Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Titel: Vier Jungs auf einem Foto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Sacheri
Vom Netzwerk:
Fernando nach. »Die wollen dich zum Regionalleiter machen?«
    »Ja.«
    »Die wollen fusionieren, und du sollst Argentinien, Uruguay und Chile übernehmen?«
    »Genau.«
    »Da kriegst du bestimmt ein Mordsgehalt. Noch mehr als sowieso schon. Richtig?«
    »Stimmt. Ich hab zwar nicht gefragt, aber ich gehe davon aus.«
    Fernando hielt inne.
    »Und trotzdem hast du dir Bedenkzeit bis morgen ausgebeten«, fuhr er schließlich fort.
    »Genau.«
    Wieder schwiegen alle, bis Ruso ein Gedanke kam. »Du überlegst, ob du nicht lieber den Job behältst, den du jetzt hast?«
    »Nein. Das steht nicht mehr zur Debatte. Entweder ich werde Regionalleiter oder die schmeißen mich raus.«
    »Die schmeißen dich raus?«
    »Wie viel würdest du kriegen?«, fragte Fernando.
    »Richtig, Ruso, die geben mir einen Tritt in den Hintern. Mit entsprechender Entschädigung.«
    »Dann bist du ja arbeitslos.«
    »Gut kombiniert, Watson.«
    »Wie viel würdest du kriegen«, fragte Fernando noch einmal.
    »Was meinst du? Die Entschädigung oder das neue Gehalt?«
    Fernando gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass ihm schnurz war, worauf Mono seine Frage bezog.
    »Wie gesagt, nach dem Gehalt hab ich nicht gefragt. Fest steht nur, dass ich viel reisen müsste. Nach Chile und Uruguay, klar, aber vielleicht auch nach Paraguay. Und ich frag mich: Was ist dann mit Guadalupe? Ihre Mutter macht mir jetzt schon das Leben schwer. Schränkt die Besuchszeiten ein, wann immer sie kann. Wenn ich jetzt auch noch ständig unterwegs bin, wird es nur noch schlimmer. Jedenfalls geh ich davon aus.«
    Da war was dran. Genauer wollten sie es lieber nicht wissen, aber da war was dran.
    »Und die Entschädigung?«, fragte Fernando.
    »Jetzt nähern wir uns dem entscheidenden Punkt«, sagte Mono so bestimmt, dass Fernando der Verdacht kam, sein Bruder habe die Entscheidung längst getroffen, wolle nur noch ihren Segen haben. »Die Leiterin der Personalabteilung hat es mir grob ausgerechnet. Übrigens total nett, die Frau. Sieht außerdem super aus.«
    »Kenn ich sie?«, fragte Ruso plötzlich interessiert.
    »Ich glaub schon. Alicia heißt sie. Sie war auf der Jahresabschlussfeier, zu der ich dich mitgenommen hab. Eine Dunkelhaarige, groß …«
    »Also nicht die kleine Blonde?«, fragte Ruso, der seine Worte mit einer plastischen Geste begleitete.
    »Und was kam bei der Rechnung raus?«, versuchte Fernando den Faden wiederaufzunehmen.
    »Nein, die Blonde, auf die du so scharf warst, das war Gladys, vom Vertrieb. Wie gesagt, die, von der ich spreche, ist dunkelhaarig und groß.«
    »Was hatte sie an?«
    »Mono, ich hab dich was gefragt«, ging Fernando sanft dazwischen.
    »Was weiß ich, Mann. Üblich sind um die zwei Jahre … Ein grünes Kleid, glaube ich. Mit einem tiefen Ausschnitt.«
    »Nicht rot?«
    »Nein, Ruso. Die mit dem roten Kleid war Gladys, die Blonde …«
    »Krieg ich vielleicht mal eine Antwort!«
    Mit seinem Wutausbruch erreichte Fernando endlich, dass die anderen den Mund hielten. Andererseits starrten sie ihn an wie einen Außerirdischen. Kurz dachte Fernando daran, sich zu rechtfertigen: dass es hier schließlich um Monos berufliche Zukunft ging und ihm, Fernando, folglich die körperlichen Vorzüge irgendwelcher Arbeitskolleginnen scheißegal waren. Aber die vielen Jahre als Bruder des einen und Freund des anderen hatten ihn gelehrt, dass jeder Versuch sinnlos wäre: Für die beiden war die Entschädigung nicht wichtiger als die Klärung der Frage, wer Gladys war und wer Alicia. Deshalb beschränkte sich Fernando darauf, Mono in die Augen zu sehen, um eine Antwort zu erzwingen.
    »Also, diese Frau aus der Personalabteilung meinte, so Pi mal Daumen, dreihundert-, dreihundertzehntausend.«
    »Pesos?«, fragte Ruso und riss die Augen auf.
    »Nein, Dollar.«
    »Meine Fresse«, kam es Ruso aus tiefster Seele.
    23
    Pittilanga setzt sich zu Ruso in den Schatten und sieht ihn verwundert an. »Hätte nicht gedacht, Sie so schnell wiederzusehen.«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass ich öfter mal vorbeikommen würde.«
    »Öfter mal, ja, aber Sie waren ja erst Freitag hier.«
    »Stimmt auch wieder.«
    Ruso rutscht das Herz in die Hose. Ihm wird klar, dass er tausendzweihundert Kilometer zurückgelegt hat, ohne einen blassen Schimmer zu haben, wie er die Sache anpacken soll.
    »Also, am Freitag, da hab ich dich spielen sehen, und …«
    Der Junge sieht ihm in die Augen, sagt aber kein Wort.
    »Wie lief deine Woche so?«
    Stirnrunzeln, Verwunderung, ein Anflug

Weitere Kostenlose Bücher