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Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)

Titel: Vier Jungs auf einem Foto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Sacheri
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vorstellen: Fernando Raguzzi«, sagt er und wendet sich um: »Fernando, das ist Dr. Anibal Artuondo, Richter am Finanzgericht.«
    Fernando gibt dem Richter die Hand, zieht aber leicht die Braue hoch und sieht Mauricio in die Augen, nur kurz, nur den Bruchteil einer Sekunde, als gäbe er ihm bei einem Kartenspiel ein geheimes Zeichen. Das hat ihm gerade noch gefehlt, denkt Mauricio, dass Fernando den Moralapostel spielt. Womöglich fragt er gleich, wie er dazu kommt, mit einem Richter Tennis zu spielen. Immer auf dem hohen Ross. Immer auf dem Gipfel moralischer Überlegenheit. Mauricio macht das ganz krank. Außerdem werden Mariel und die junge Maus gleich kommen. Dieses Quintett muss er unbedingt verhindern.
    »Alles okay mit dem Wagen, mein Lieber?«, fragt er einen Tick schriller, als ihm lieb ist. Ganz ruhig, ermahnt er sich selbst.
    »Ja, bestens«, antwortet Fernando, der wirkt, als würde er auf etwas lauern.
    Worauf?
    »Er bringt mir meinen Audi zurück, den ich ihm geliehen habe«, erklärt Mauricio dem Richter.
    »Sie haben einen Audi, Guzmán? Wann leihen sie mir den mal?«
    »Ha, ha! Soweit ich gesehen habe, sind Sie auch nicht gerade auf zwei Beinen unterwegs, Doktor!« Mauricio überlegt, wie viel der protzige SUB von Artuondo wohl gekostet hat. So viel wie der Audi wahrscheinlich. Oder ein bisschen weniger vielleicht. Kein guter Zeitpunkt für Hahnenkämpfe.
    »Ich muss kurz mit dir reden«, sagt Fernando.
    »Würde es dir was ausmachen, den Peugeot von Mariel zu nehmen? Aníbal und ich haben zwar noch nichts ausgemacht, aber es kann gut sein, dass wir zusammen essen gehen, und –«
    »Danke, gern. Aber vorher muss ich noch was mit dir besprechen. Dauert nicht lang.«
    »Ich setze mich schon mal an den Tisch dort und warte auf dich«, entschuldigt sich der Richter. »Muss dringend meine Flüssigkeitsspeicher auffüllen.«
    »Na klar, Aníbal.« Mauricio hat bemerkt, dass der Richter ihn geduzt hat. Großartig, aber zum falschen Zeitpunkt. Warum muss Fernando ausgerechnet jetzt aufkreuzen? Er muss ihn so schnell wie möglich loswerden. Er soll kurz sagen, was er will, und dann verschwinden. In scherzhaftem Ton wendet er sich an den Richter: »Der Barmann ist ein netter Kerl. Sag ihm, du brauchst was für deinen Flüssigkeitshaushalt, dann mixt er dir was.«
    Der Richter geht an den Tresen. Mauricio wendet sich an Fernando und murmelt mehr, als dass er spricht: »Fer, das kommt mir gerade ein bisschen ungelegen. Wärst du mir sehr böse, wenn wir’s auf morgen verschieben? Dann ist Sonntag, und wir haben alle Zeit der Welt.«
    »Muss heute sein, Mauricio, tut mir leid. Setzen wir uns lieber. Ich mach’s kurz, versprochen.«
    »Aber –«
    »Es ist zu deinem Besten.«
    Bei Mauricio schrillen alle Alarmglocken. Er sieht Fernando prüfend an, vielleicht ist sein feierlicher Ton ja als Witz gemeint, aber er kann keine Anzeichen dafür erkennen. » Zu seinem Besten « ? Wie soll er das verstehen? Sie setzen sich. Mauricio sieht Fernando an, als wäre er ein böses Omen. Raus mit der Sprache.
    »Was ist passiert? Ist es schiefgegangen?«, fragt er. Fernando soll endlich mit der Sprache rausrücken und dann Leine ziehen.
    »Schiefgegangen würde ich nicht sagen. Lief zwar nicht optimal, aber auch nicht katastrophal.«
    »Geht’s vielleicht ein bisschen deutlicher? Hat er sich aufgeregt, weil du ihn bestechen wolltest? Vielleicht warst du zu direkt, zu –«
    »Überhaupt nicht. Er war begeistert. Das war nicht das Problem.«
    »Was dann? Hat er übertriebene Forderungen gestellt? Darüber kann man ja reden …«
    »Mauricio, der Typ wollte keine Beteiligung. Er wollte klingende Münze.«
    »Klingende Münze?«
    »Ja, Mauricio. Bargeld. Cash. Sofort.«
    »Aber das geht nicht. Und ist auch nicht üblich.«
    »Nicht üblich? Woher weißt du, was üblich ist?«
    Das Gespräch hat sich in einen geflüsterten Streit verwandelt. Mauricio wirft einen Blick in Richtung Artuondo, der friedlich mit den Eiswürfeln seines Whiskys klimpert. Dann wendet er sich wieder Fernando zu. Sie mustern sich über den Tisch hinweg. Die Kellnerin, die für ihren Bereich zuständig ist, kommt zu ihnen und hält ihnen die Karte hin.
    »Nein danke. Ich sitze da drüben«, sagt Mauricio und zeigt zum Richter. Wie lange quatschen sie schon? Und wann kommt endlich Mariel und kümmert sich ein bisschen um Artuondo?
    »Ich hätte gern einen Kaffee«, sagt Fernando und wendet sich dann wieder Mauricio zu. »Hör zu, Mauricio. Ich bin nicht

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