Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
sie die Einladung an. Mauricio entschuldigt sich und eilt seiner Frau nach, die strammen Schrittes in Richtung Umkleide marschiert. Kurz vor der Tür holt er sie ein.
»He, mach nicht so ein Gesicht«, sagt er und packt sie am Arm.
»Lass mich los. Ich dachte, du wärst bei deinen neuen Freunden.«
»Wir wollen gleich noch was trinken, also sei nicht so, die Sache ist fast geritzt.«
»Wie bin ich denn?«
Bin ich mit einem Mann verheiratet, oder was?, fragt sich Mauricio. Er übt sich in Geduld.
»Mariel, es geht hier ums Geschäft, nicht um Spaß. Wenn du unbedingt gewinnen willst, melden wir uns bei einem Turnier an und fegen unsere Gegner einen nach dem anderen vom Platz. Aber nicht heute.«
»Ich versteh trotzdem nicht, warum wir sie gewinnen lassen mussten.«
»Ach, Mariel. Niemand verliert gern. Und noch viel weniger, wenn er eine junge Freundin hat. Ich muss den Mann bei Laune halten. Seine Gnaden.«
»Seine Freundin war doch bester Laune. Und du hast ihr die ganze Zeit auf die Brüste gestarrt.«
»Fang nicht wieder damit an, ich bitte dich.«
»Nein, klar, wär ja auch peinlich, wenn die Frau des Anwalts vor der Umkleide eine Szene macht.«
»Übertreibst du nicht ein bisschen? Denk doch mal nach, worüber wir hier streiten.«
Mariel atmet tief durch. Es hat den Anschein, als wollte sie die Sache beenden, aber noch hat sie einen Pfeil im Köcher.
»Bist du denn sicher, dass du weißt, worüber wir hier streiten?«
»Ja. Du bist ehrgeiziger als ich, was einiges heißen will. Und du erträgst es nicht, dass ich die anderen habe gewinnen lassen.«
Aus den Augenwinkeln sieht er, dass die Sieger sich nähern. Mariel, die es ebenfalls bemerkt hat, setzt ein strahlendes Lächeln auf, reckt den Hals und haucht ihm einen Kuss auf die Lippen. Dann verschwindet sie in der Umkleidekabine. Mauricio fragt sich, warum sie nicht immer so sein kann, so klar, so klug. Er tut so, als hätte er den Richter und seine Freundin nicht gesehen, und betritt seinerseits die Herrenumkleide. Er lässt sich auf dem Weg zur Dusche einholen, denn jetzt beginnt die eigentliche Partie, die Partie, die er unbedingt gewinnen will. Natürlich kommt er nicht direkt zum Punkt, sondern wählt einen Umweg, der beiden erlaubt, so zu tun, als gäbe es keine Hintergedanken. Um das Terrain vorzubereiten, machen sie ein bisschen Smalltalk. Plaudern über Arbeitsstress, Anhörungen, den neuesten Stand im Fall Naviera Las Tunos. Geschafft: Der Name ist gefallen, der Rest wird sich ergeben. Das Gespräch plätschert so dahin. Wird immer wieder unterbrochen, weil Mauricio dem Richter einige Clubmitglieder vorstellt, die für ihn interessant sein könnten. Wenn sie den Faden erneut aufnehmen, dann wieder über einen Umweg, ganz langsam, damit niemand beleidigt sein muss oder erschrickt. Als sie sich die Haare kämmen und die Reißverschlüsse der Taschen zuziehen, steht die Vereinbarung im Wesentlichen. Fristen, Zahlen, Prozente, besondere Aufmerksamkeiten für den Herrn Richter und die Buchhaltungsexperten.
Sie verlassen die Umkleide und gehen in Richtung Clubcafé. Die Frauen werden bestimmt noch eine Weile brauchen. Mauricio nutzt die Gelegenheit, um die junge Tennispartnerin zu loben, die sein Gegner sich da zugelegt hat. Er formuliert es absichtlich so, damit der alte Lüstling sie seinerseits loben kann. Und damit sich selbst.
Als er die Schwingtür durchquert, erblickt er an einem Tisch in der Nähe des Eingangs Fernando. Natürlich, das hat er völlig vergessen. Sie hatten ja ausgemacht, dass er den Audi im Club vorbeibringt und er ihn dann nach Hause fährt. Was ihm jetzt gar nicht mehr passt. Seine Gäste Mariel zu überlassen, bis er wiederkommt, wäre grob unhöflich, auch wenn der Deal vereinbart ist. Außerdem wohnt Fernando nicht gerade um die Ecke. Eine Stunde würde es bestimmt dauern, bis er wieder da ist. Unmöglich. Fernando muss warten. Wahrscheinlich hat er eh nichts Besseres zu tun. Genau. Er wird ihn bitten zu warten, bis er sich loseisen kann, ein Stündchen oder so.
Nein. So einfach ist es nicht. Womöglich will Artuondo mit ihnen essen gehen, und das könnte er unmöglich ausschlagen. Am besten nimmt Fernando Mariels Peugeot. Genial. Nebenbei lässt ihn das auch noch wie einen treuen Freund dastehen. Er tippt dem Richter auf die Schulter, damit er stehenbleibt. Fernando wirkt in seinem Anzug völlig deplatziert. Als käme er von einer Beerdigung. Oder einer Hochzeit.
»Doktor, darf ich Ihnen einen Freund
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