Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
hier, um mit dir darüber zu streiten, ob ich mit diesem Typen gut verhandelt habe oder nicht. Er sitzt eben am längeren Hebel. Entweder es läuft so, wie er es will, oder es läuft gar nicht.«
»Tja, manche Dinge laufen dann halt nicht.«
Fernando sieht ihn wieder an, bevor er antwortet. »Vielleicht fällt dir ja noch eine Lösung ein, irgendeine Alternative.«
Mauricio schluckt und hält seinem Blick stand, antwortet aber nicht. Was kommt jetzt? Eine Forderung?
»Es ist ganz einfach. Prieto will Kohle sehen, im Voraus. Nicht erst, wenn der Verkauf zustande kommt.«
»Wie viel?«
»Zwanzigtausend Dollar.«
»Was?«
»Zwanzig Mille.«
»Wie viel?«
»Wie oft willst du mich das noch fragen? Zwanzig Mille bleiben zwanzig Mille, egal wie oft du mich fragst.«
Sie schweigen wieder. Fernando hebt den Kopf, blickt über Mauricios Schulter hinweg und grüßt, ohne zu lächeln. Mauricio dreht sich um. Mariel und Artuondos Freundin sind eingetroffen. Mauricio sieht seine Frau an und hofft, dass sie ihn auch ohne Worte versteht. Sie erwidert seinen Blick und geht direkt zum Richter. Braves Mädchen. Artuondo lächelt den beiden Frauen zu und setzt sich aufrecht hin. Mauricio hört zwar nicht, was gesprochen wird, aber offenbar erzählt der Richter von seiner unverhofften Begegnung mit Fernando, denn alle drei wenden den Kopf in seine Richtung. Mauricio winkt und gibt zu verstehen, dass er gleich dazustoßen wird.
»Wie willst du so viel Geld auftreiben?«
Fernando verzieht das Gesicht. Wenn er weiter den geheimnisvollen Wichtigtuer spielt, beschließt Mauricio, wird er ihn zum Teufel jagen.
»Deine Konjugationsform bereitet mir Sorgen, Mauricio.« Jetzt macht er auch noch einen auf ironisch. »Es geht nicht darum, wie › ich ‹ das Geld auftreibe, sondern wie › wir ‹ das Geld auftreiben.«
»Du glaubst doch wohl nicht, dass ich zwanzigtausend Dollar auf den Tisch legen kann? Einfach so?«
»Ich etwa? Oder Ruso?«
»Hör zu, Fernando. Jetzt ist nicht der richtige Augenblick. Der Typ da wartet auf mich, und ich hab meinen Kopf ganz woanders. Ich ruf dich morgen an, okay?«
»Nein. Wir brauchen jetzt eine Lösung.«
»Unmöglich.«
»Wieso?«
»Hast du sie noch alle? Kommst hier reinspaziert und sagst mir, der Typ will nächste Woche zwanzigtausend Dollar sehen.«
»Nicht nächste Woche. Morgen.«
»Du hast ihm doch wohl nicht zugesagt?«
»Wenn du eine bessere Idee hast: Ich bin ganz Ohr. Und Prietos Handynummer hab ich auch. Du kannst ihn also gerne anrufen und was anderes vorschlagen.«
»Was anderes vorschlagen? Warst du wirklich so bescheuert, ihm zuzusagen?«
»Ja, war ich. Aber weil du ja so ein schlaues Kerlchen bist, hast du bestimmt eine bessere Lösung in petto, wie wir Pittilanga verkaufen können und uns nebenbei zwanzig Mille sparen.«
Mariel sieht ostentativ zu ihm herüber. Mauricio hebt den Daumen, um ihr anzuzeigen, dass alles okay ist. Die dämlichste Geste der Welt.
»Wie gesagt, das will gut überlegt sein.«
»Es gibt nichts zu überlegen. Meine Frage ist ganz einfach: Hast du zwanzigtausend Dollar, damit wir mit diesem Arschloch ins Geschäft kommen? Die kriegst du natürlich wieder, sobald wir den Jungen verkauft haben.«
»Das ist nicht dein Ernst.«
»Das ist mein voller Ernst. Ja oder nein?«
»Das kannst du nicht ernst meinen. Woher soll ich denn zwanzigtausend Dollar nehmen?«
»Was weiß ich. Vielleicht hast du ja irgendwo Geld investiert.«
»Nein, hab ich nicht.«
»Auch keine zehntausend? Oder fünftausend?«
»Nein, verdammt noch mal!«
Fernando sieht ihn ungerührt an. Taxiert ihn. »Verstehe.«
»Was verstehst du?«
»Dass du nicht so viel Geld hast. Ist ja nicht deine Schuld.«
»Meine Schuld? Worauf willst du hinaus?«
»Auf das Ende der Geschichte. Danach lasse ich dich in Ruhe.«
»Welches Ende?«
»Nach dem Treffen mit Prieto hab ich gedacht: Das war’s. Ich hab keine zwanzigtausend. Ruso noch viel weniger. Und du hast sie auch nicht, wie du mir gerade bestätigt hast.«
»Jetzt komm schon zur Sache.«
»Tu ich ja gerade, Mauricio. Ich musste also eine Lösung finden. Tatsächlich ist es doch so, dass du die zwanzigtausend sehr wohl hast. Oder hattest.«
In diesem Augenblick – vielleicht, weil Fernando einen so ernsten Ton angeschlagen hat oder weil das Klima zwischen ihnen immer frostiger geworden ist oder weil die Dinge in seinem Kopf sich manchmal ordnen, bevor er sie benennen kann – nimmt Mauricio die Schlüssel wahr, mit
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