deutete auf Mono und sagte, er – Mono, nicht der Schweizer – sei genau der richtige Mann, um die regionale Leitung des neuen Konglomerats zu übernehmen.
»Scheiße«, sagte Ruso, als er das hörte. »Warte, Ruso, ich bin noch nicht fertig«, bremste ihn Mono erneut. Als nämlich der Schweizer schwieg, wahrscheinlich in der Erwartung, dass der zum Regionalleiter aufgestiegene Ortsleiter in Freudenschreie ausbrechen würde, beschränkte sich der Kandidat darauf, sich am Kinn zu kratzen, bequem zurückzulehnen und zu fragen, welche Optionen sie ihm böten. Der Chef dachte, er hätte sich vielleicht nicht richtig ausgedrückt, und begann seinen langen Prolog über den flattererhaften Markt zu wiederholen. Aber Mono versicherte ihm, dass er das Angebot verstanden habe, dass er nur wissen wolle, welche Optionen sich ihm böten, wenn er ablehne. Die Schweizer wechselten verblüffte Blicke. In diesem Fall sähen sie sich wegen der unvermeidlichen Reduzierung – das Wort »Reduzierung« kam dem Chef kurioserweise problemlos über die Lippen – der Belegschaft gezwungen, auf seine Dienste zu verzichten. Gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung natürlich, kam der zweite Schweizer einer Forderung zuvor, an die Mono in diesem Augenblick gar nicht gedacht hatte. Im Gegenteil, der zögerliche Kandidat für den Posten des Regionalleiters ging im Kopf bereits unzählige Fragen gleichzeitig durch. Er bat um einen Tag Bedenkzeit, und die Schweizer, die eine wesentlich freudigere Reaktion auf ihr Angebot erwartet hatten, überwanden ihre Überraschung, schüttelten ihm die Hand und willigten ein.
20
Zwei Wochen nach der Waffenstillstandsvereinbarung gehen Mauricio und seine Frau zur ersten Paartherapiesitzung. In der Zwischenzeit hat sich nicht viel getan. Mauricio hat es geschafft, ins eheliche Schlafzimmer zurückkehren zu dürfen, aber das ist die einzige Schlacht, die er gewonnen hat. Sonst sind da nur lakonische Sätze, vereinzelte Tränen, Schweigen im Auto, fass mich bloß nicht an … und so weiter.
Nun hofft er darauf, dass seine versöhnliche Geste, sich auf den Besuch bei diesem Ehepsycho eingelassen zu haben, den Durchbruch bringen wird. Der Ehepsycho entpuppt sich als Frau mittleren Alters mit Brille, Locken und einer derart gelassenen Ausstrahlung, dass Mauricio, kaum hat er ihr zum ersten Mal die Hand gegeben, die Wände hochgehen könnte, was er sich natürlich nicht anmerken lässt.
Es macht ihn hochgradig nervös, dass die Psychologin alles notiert, zu allem, was gesagt wird, nickt, bei jedem Schweigen fragend schaut. Er hätte für sein Leben gern gewusst, was die blöde Kuh da aufschreibt, aber er reißt sich am Riemen.
Die gute Nachricht: Mariel ist verunsichert. Mauricio hatte schon Angst, sie könnte sich mit der Tussi verbünden und ihn mit Fragen und Forderungen in die Enge treiben. Aber Mariel fühlt sich offensichtlich nicht wohl. Selber schuld, denkt er. Jetzt musst du die Suppe eben auslöffeln. Du hast es ja so gewollt.
Endgültig lächerlich wird es, als die Psychologin Mariel auffordert, die Stärken ihrer Ehe aufzuzählen. Mauricio spottet innerlich über den Jargon dieser Leute. »Stärken.« Geht’s noch eine Nummer größer? Meinen diese Seelenklempner, man nimmt sie nicht ernst, wenn sie einfach sagen: ›Was magst du an dem Kerl, mit dem du verheiratet bist?‹ Haben die Angst, man könnte ihr Honorar in Frage stellen, wenn sie sprechen wie du und ich?
Aber gut, die Frage nach den Stärken der Ehe steht nun mal im Raum. Mariel beginnt sich über ihre These von den jeweiligen Handlungssphären auszulassen. So hat sie es schon des Öfteren genannt. Sie ist stolz darauf, dass sie sich als Paar so gut ergänzen: sich gegenseitig belohnen und stützen. Mauricio weiß, dass sie ihn in allen Alltagsdingen für eine Nulpe hält. Aber er weiß auch, dass sie ihn als Anwalt respektiert. Sie hat es bei ihrem Studium zum Public Accountant nicht über das erste Jahr hinaus
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